Vor gerade einmal dreieinhalb Monaten hat Heidi Klum ihre Modelsuche begonnen. Leider ist sie bis jetzt nicht fündig geworden, aber immerhin haben wir schon die Top Ten beisammen. Und die letzten zehn Kandidatinnen müssen am Donnerstag erst in ein Horror-Motel ohne Horror, in ein Casting ohne Hamburg und in die nächste Runde ohne Mirella.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

"Nach 14 Wochen verlassen meine Top Ten Los Angeles", beginnt Heidi Klum Folge 14 und es braucht einen Moment, bis man weiß, was sie meint. "Top Ten", das sind nicht etwa die Klumschen Lieblingssongs, nein, das sind die letzten zehn Models bei "Germany's Next Topmodel". Und in die Top Ten zu kommen, das gilt unter GNTM-Kandidatinnen als das Nonplusultra. Der Einzug in die Top Ten, das ist so eine Art GTNM-Fetisch, bei dem aber keiner mehr so genau weiß, warum er eigentlich so toll ist.

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Irgendwann muss die Klum mal behauptet haben, es sei wichtig, in die Top Ten zu kommen. Aber wahrscheinlich meinte sie, dass es wichtig für sie sei. Bei nur einer einzigen Gewinnerin braucht es schließlich etwas, um den Rest der Meute bei Laune zu halten. Funktioniert bei kleinen Kindern übrigens auch wunderbar. Da muss man nur ganz geheimnisvoll flüstern, wie toll es doch ist, das Zimmer aufzuräumen – et voilà!

Für ein Casting um die halbe Welt

Wie auch immer, auch wenn Heidi Klum immer mal wieder für Überraschungen sorgt, haben es auch diesmal wieder zehn Kandidatinnen in die Top Ten geschafft und kaum dort angekommen, geht es auch schon wieder los. Allerdings zunächst getrennt. Denn Selma, Ida und Nicole fliegen nach Deutschland zurück. Aber natürlich nicht einfach so! Es wäre angesichts der Klimakrise ja viel zu verantwortungslos, drei Möchte-Models für eine TV-Show mal eben so um die halbe Welt fliegen zu lassen.

Nein, die drei haben selbstverständlich einen guten Grund: ein Casting für ein "Fashion-Unternehmen aus Düsseldorf". Schließlich kennen wir alle die große Model-Krise in Düsseldorf. Der lokale Model-Markt ist dort ja fast vollständig zum Erliegen gekommen. Das "Fashion Unternehmen" hat wahrscheinlich jedes Schminktäschchen in Düsseldorf und Umgebung umgedreht, aber einfach kein Model darunter gefunden.

Da ist es doch Ehrensache, dass die Klum hier aushilft und drei Kandidatinnen extra nach Deutschland fliegen lässt. Das wird die Klimakrise sicher verstehen. Dass die Kandidatinnen laut Klum noch "nicht wissen, welcher Kunde sie erwartet", macht die ganze Aktion nicht klüger. Eher im Gegenteil.

Selma, Ida und Nicole fliegen nach Düsseldorf (nicht Hamburg!)

Im Model-Notstandsgebiet Düsseldorf erklärt die Vertreterin des "Fashion-Unternehmens" dann, dass es sich bei ihrem Arbeitgeber nicht etwa um Peek & Cloppenburg Hamburg, sondern um Peek & Cloppenburg Düsseldorf handelt. Den Models ist das offenbar wurscht, dem Zuschauer sowieso, nur der Dame von Peek & Cloppenburg Düsseldorf (nicht Hamburg!) scheint das wichtig zu sein.

