Am Montagabend stand bei "Promis unter Palmen" eine Frage unsichtbar im Raum: Wie reagiert Sat.1 auf den Homophobie-Skandal der Auftakt-Folge? Die Antwort: mit Trash-TV auf der unteren Eskalationsebene.

Christian Vock
Eine Kritik
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Wie bekommt man Trash-TV hin, ohne die Grenzen zu überschreiten? Diese Frage dürfte bei Sat.1 in der vergangenen Woche heiß diskutiert worden sein. Zumindest wünscht man sich das nach dem, was in der Auftaktfolge von "Promis unter Palmen" passiert ist.

Dort hat nämlich Prinz Marcus von Anhalt nicht nur seine Homophobie mit ekelhaften Äußerungen zur Schau gestellt, nein, Sat.1 hat das Ganze auch noch ohne Konsequenzen für den Prinzen gesendet.

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Lediglich während der Ausstrahlung, als die Empörung in den sozialen Medien wuchs, hat man sich bei Twitter halbherzig von den Äußerungen distanziert. Dabei hätte man es eigentlich von vornherein besser wissen können, denn: Wie der ehemalige Bordellbetreiber von Anhalt tickt, ist kein Geheimnis.

Dass man den Adoptiv-Prinzen trotzdem mit unter die Palmen genommen hat, legt also die Vermutung nahe, dass man eine gewisse Überschreitung der Grenzen in Kauf genommen und durch die fehlenden Konsequenzen mal geguckt hat, wie weit man denn so gehen kann. Ganz offenbar nicht sehr weit, denn bei Homophobie hörte auch bei vielen Trash-TV-Fans der Spaß auf.

"Promis unter Palmen" 2021: Erst einmal Standard-Trash-TV

Daher war nun in Folge zwei interessant, wie Sat.1, jetzt, da das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist, auf den Homophobie-Skandal reagiert. In der Tat eine schwierige Aufgabe für den Sender, schließlich hatte man für die maximale Eskalation bereits das passende Personal gebucht.

Willi Herren, Melanie Müller und Elena Miras sind jedenfalls nicht dafür bekannt, dass sie beruhigend auf solche Formate einwirken. Und mit Calvin Kleinen ist jemand dabei, der sicher nicht als Niveau-Heber eingeladen wurde.

Was also sollte Sat.1 machen? Der Sender entschied sich, erst einmal Trash-TV-Standard zu senden: Seelenstriptease. Patricia Blanco macht den Anfang und erzählt vom schwierigen Verhältnis zu ihrem Vater, Schlagersänger Roberto Blanco.

Da stimmt auch Chris Töpperwien mit ein und berichtet über den nicht existierenden Kontakt zu seinem Vater und am Ende macht Katy Bähm (mit bürgerlichem Namen Burak Bildik) mit seiner Vater-Sohn-Geschichte den Deckel drauf.

So weit also alles im Rahmen, genauso wie bei den obligatorischen Spielen und von denen hat "Promis unter Palmen" zwei verschiedene Sorten. Beim ersten Spiel müssen sich die Promis einfach nur zum Affen machen, diesmal, indem sie "Hau den Lukas" spielen - allerdings nicht mit einem Hammer, sondern mit dem Kopf.

Katy Bähm und Melanie Müller gewinnen das Spiel und das ist deshalb wichtig, weil die beiden dadurch beim eigentlichen Spiel, einer Rennerei am Strand, Einfluss auf die Nominierung für den Auszug nehmen können.

Willi Herren und Katy Bähm: Ein bisschen Streit geht immer

Eigentliches Ziel des Spiels ist neben der Nominierung aber, durch den Wettbewerb im heißen Sand nicht nur die Körper, sondern auch die Gemüter zu erhitzen - was auch wunderbar funktioniert. Die Produktion hat sich dafür ein Spiel ausgedacht, dessen Durchführung die Körper der Promis offenbar nicht hergeben. Kaum liegt einer verletzt oder entkräftet im Sand, kommt schon der oder die nächste mit einem neuen Wehwehchen.

Am Ende kriegen die Palmenpromis das Spiel rum und können ihrem eigentlichen Daseinsgrund nachgehen: dem Herumpöbeln. Bereits in den Minuten zuvor haben Willi Herren und der Mann vom Schnitt Katy Bähm als Intriganten dazustellen versucht.

"Ich kann die Katy nicht einschätzen", erklärt Herren Emmy Russ und fragt sich, als Katy nicht da ist: "Wie redet die denn, wenn ich nicht da bin?" Auch das mit dem Nicht-einschätzen-können ist für Herren offenbar schnell erledigt, denn im Einzelinterview erklärt er: "Das ist ein falscher Fünfziger."

Nach dem Spiel, das Team Bähm gewinnt, werden die Animositäten dann aber doch noch offen ausgetragen. Als Katy nach dem Spiel mit Calvin Kleinen noch ein bisschen plaudert, wittert Herren eine weitere Intrige: "Weil du alle Leute einlullst", wirft er ihr an den Kopf. Der Konter: "Du bist hier der, der die Leute manipuliert."

Patricia Blanco: "Viel Spaß beim Augen aushacken!"

Am Abend der Entscheidung haben dann die Mitglieder des Siegerteams die Wahl, ob sie Calvin Kleinen oder Patricia Blanco nach Hause schicken. Mit mehr oder weniger nachvollziehbaren Begründungen entscheiden sich alle für Patricia Blanco, richtig Wallung gibt es aber erst, als auch Katy Blanco nominiert. Zuvor hatte Bähm nämlich noch offen überlegt, dass die Herren in der Villa die große Konkurrenz seien.

Mit einem "Ist das schlecht" wirft Herren daraufhin die Empörungsmaschine an, auf der auch die anderen Promis außer Giulia Siegel gerne mitfahren. Patricia Blanco hingegen nimmt den Rauswurf einigermaßen gelassen, vor allem aber mit Blick auf Kommendes auf: "Viel Spaß beim Augen aushacken!", wünscht sie ihren Ex-Kollegen zum Auszug.

Folge zwei von "Promis unter Palmen" endet also mit einem Versprechen auf kommendes Trash-Fernsehen und in der Tat war das, was Sat.1. hier in Folge zwei gezeigt hat, eher auf dem unteren Ende der Eskalationsskala. Das war manchem Zuschauer aber dann doch zu wenig Streit, wie einige nicht-repräsentative Reaktionen bei Twitter zeigen:

Der Wurm darf auch dem Angler schmecken

Das ist insofern erstaunlich, da dieses Niveau bis vor kurzem noch eher Trash-TV-Standard war. Ganz offensichtlich haben die Grenzüberschreitungen der Vergangenheit, sei es der Homophobie-Skandal bei den Palmen-Promis oder auch die Spuck-Attacke beim "Sommerhaus der Stars", nicht nur die Eskalationsspirale immer weiter gedreht, sondern auch auf Senderseite für Verunsicherung gesorgt.

Das Gute daran: Eine Diskussion, wie sie offenbar bei Sat.1 gerade stattgefunden hat, was gute Fernsehunterhaltung sein soll, ist nach so vielen Jahren Trash-TV längst überfällig. Das Prinzip, dass der Wurm dem Fisch schmecken soll und nicht dem Angler, sollte jedenfalls spätestens nach dem Homophobie-Skandal Vergangenheit sein. Schließlich entscheidet jeder Sender selbst, womit er sein Geld verdient.

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