Wir müssen reden. Über Alkohol. Muss sein. Tom und Bill Kaulitz machen das in der neuesten Folge ihres Podcasts "Kaulitz Hills" auch. Aus Gründen. Aber sie reden nicht nur über Alkohol, sie gehen auch mutig voran. Mit einer Flasche Bier in der Hand. Ein Vorbild? Absolut. Man muss es nur wollen.
Haben Sie heute schon etwas getrunken? Also nicht Wasser, ungesüßten Tee oder verdünnten Fruchtsaft, wie es Ernährungsberater, Diabetologen oder Sportler empfehlen. Nein, Alkohol natürlich! Sind Sie vielleicht sogar gerade betrunken oder wenigstens ein bisschen angetütert? Nein? Dann muss ich Ihnen leider sagen: Sie arbeiten hier gegen den Trend!
Zugegeben, es ist noch kein Trend, aber es wird einer werden, versprochen. Wir müssen uns nur alle zusammenreißen und uns zwingen, regelmäßig Alkohol zu trinken. Überall. Auch wenn wir das vielleicht gar nicht wollen. Aber irgendwann werden wir uns daran gewöhnen. Das ist der Trainingseffekt, der dann greift.
Mit Shirin David durch Kreuzberg
Aber die morgendliche Bettflucht hat einen Grund. Die beiden haben nämlich
Aber ganz ohne Alkohol habe man auch nicht arbeiten wollen und sei deshalb auf eine Cocktail-Ersatzflüssigkeit ausgewichen: "Was Leichtes, ein kleines Bierchen." Ja, ein Bier – der Cocktail des kleinen Mannes. Nun mag man gelangweilt die Augenbrauen heben und sich denken: "Ein Bier um neun Uhr morgens?" Oaar, L.A. ist so Bayern geworden!" Aber der Unterschied steckt im Detail, denn Tom sagt über sein leichtes Bier: "Mag es mit einem leckeren Zitronenscheibchen dazu." Dafür würde man in Bayern sofort nach Berlin abgeschoben werden.
Apropos Berlin. Shirin David beklagt sich wenig später, man könne in Berlin nicht die Freiheit ausleben, sich durch seinen Lebensstil ausdrücken zu dürfen, sondern würde nur Negativkommentare hören, etwa wenn man mit seiner pinkfarbenen G-Klasse durch Kreuzberg fährt. Da stimme ich Frau David grundsätzlich zu. Hier herrschen viel Negativität und Missgunst. Ich würde mir sogar selbst einen dummen Spruch hinterherrufen, führe ich mit meiner pinken G-Klasse durch Kreuzberg. Deshalb mache ich das auch nicht mehr. Ist mir vom Start weg zu viel Negativität.
Was soll's? Rein damit!
Ich bin aber der Meinung, echte Künstler sollten das machen dürfen. Echte Künstler sollten mit einem grünen Kamel durch Kassel reiten dürfen, ohne anzuecken. Vor allem sollten sie ihrer Arbeit ohne Bedenken auch alkoholisiert nachgehen, so wie die Kaulitz-Twins. Gerade im Bereich Pop/Rock hat sich das ja auch schon seit Jahren durchgesetzt und bewährt. Das Ungerechte dabei ist nur: Es kann sich nicht jeder leisten, in seinen Arbeitstag mit einem ehrlichen Bier zu starten. Von Cocktails will ich gar nicht reden. Irgendwie herrschen da in der Gesellschaft noch Berührungsängste. Hier wird im wahrsten Sinne des Wortes mit zweierlei Maß gemessen.
Deshalb fordere ich nichts weniger als eine betriebliche Alkohol-Revolution! Was für die Kaulitz-Brüder gut ist, kann für Angestellte nicht schlecht sein. Und so geht Bill zu Recht davon aus, dass die Leute da mitziehen würden. Er glaubt: "Viele von unseren Zuhörern sitzen morgens im Auto und denken: Ja, was soll's? Dann trink' ich morgens schon mal einen kleinen Schnapper." Eben, was soll's? Rein damit!
Vergessen wir endlich diese überkommenen gesellschaftlichen Normen, nur zu bestimmten Anlässen zu trinken. Lassen Sie uns ab jetzt nur zu bestimmten Anlässen nüchtern sein! Lösen wir uns von der Exklusivität des Alkohol-Genusses und lassen uns auch nicht von dem ganzen Tamtam selbsternannter Weinkenner irritieren! Die würden bei einer Blindverkostung nicht einmal erkennen, ob sie gerade eine 8.000-Euro-Flasche Château Lafite trinken oder ein Päckchen Tütensuppe.
Hoch die Tassen und auf die Flaschen!
Nein, Alkohol muss für alle da sein, immer und überall! So wie bei Bill Kaulitz. Der Sänger verrät über die Arbeit in der Jury von "The Voice of Germany": "Es ist in unseren Gläsern nicht immer nur Wasser drin." Also, hoch die Tassen und auf die Flaschen! Jeder Mensch, egal, ob Studentin, Frisör, Tennisprofi, Postbote oder Hundetrainerin, muss seinen Job auch betrunken ausüben dürfen! Dieses Recht darf nicht Sängern, Musikern, Schriftstellern oder Lokalpolitikern vorbehalten sein!
Ich möchte, dass die Sachbearbeiter bei der Prüfung meiner Steuererklärung genauso betrunken sind wie ich bei der Erstellung! Ich möchte morgens in der Bäckerei nicht den Duft frischer Brötchen und heißen Kaffees riechen, sondern die Fahne des Bäckers! Ich möchte bei einer Fahrzeugkontrolle dem Polizisten nicht meine Fahrzeugpapiere reichen, sondern ein Röhrchen, in das der Beamte hineinpusten soll. Noch mehr: Ich möchte, dass der Alkoholtest am Straßenrand ein ehrlicher Wettkampf zwischen mir und dem Polizisten wird!
Ich möchte mich erst dann sicher fühlen, wenn ich weiß, dass der Mechaniker die Bremsen meines Fahrzeugs nur im Vollsuff repariert hat. Ich möchte Beschwerde bei der Kassenärztlichen Vereinigung einlegen dürfen, wenn ich mitbekomme, dass der Chirurg vor dem Eingriff an meinem Blinddarm lediglich einen leichten Schwips hatte. Unter drei Promille lasse ich niemanden an meine Eingeweide!
Ich denke, Arbeiten unter Alkoholeinfluss sollte die Regel, nicht die Ausnahme werden. Oder wie es Bill Kaulitz in dieser Folge formuliert: "Ein Bierchen am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen." Allerdings sagt Bill Kaulitz dort auch: "Mathematik ist oft gar nicht logisch." Das ist ein Vorwurf, den die Mathematik eher selten hört. Lassen Sie uns die Sache mit dem Alkohol am Arbeitsplatz vielleicht doch nochmal überdenken.
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