Mit einer dreieinhalbstündigen Live-Show kehrte das Dschungelcamp am Freitagabend nach Australien zurück. Auch wenn es zum Auftakt traditionell noch etwas zivilisierter zugeht, zeigten die Teilnehmer doch schon ihr Trash-TV-Potenzial. Während etwa Jürgen Hingsen sein Bett zerlegt, versucht Edith Stehfest mit Jörg Dahlmann das Gleiche.

Christian Vock
Eine Kritik
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Im August des vergangenen Jahres hatte RTL zum 20. Jubiläum eine Truppe Dschungel-Veteranen in die südafrikanische Vegetation geschickt. Nach dem "Showdown der Dschungel-Legenden" startete RTL am Freitagabend nun eine neue reguläre Staffel.

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Das sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer

Die Schlangen haben natürlich längst von den Lianen gepfiffen, wer in der diesjährigen Staffel "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!" dabei ist, aber hier zur Sicherheit noch einmal die vollständige Gästeliste: Maurice Dziwak (Reality-TV-Darsteller), Lilly Becker (Boulevard-Presse-Bewohnerin), Nina Bott (Schauspielerin und Moderatorin), Alessia Herren (Reality-Sternchen), Edith Stehfest (Musikerin und Reality-Teilnehmerin), Yeliz Koç (Reality-Dauergast), Anna-Carina Woitschack (Schlagersängerin), Sam Dylan (Reality-Teilnehmer), Timur Ülker (GZSZ-Darsteller), Pierre Sanoussi-Bliss (Schauspieler), Jörg Dahlmann (Fußballkommentator) und Jürgen Hingsen (ehem. Zehnkämpfer).

Es ist auf den ersten Blick vielleicht nicht die exklusivste Dschungel-Truppe aller Zeiten, aber es steckt Potenzial in ihr. Denn es ist anzunehmen, dass Lilly Becker die eine oder andere Ankedote über ihren Ex-Mann Boris platzieren möchte, Alessia Herren hat unlängst im "Sommerhaus" bewiesen, dass sie so ein TV-Camp lebhaft gestalten kann und Sam Dylan weiß ohnehin, wie man subversiv die Gemüter anzündet.

Auch wenn die Verwechslungsgefahr gering ist: Jürgen Hingsen ist mit fast 67 Jahren diesmal Alterspräsident, wohingegen sich Anna-Carina Woitschack bereits im Herbst für das traditionelle "Playboy"-Shooting eines Dschungelcampers zur Verfügung gestellt hatte.

Das ist die Show

Auch in der inzwischen 18. regulären Staffel setzt RTL bei "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!" auf das altbewährte Prinzip. Zwölf leidlich bis gut bekannte Prominente werden für knapp zwei Wochen in eine Dschungel-Kulisse gesperrt, während RTL sie dabei filmt, wie sie kalkuliert halsbrecherische Aufgaben lösen und tote Tierteile essen müssen.

Warum machen die das? Geldnot, Reichweite, Geltungsdrang, Langeweile – wir wissen es nicht. Beziehungsweise: Bei Lilly Becker wissen wir es doch. "Damit Hans und Franz aus Duisburg wissen, wie ich bin", erklärt Becker den Grund ihrer Teilnahme, allerdings wäre es nett gewesen, hätte sie Hans und Franz vorher gefragt, ob sie das überhaupt wissen wollen.

Warum gucken wir uns das immer noch an? Langeweile, mangelnde Alternativen, Resignation, Spaß am Leiden anderer, Spaß am eigenen Leiden – suchen Sie sich etwas aus! Einschlafprobleme sind es wahrscheinlich nicht, denn RTL hat die Show in diesem Jahr auf 20:15 Uhr vorverlegt. Anders als bei der Jubiläumsshow ist man zudem in diesem Jahr nicht in Südafrika, sondern wieder in Australien. Der Zuschauer merkt davon eigentlich nichts, lediglich Zoologen dürfte der Unterschied interessieren, welche Insekten da von den Promis gepeinigt werden.

Das das Moderations-Team

Dass inzwischen Jan Köppen das Dschungelcamp an der Seite von Sonja Zietlow moderiert, muss man eigentlich nicht mehr erklären. Seit Köppen im Januar 2023 das IBES-Mikrofon von Daniel Hartwich übernommen hat, hat er sich in seinem neuen Job zurechtgefunden. Köppen und Zietlow sind aufeinander eingestimmt und gut eingestimmt sind bei "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!" auch die Gag-Schreiber der Moderationen.

