Es geht schon wieder los: Am Sonntagmittag startete Moderatorin Andrea Kiewel in die neue Saison des "ZDF-Fernsehgarten". Mit dabei waren unter anderem Pierre Littbarski, Thomas Häßler, Kerstin Ott, aber auch zwei Namenspatzer und die Ahnung, dass Andrea Kiewel doch nicht so ein großer Fußball-Fan ist, wie sie dem Zuschauer weismachen möchte.

Eine Kritik
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"223 Tage mussten Sie warten. Ab jetzt haben die Sonntage wieder einen Sinn. Ab jetzt ist endlich, endlich Sommermärchen", begrüßt der Off-Sprecher am Sonntagmittag die Zuschauer zur ersten Ausgabe des "ZDF-Fernsehgarten" 2024 und trommelt, als ob die Größe einer Show für irgendetwas eine Rolle spielen würde, dem "Fernsehgarten" auf die imaginäre Brust: "Hier ist Deutschlands größte Open-Air-Show und hier ist ihre Gastgeberin: Andrea Kiewel."

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Die kommt dann in einem gelben Anzug mit Hilfe der beiden Zauberkünstler Siegfried und Joy und einem Glitterregen auf die Bühne und eröffnet ihrerseits die neue Saison: "Der erste Fernsehgarten 2024. Es sieht noch nicht so aus, aber ja, es ist Sommer." Da aber ein Sommer keine Voraussetzung für eine "Fernsehgarten"-Eröffnung ist, geht es los mit einem kurzen Abriss, was man denn so alles vorhabe an diesem bewölkten Sonntagmittag in Mainz-Lerchenberg und das ist ein einigermaßen buntes Treiben.

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Den inhaltlichen Auftakt des Auftakts macht dann eine Sängerin, über die Kiewel erst behauptet, sie sei die Frau, "mit der der Sommer 2024 offiziell beginnt" und dann sagt: "Wenn ich könnte, würde ich sie heiraten. Dann heißen wir zusammen Andrea und Kerstin Ott." Wen Kiewel damit etwas ungelenk ankündigt, ist Kerstin Ott, die zuerst ihren neuesten Song „Rockstar“ singt und später noch "eine großgroßartige, ganz besondere Zugabe" – ein Duett mit Howard Carpendale.

"Happy Garten" beim "Fernsehgarten"

Die neuste Saison des "Fernsehgarten" ist damit trotzdem in die Spur gesetzt und von da an läuft alles wie gewohnt. Kiewel weist mit einem TikTok-Filmchen darauf hin, dass ausgerechnet heute der Weltlachtag sei. Eigentlich ein Tag, wie gemacht für das Heile-Welt-Ambiente des "Fernsehgarten", aber Andrea Kiewel lässt diese Chance links liegen, zeigt lediglich mal ein anderes TikTok-Filmchen von lachenden Kleinkindern. Und das, obwohl der "Fernsehgarten" diesmal das Motto "Happy Garten" ausgerufen hatte.

Was Kiewel hingegen nicht liegen lässt, obwohl noch ein bisschen Zeit ist, ist das Thema Fußball-EM. Die findet bekanntlich in diesem Jahr in Deutschland statt und Kiewel arbeitet sich in das Thema im Publikum ein. "Wie gut werden wir sein?", fragt Kiewel einen Zuschauer und holt sich mit dessen Antwort einfachen Applaus ab: "Na, ich hoffe wir werden Europameister."

Einer, der diesen Titel schon hinter sich hat, ist Thomas Häßler. Der kommt zur Vertiefung des Fußballthemas zusammen mit seinem ehemaligen Mannschaftskollegen Pierre Littbarski auf die Bühne und so tauschen die beiden mit Kiewel Belanglosigkeiten zur kommenden EM aus, ehe Littbarski sein unter dem Pulli vorbereitetes Toni-Kroos-Trikot präsentiert.

"Woran ich mich so gern erinnere", beginnt Kiewel und löst auf: "Diese Tradition, dass vor großen Turnieren gesungen wurde." Damit dürfte sie die einzige sein, die sich gerne an Lieder wie "Wir Sind Schon Auf Dem Brenner" erinnert, Littbarski schätzt die Geschichte realistischer ein: "Es war 'ne Katastrophe."

Fußball-Fan Andrea Kiewel?

Doch Kiewel will nicht nur mit den beiden Fußballern plaudern, sondern auch das kommende Spiel einleiten, an dessen Ende eine Zuschauerin einen Besuch im "ZDF EM-Studio" gewinnen kann. So weit, so normal, nur leistet sich Kiewel einen kleinen Patzer, als sie verkündet, dass dort unter anderem auch der Spieler Christian Kramer als TV-Experte vor Ort sei. Wahrscheinlich meinte Kiewel aber den Gladbach-Profi und Weltmeister Christoph Kramer. Kein Problem, so ein Versprecher kann passieren, aber im weiteren Verlauf deutet doch manches darauf hin, dass es eben kein Versprecher war, sondern Kiewel ihre Fußball-Expertise nur vorspielt.

"Ich bin übrigens Mainz-Fan", gesteht TV-Koch Alexander Kumptner etwas unvermittelt bei seinem Auftritt, weshalb Kiewel ins Publikum fragt: "Ich glaube Mainz spielt heute Abend, gell? Weiß das jemand? Ich glaub wir spielen heut … gegen wen denn?" Da irritiert dann doch ein bisschen das "wir" in Verbindung mit dem Nicht-Wissen um den Gegner des FSV Mainz 05. Umso mehr, da Kiewel glaubt, "HSV" aus dem Publikum gehört zu haben und nicht stutzig wird, spielen die beiden Vereine doch in unterschiedlichen Ligen.

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Nein, nach Fußball-Fan hört sich das nicht an, nach Authentizität aber leider auch nicht, schließlich ist es alles andere als ein Verbrechen, sich nicht für Fußball zu interessieren. Doch so zu tun, wirkt eben ein bisschen anbiedernd. "Wir müssen gewinnen, damit wir nicht absteigen", versucht Kiewel trotzdem noch einmal, sich als FSV-Anhängerin zu positionieren.

Der ganz normale Wahnsinn

Sieht man einmal davon ab, dass Kiewel auch bei der Ankündigung ihres TV-Kochs patzt und aus Alexander Kumptner einen Alexander Klumpner macht, bleibt die Fußball-Fan-Episode das Einzige, was selbst bei einem "Fernsehgarten"-Fan unangenehm in Erinnerung bleiben könnte. Denn ansonsten machen der "Fernsehgarten" und Andrea Kiewel das, was sie können und wofür die Zuschauer einschalten.

So sieht man noch ein paar nationale und internationale Musik-Acts, ein bisschen TV-Geköchel, eine Hebamme zum Plaudern, einen Hund und seinen Besitzer, die Faxen machen, einen italienischen Traktor-Fahrer, der einen Rekord im Auf-zwei-Rädern-fahren-und-dabei-Luftballons-zerstechen aufstellt, Tanzeinlagen und Spiele mit Littbarski und Häßler, die "Lupf-Ballaball" oder "Lalalabyrinth" heißen.

Kurzum: Ein "ZDF-Fernsehgarten" zum Saison-Auftakt, der Fans glücklich macht und Nicht-Fans zumindest nicht wehtut. Und Christoph und Christian Kramer werden das Ganze auch irgendwann verkraften.

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