Winfried Glatzeder hat als dritte Legende das Sommer-Dschungelcamp verlassen. Ob er seine Mitcamper schon vermisst? Im Interview mit unserer Redaktion wird der 79-Jährige deutlich.

Ein Interview

Es ist kurz nach 8 Uhr am Freitagmorgen, als RTL und Winfried Glatzeder zum Telefoninterview anrufen. Der Kandidat der Legenden-Staffel von "Ich bin ein Star" scheint bestens gelaunt wird aber auch schnell wieder eklig.

Winfried Glatzeder: Hallo Patricia, legen Sie los, legen Sie los, wir müssen hier noch weiterarbeiten!

Hallo Winfried, Sie sind ja bestens gelaunt am frühen Morgen.

Das ist auch nur eine Nummer.

Wie überraschend kam Ihr Dschungelcamp-Exit für Sie?

Gar nicht überraschend. Ich hatte eher den Eindruck, dass ich nicht ernst genommen werde. Ich habe nämlich Zeichen gegeben, dass ich ableben werde. Es sind ja einige nach dem Dschungelcamp gestorben. Heinz Hoenig, ein Kollege von mir, lag’ nach dem Dschungel in der Charité in Berlin im Koma. Deswegen habe ich sehr streng auf meinen Körper gehört. Als die Muskelkrämpfe anfingen, habe ich aufgegeben und darum gebeten, mich zu verschonen. Nicht, dass ich auf der Liege krepiere!

Zu verschonen von den Dschungelprüfungen? Oder generell vom Dschungelcamp?

Nö, nö, Dschungelprüfungen wären Erholung gewesen. Aber diese Langeweile war tödlich.

Die anderen Camper haben Ihnen den geringsten Legenden-Status bescheinigt. Was sagen Sie dazu?

Keiner von diesen Leuten ist eine Legende. Legenden sind Menschen, die außergewöhnliche Leistungen gebracht oder grandiose Erfindungen gemacht oder durch Zufall ein schreckliches Ereignis überlebt haben. Das hier ist nur der Titel einer Sendung, damit die Zuschauer sagen: "Ah, da kommen jetzt ganz, ganz tolle Kellerasseln zusammen. Das wird spannend. Das gucken wir." Es geht um Kohle, es geht um Werbung, es geht darum, viele Zuschauer zu generieren. Vor zehn Jahren hatten wir sechs bis acht Millionen Zuschauer. Heute ist man froh, wenn man zweieinhalb hat.

Winfried Glatzeder: Daseinszweck Toilettenreinigung

Sie haben gesagt, der Dschungel war richtig harte Arbeit. Was war harte Arbeit?

Die Langeweile zu überleben. Ich habe versucht, meinem Dasein einen Sinn zu geben, indem ich die Toilette gereinigt habe, habe versucht, den niedrigsten Hygienestandard, den man erreichen konnte, für alle zu organisieren. Gekackt wurde die ganze Zeit und das musste weggemacht und weggebracht werden. Ich habe deswegen um eine Müllschaufel gebeten, aber darauf wurde nicht reagiert. Also habe ich die Feuerschaufel genommen, was dann zum Thema gemacht wurde: "Ist ja ekelhaft! Da nimmt jemand eine Schaufel, um die Kacke von wem auch immer wegzumachen!" Das war deren eigene Kacke. Diese Widersprüche waren so absurd und so herrlich zu vermarkten, gerade für ein Publikum, das auch zwiegespalten bei der Frage ist, was gute Benimmregeln sind. Der zivilisierte Mensch hat einen großen Bewusstseinsknacks, indem er zu den normalen Bedingungen, zu denen wir auf der Welt sind, nämlich essen, trinken, kacken, pissen und sich vervielfältigen, ein sehr gestörtes Verhältnis hat.

Haben Sie das damit gemeint, als Sie sagten, sie seien der einzig Normale unter lauter Verrückten?

Nein, ich bin ebenso verrückt! Das ist doch Quatsch. Ich habe vielleicht noch mehr Schwierigkeiten, weil ich diese Widersprüche sehe und auch so raffiniert bin, sie zu verarbeiten. Jetzt in meinem Alter spiele ich viele Demenzkranke oder Leute mit Depressionen oder Menschen, die sich aufhängen oder am Alter verzweifeln – dazu konnte ich im Dschungel viele Studien machen.

Was war das Schlimmste im Dschungelcamp?

Ich war in meiner Ehre gekränkt, dass ich mit den perfekten anderen nicht mithalten konnte.

Gab's auch was Gutes?

Ich dachte, es wäre etwas Gutes, innerhalb von 14 Tagen fünfeinhalb Kilo abzunehmen. Das war aber auch ein Trugschluss. Als ich nach Berlin kam, hat meine Frau so perfekt gekocht und ich habe so zugeschlagen, dass innerhalb von drei Wochen alles wieder drauf war.

Es gab und gibt ständig Beef und Stress zwischen allen möglichen Dschungelcampern. Wie haben Sie das wahrgenommen?

Wunderbar, habe ich gedacht, RTL wird sich die Hände reiben, die haben genau die richtigen Leute ausgesucht, um bei den Zuschauern ein Interesse zu wecken. Je trashiger, desto besser lässt sich das doch vermarkten. Ich habe versucht, meinen Beitrag dazu zu leisten. Aber ich bin wenig zu sehen – was nicht daran liegt, dass ich so raffiniert war und mich versteckt habe. Nein, ich war nicht attraktiv und nicht perfekt genug. Ich bin ein bisschen beschämt, dass ich als Dödel rüberkomme.

"Ich verspreche jetzt, dieses Format nicht nochmal zu machen"

Gab's jemanden, mit dem Sie sich überhaupt nicht verstanden haben?

Ich habe mich mit keinem verstanden. Mit mir selbst auch nicht, das ist ja das Schlimmste. Ich bin froh, wenn ich die nicht mehr sehe.

Sie haben also alle keinen Kontakt mehr?

Die Frage ist schon absurd!

Würden Sie nochmal reingehen?

Das hängt vom Geld ab. Aber ich weiß ja jetzt, wie viel Leidenszeit man erträgt und wie hoch die Gage ist. Nein, ich verspreche jetzt, dieses Format nicht nochmal zu machen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Ich sage auch vielen Dank – und bitte schreiben Sie nur die ganz ekligen Sachen!

Über den Gesprächspartner:

  • Winfried Glatzeder ist bereits 2014 nach Australien gereist, um bei "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus" dabei zu sein. Vor allem sein Zoff mit Ex-GNTM-Kandidatin und Mitcamperin Larissa Marolt gilt als legendär.
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