Rolf Töpperwien feiert am Samstag seinen 70. Geburtstag. Die ZDF-Reporter-Legende befindet sich seit zehn Jahren im Ruhestand, seine legendären Interviews am Rande des Fußballfelds sind aber unvergessen. Genauso wie seine Neigung zu wilden Partys.

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Es sind unglaubliche Szenen, die sich auf dem Rasen des Parkstadions in Gelsenkirchen am 2. Mai 1984 abspielen. Als Zweitligist hat der FC Schalke 04 dem FC Bayern München ein unglaubliches 6:6 nach Verlängerung abgetrotzt und ein Wiederholungsspiel im Halbfinale des DFB-Pokals erzwungen.

Bis zu 78.000 Zuschauer sollen an diesem Abend im Parkstadion gewesen sein, jetzt drängen sich hunderte feiernde Schalke-Fans auf dem Spielfeld. Mittendrin ist Rolf Töpperwien, der ein Interview mit dem gerade 18 Jahre alt gewordenen Schalker Dreifach-Torschützen Olaf Thon führen will.

Die Fans skandieren "Olaf, Olaf" und singen "Schaaaalke, Schaaaalke", Töpperwien versucht die Situation in den Griff zu bekommen. "Leute seid mal ruhig", "Macht mal das Bild frei!" und energisch: "Wir wollen den Olaf mal interviewen!"

Schließlich kommen sogar behelmte Polizisten zu Hilfe. Mehrfach huscht Reporter Töpperwien ein Grinsen über das Gesicht, die Situation scheint ihm trotz der chaotischen Zustände zu gefallen.

Rolf Töpperwien interviewt Olaf Thon

Das legendäre Interview von 1984. © YouTube

Schließlich fragt Töpperwien: "Stimmt es eigentlich, dass Sie den FC Bayern als Lieblingsmannschaft auserkoren haben? Stimmt es, dass Sie in FC-Bayern-Bettwäsche schlafen?". Olaf Thon antwortet entwaffnend ehrlich: "Ja, das stimmt schon."

Töpperwien berichtete von 1.444 Bundesliga-Spielen

Im heutigen Profi-Fußballgeschäft wäre eine solche Frage und eine solche Antwort undenkbar. Genauso wie eine derart wilde Interviewsituation inmitten von grölenden und feiernden Fans. Der Fußball war früher ein anderer.

Rolf Töpperwien, der am Samstag 70 Jahre alt wird, symbolisiert die wilden Zeiten der Bundesliga genauso wie die Spieler, Trainer und Manager der 70er, 80er und 90er.

Der in der niedersächsischen Kleinstadt Osterode am Harz geborene Töpperwien absolvierte in Göttingen ein Studium der Publizistik, Geschichte und Politikwissenschaft. Bereits während seiner Studienzeit stieg er 1973 beim ZDF ein, wo er sein gesamtes Berufsleben verbrachte.

Im September 2010 verabschiedete er sich in den Ruhestand, in den 37 Jahren seiner Reportertätigkeit berichtete er von exakt 1.444 Bundesligaspielen. Eine unglaubliche Zahl, die sich durch seine Leidenschaft und Begeisterung für den Fußball erklären lässt.

Als seine Tochter 1980 geboren wurde, befand er sich nach eigener Auskunft am Betzenberg, wo der 1. FC Kaiserslautern gegen 1860 München spielte.

Töpperwien kennt die Größen der Fußballbranche und sie kennen ihn. Die eigentlich gebotene journalistische Distanz wahrte Töpperwien nicht immer. Körperlich wie inhaltlich. Mitunter kam er seinen Interviewpartnern sehr nahe, lehnte sich leicht nach vorne über, so dass sein Gesicht nur noch Zentimeter von dem seines Interviewpartners entfernt war.

Niemand konnte "Töppi" böse sein

Und auch seine Fragen waren oft sehr persönlich und ungewöhnlich, manchmal schoss er über das Ziel hinaus. "Töppi" sei nichts peinlich gewesen, sagte ein Kollege mal. Für einen Field-Reporter, der mit seinen Interviews größtmögliche Aufmerksamkeit erregen will, darf das als Kompliment gelten.

Bei YouTube finden sich jede Menge Best-of-Szenen von Töpperwien, er streitet unter anderem mit Uli Hoeneß und Robin Dutt. Töpperwien gab nie nach, er beharrte auf seiner Position. Und auch wenn manche Fußballer und Zuschauer genervt waren, konnte ihm letztlich niemand wirklich böse sein.

Eine besonders enge Verbindung pflegte Töpperwien zu Trainer Otto Rehhagel. "Jetzt betritt Otto Rehhagel deutschen Boden", frohlockte der Reporter, als Werder Bremen 1992 nach dem Gewinn des Europapokals der Pokalsieger am Flughafen ankam. Dass Töpperwien selbst Fan von Werder Bremen ist, konnte und wollte er dabei nicht verbergen.

Schwerer Brandunfall vor 20 Jahren

Immer wieder schaffte er es nach den Spielen in die Kabinen der Mannschaften und berichtete von dort. Noch etwas, das heute praktisch unvorstellbar ist. Und während es früher auch die Fußballprofis häufiger mal krachen ließen, war auch "Töppi" keiner Party abgeneigt. Eine nach seiner Einschätzung zu hohe Bordellrechnung beanstandete er einst auf Briefpapier mit ZDF-Logo.

Während diese Episode vielleicht noch zum Schmunzeln taugte, tat dies der Unfall im Jahr 2000 sicher nicht mehr. Mit Spuren von Kokain im Blut setzte sich Töpperwien mit Streichhölzern und hochprozentigem Strohrum selbst in Flammen und zog sich dabei schwere Brandverletzungen zu. Der Reporter lag sogar im Koma, erholte sich aber von seinen Verletzungen.

In den letzten Jahren ist es nun ruhiger geworden um Rolf Töpperwien. Mit seiner zweiten Ehefrau und seinem Sohn lebt er in Wiesbaden, er kann als Redner gebucht werden. Am Mittwoch, 30. September (22:40 Uhr) wird er im ZDF in der Dokumentation "Die Rasen-Reporter: 100 Jahre Fußballberichterstattung" zu Wort kommen.

Es ist still geworden um "Töppi"

Abseits seiner wenigen Auftritte hört man nur noch selten vom einstigen Lautsprecher Rolf Töpperwien. Eine Interviewanfrage ließ er verstreichen, Social-Media-Kanäle betreibt er nicht. Was irgendwie auch passend ist, schließlich arbeitete Töpperwien in einer Zeit, als Fußballer sich in erster Linie noch am Reporter-Mikrofon zu Wort meldeten und nicht bei Instagram, Facebook oder Twitter.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Ein Unikat wie "Töppi" gibt es in der heutigen Fußballberichterstattung nicht mehr. Was eigentlich sehr schade ist.

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Verwendete Quellen:

  • Stern.de: Sex, Drugs and Rock’n’Goal
  • Spiegel.de: Töpperwien: "Vielleicht ein Glas zuviel"
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