In der Auftaktfolge geht es am Freitagabend zwar noch vergleichsweise zahm zu, zwei Gags dürften allerdings in Erinnerung bleiben. Da nehmen Köppen und Zietlow erst Stefan Raabs neue Dauerpräsenz bei RTL auf die Schippe und präsentieren am Ende noch den wohl schlechtesten Raab-Doppelgänger der Welt.

Ein anderes Mal sind Lilly Becker und Anna-Carina Woitschack dran beziehungsweise deren Ex-Männer, der Tennisprofi Boris Becker und der Volksmusik-Trompeter Stefan Mross. Mit Lilly und Woitschack habe man "die Ex vom Becker und die Ex vom Play-Backer", dabei, stichelt Zietlow in Anspielung auf die alten Vorwürfe, Mross habe die Trompete zu Tönen vom Band geblasen.

Das war die Auftaktfolge

Dreieinhalb Stunden Dschungelcamp, das sind locker eineinhalb Stunden zu viel, um durchgängig unterhaltsam zu sein. Da ist es egal, wie aufwändig die Kulissen sind, wie sarkastisch die Gags und wie waghalsig die Spiele, vor allem die langatmigen Vorstellungen der Kandidaten ziehen das Ganze ein bisschen in die Länge. Damit ist aber nun Schluss, fortan geht es um 20:15 Uhr kürzer zu.

Dem wollen wir in nichts nachstehen und fassen die Auftaktfolge ganz kurz in ein paar Zitaten zusammen:

  • "Du hast zwei Minuten!", bellt die Rangerin Sam Dylan frühmorgens an, als er seine Sachen zum Aufbruch in den Dschungel packen soll. Doch Dylan überschaut die Situation noch nicht und fragt verschlafen: "Zum Frühstück?"
  • "Die Arme! Stell dir mal vor, du bleibst kleben!" Maurice Dziwak, als Anna-Carina Woitschack mit dem Bungee-Seil um die Beine von einem sehr hohen Turm springen soll. Von einem sehr niedrigen Turm ergibt ein Bungee-Sprung zwar keinen Sinn, Woitschack verweigert trotzdem.
  • "Ich krieg ausgerechnet den Penis!" Yeliz Koc über ihr Menü bei der Essensprüfung.
  • "Ich schwör's dir, in meinem Popo war ein Käfer drin!" Anna-Carina Woitschack über eine nächtliche Entdeckung.
  • "Was machen wir jetzt?" Jürgen Hingsen, als dem 2-Meter-und-120-Kilo-Mann das Bett zusammenkracht.
  • "Vorher brechen ist okay." Sonja Zietlow, als sich Nina Bott übergibt, während Sam Dylan versucht, eine Bullen-Lippe herunter zu würgen.

Das ist das Fazit

"Ich hab einen ganz großen Mund", verrät Liliy Becker nach wenigen Sekunden ihres Vorstellungsfilmchens. Damit meint sie aber keine anatomische Besonderheit, sondern die Tatsache, dass sie offenbar viel und gerne redet. Für eine Show wie "Ich bin ein Star – holt mich hier raus!" ist das keine schlechte Voraussetzung und damit ist Beckers Aussage auch als Versprechen zu sehen, dass man von ihr die eine oder andere private Geschichte zu hören bekommt.

Aber auch sonst ist die Auftaktfolge ein Versprechen auf mehr, denn die Kandidatinnen und Kandidaten lassen doch das eine oder andere Mal durchblicken, dass in puncto Trouble in den nächsten zwei Wochen mit ihnen zu rechnen ist. Sam Dylan etwa weiß, wie man mit einer scheinbar harmlosen Frage, ganze Trash-TV-Gesellschaften zum Einsturz bringen kann und wird die Kunst der provokanten Rede sicher auch diesmal pflegen.

Doch während Dylan in der Auftaktfolge noch am Beckenrand steht, stürzt sich Edith Stehfest schon in die Fluten. Denn Jörg Dahlmann wagt es, statt "Mann" "Ex-Mann" verstanden zu haben und fragt unbedarft nach. Ein Grund für Stehfest, dem Sport-Kommentator eine klare Ansage zu machen, dass er so etwas zu unterlassen habe. Offenbar ein emotionales Thema für Stehfest.

Mit anderen Worten: Auch wenn es in der Auftaktfolge noch ein wenig zahm zugeht, die Erfahrung zeigt, dass die kommenden Tage und der Tausch der eigenen Würde gegen 100.000 Euro Preisgeld das Menschsein der Teilnehmer zu Tage fördern werden. Oder wie es Sam Dylan formuliert: "Man guckt ja immer: Wie wird man fame?"

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