"Ich frage mich nur: Wo endet das Ganze?", fragte sich Jay Khan einmal während seiner Zeit im "Big Brother"-Container. Nun wissen wir: am Mittwochabend, bei Sat.1, um kurz nach Mitternacht, nach einem zähen TV-Abend, mit Rainer Gottwald als Gewinner und einem Gruß des Siegers an seinen verstorbenen Vater.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Das Finale der diesjährigen Staffel "Promi Big Brother" beginnt mit einer scheinbar einfachen Frage an die verbliebenen vier Kandidaten. "Seid ihr bereit, in solche Sphären aufzusteigen?", fragt die "Big Brother"-Stimme ins Haus und meint damit die Fußspuren bisheriger Gewinner wie Jenny Elvers, David Odonkor und Werner Hansch. Oder wie es der Sprecher formuliert: "Namen für die Ewigkeit."

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So weit, so uninteressant. Doch spannend ist diese Frage, weil sie völlig ohne Ironie gestellt wird. Denn, Hand aufs Herz und ohne einem der Kandidaten zu nahe treten zu wollen: Das sind alles keine Namen für die Ewigkeit, sondern höchstens für einen Wikipedia-Eintrag. Nein, für die Ewigkeit ist hier nichts und da muss man noch nicht einmal an den Fall von Vorjahressiegerin Melanie Müller denken.

Das heißt aber nicht, dass nichts hängengeblieben ist von dieser Staffel. Sam Dylan zum Beispiel weiß nun, dass Neptun der Gott des Meeres ist und nicht etwa Aquaman oder Käpt’n Iglo, wie er bisher dachte.

Jay Khan konnte das "Big Brother"-Haus ebenfalls mit einem Wissenszuwachs verlassen, als er im Logo der Show ein stilisiertes Auge erkennt. Mitgenommen hat er außerdem, dass es sich – anders als seinerzeit im Dschungelcamp – lohnt, ohne eine Agenda in eine solche Show zu gehen. Diesmal habe er, wie er am Mittwochabend im Studio erzählt, einfach nur zeigen wollen, wie er wirklich ist und man nimmt ihm diese Trash-TV-Floskel tatsächlich ab.

"Promi Big Brother" 2022: "Sehr vieles war wirklich sehr, sehr geil"

Den größten Zuwachs, allerdings nicht an Wissen, sondern an Reichweite, konnte aber wohl Jeremy Fragrance verzeichnen. Der Duftwasser-Influencer ging mit dem klaren Ziel in die Show, bekannter zu werden und das dürfte er nicht nur erreicht haben, sondern auch noch mit minimalem Einsatz.

Alles, was er tun musste, war, seinen weißen Anzug anzubehalten und die anderen mit wirren Monologen und Selbstinszenierungsgefasel zu nerven. Sat.1 belohnte so viel Engagement in eigener Sache mit einer eigenen Jeremy-Fragrance-Doku.

Mehr Eigenwerbung im Container machte eigentlich nur der Discounter, in dem die Promis ihr Taschengeld für Toast und Ketchup auf den Kopf hauen durften. Das mag auch an der vergleichsweise niedrigen Aggressivität in der diesjährigen Belegschaft gelegen haben.

Natürlich gab es auch die eine oder andere Meinungsverschiedenheit wie die zwischen Sam Dylan und Jörg Knör oder zwischen Walentina Doronina und Jeremy Fragrance, aber insgesamt herrschte doch sehr viel Harmonie.

So wurde in der Regel die Konkurrenz nicht deshalb nominiert, weil man den anderen für einen Vollpfosten hält, sondern weil man mit ihm oder ihr noch keine ganz so innige Bindung wie mit den anderen Bewohnern eingehen konnte.

Dementsprechend einleuchtend ist die Erkenntnis von "PBB"-Moderatorin Marlene Lufen am Mittwochabend, es sei in dieser Staffel das Wort "geil" überproportional oft gefallen: "Sehr vieles war wirklich sehr, sehr geil."

Überraschung: Menderes Bağcı muss als Erster gehen

So verwundert es nicht, wenn am Mittwochabend die einstigen Streithähne Walentina Doronina und Jeremay Fragrance im Finale eine metaphorische Friedenspfeife rauchen. "Da sieht nach viel Spaß aus", zieht auch Micaela Schäfer beim Blick auf die Bilder der aktuellen Staffel ein friedliches Fazit und auch wenn Doronina mit ein paar Sprüchen noch ein bisschen gegen Doreen Steinert und Catrin Heyne nachtritt: Die Zeit der Krawallmacher und Schreihälse scheint bei "Promi Big Brother" vorbei zu sein.

Bleibt also nur noch die Antworten auf die Fragen, wer diese weitgehend harmonische Jubiläumsstaffel gewinnt und warum. "Heute zünden wir ein Feuerwerk", behauptet der Off-Sprecher am Mittwochabend zu Beginn des Finales.

Abgesehen davon, dass er hier wohl eine sehr weite Definition von "Feuerwerk" gemeint haben muss, überrascht eine solche Prophezeiung, schließlich ist das Finale von "Promi Big Brother" bisher stets die langweiligste Folge der Show gewesen und ist es auch diesmal.

Zu den Programmpunkten, die wenigstens noch ein bisschen Pulsschlag haben, gehören die beiden Finalspiele, die über Sieg oder Niederlage mitentscheiden. Hier müssen die vier Final-Promis zunächst mit einem Teelöffel 50 Gramm Goldstaub abwiegen, wer den 50 Gramm am nächsten kommt, ist weiter.

"Ich glaube, ich habe 685 Gramm in einer Brust", versucht Micaela Schäfer beim Abwiegen eine Referenzgröße zu finden, doch das hilft ihr auch nicht weiter. Mit 100 Gramm liegt sie deutlich daneben. Schlechter ist mit 280 Gramm nur Menderes Bağcı und so müssen sich die beiden der Zuschauer-Abstimmung stellen. Hier bleibt überraschend Bağcı als Erster auf der Strecke, galt er doch bei vielen als Favorit.

Rainer Gottwald: "Ich bin doch so ne kleine Wurst!"

Da waren’s nur noch drei und die müssen zum Abschluss jeweils 250 Becher in drei Minuten zu einem Turm stapeln. Rainer Gottwald baut hier am solidesten und ist damit weiter. Sam Dylan und Micaela Schäfer gehen stattdessen in die vorletzte Abstimmung, an deren Ende Dylan aus der Show fliegt. Den Rest des Abends sieht man dann also Micaela Schäfer und Rainer Gottwald durch das Container-Loft tigern, bis die "Big Brother"-Stimme um 23:51 endlich Gottwald zum Sieger ausruft.

Der stürmt daraufhin erst einmal auf die Toilette, von der aus man ihn dann vor Freude weinen hört. "Papa, hast’ es gesehen? Diesmal hab ich’s geschafft!", fragt Gottwald Richtung Studiodecke, an seinen verstorbenen Vater gerichtet, als er seine Fassung wiederfindet.

Dass er nicht nur das Preisgeld von 100.000 Euro, sondern auch die Abstimmung gewonnen hat, ist dem Box-Manager allerdings ein Rätsel: "Wer ruft denn für mich an? Ich bin doch so ‘ne kleine Wurst!" Und als Gottwald dann um kurz nach Mitternacht endlich aus dem Container ins Studio kommt, brennt dort immerhin doch noch ein kleines Feuerwerk.

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