Auch irgendwie verständlich. Ist halt nur nicht so cool, das extra erwähnen zu müssen. Gerade, wenn man schon mal im Fernsehen ist. Aber das ist deren Sache, unsere Models müssen sich jetzt auf ihre Casting-Aufgabe konzentrieren. Sie sollen sich erst einmal ein Outfit aussuchen, "das eine Erinnerung repräsentiert, die sie in der Zukunft machen wollen", erklärt ein Look-and-Feel-Beauftragter des Unternehmens aus Düsseldorf (nicht Hamburg!) und meint dann: "Das ist etwas komplex, aber eigentlich: Was wollten sie schon immer mal erleben, ist der Kern der Aufgabe."

Jetzt weiß man natürlich nicht, womit es der Look-and-Feel-Mann sonst so zu tun hat, aber so komplex klingt "was man schon immer mal erleben wollte" auch wieder nicht. Also gehen die Damen ans Werk und als Ida an der Reihe ist, erklärt sie den Grund für die Wahl ihres Kleidchens: Da sie sich in einer Beziehung befindet, könnte es passieren, dass sie auch mal einen Heiratsantrag bekommt. Dann möchte sie ihrem Freund nicht vorwerfen müssen, sie in einem unpassenden Outfit gefragt zu haben.

Offenbar will Ida so lange in diesem Kleid herumlaufen, bis ihr Freund ihr einen Antrag gemacht hat. Vielleicht war die Aufgabe doch komplexer als gedacht. Aber wir GNTM-Hasen wissen natürlich, dass die Geschichten, die sich die Models bei Castings ausdenken müssen, ohnehin ziemlich Banane sind. Am Ende geht es immer nur darum, dass sie in den Klamotten hübsch aussehen. Und so muss sich Ida nicht ärgern, dass Selma den Job bekommt, denn an der Geschichte lag's nicht.

Horror-Motels, Bälle und schöne, junge Frauen

Der Rest der Models hat es dagegen mit ganz anderen Problemen zu tun: eine Motel-Übernachtung. "Motels kennt man ja irgendwie so aus Horrorfilmen", spricht Vivien ihre Befürchtungen laut aus, aber da mag der Eindruck täuschen. Denn selbst wenn man Motel-Mord-Statistiken sehr negativ interpretiert, ist die Wahrscheinlichkeit, in einem Motel ermordet zu werden, doch wesentlich geringer als die Wahrscheinlichkeit, dort einfach durchzuschlafen. Die Gäste übernachten zu lassen, statt sie zu ermorden, hat sich bei Motel-Betreibern irgendwie als Geschäftsmodell durchgesetzt.

Zum Glück merkt man bei der Produktionsfirma, dass die ganze Horror-Motel-Nummer doch recht dünn ist, und so kann man sich auf das Fotoshooting mit Kristian Schuller konzentrieren und der hat Folgendes vorbereitet: "Wir haben Bälle und wir haben das ewige Thema Stoffe und natürlich das ewige Thema schöne, junge Frauen." Am Ende stehen die Models mit Badekappe in der Wüste und wedeln mit den Armen ihre Stoffkleider durch die Luft.

Heidi Klum erkennt darin Kunst, aber das darf sie natürlich. Bei Olivia lässt die Kunst aber für Klums Befinden ein bisschen auf sich warten. Ein Urteil, in dem für die Bekunstete selbst eine kleine Unwucht steckt: "Also er hat mir nicht so ein schlechtes Gefühl vermittelt, aber Heidi hat mir so ein bisschen ein schlechtes Gefühl vermittelt." Oha! Na hoffentlich stimmen sich Klum und Schuller noch ab, nicht dass ein potenzieller Rauswurf Olivias am Ende unglaubwürdig wird.

Aber keine Angst, denn zum einen darf Kristian Schuller gar nicht in der Jury sitzen, sondern eine ehemalige Arbeitskollegin Klums namens Karolína Kurková und die Designerin der Abschlusswalk-Klamotten. Zum anderen finden diese drei Damen Mirellas Entscheidungswalk-Walk nicht so erinnerungswürdig wie Olivias, weshalb Mirella sofort nach Hause fliegen darf. Gerne nach Düsseldorf, Hamburg wäre diesmal aber auch okay.

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