Was wissen Sie eigentlich über Liechtenstein? Nicht so viel? Dann dürfte es Ihnen wie vielen anderen Menschen auch gehen. Dank Jan Böhmermann und seinem "ZDF Magazin Royale" kennt man Liechtenstein seit Freitagabend nun ein bisschen besser. Zumindest die schlechten Seiten des Landes.
Er hatte es angekündigt und Wort gehalten. In der vergangenen Woche meldete sich
"Heute geht es im 'ZDF Magazin Royale' um exakt eine Familie, um ein Land, das viel besser ist als Deutschland und – auch da können Sie sich auf uns verlassen – es ist natürlich auch wieder ein Hauch von Hitler mit dabei in der Sendung", beginnt Jan Böhmermann die jüngste Ausgabe seines "ZDF Magazin Royale" ein wenig mysteriös.
"Ein Land, über das irgendwie nie jemand redet"
Doch bevor Böhmermann auflöst, worum genau es geht, kann sich der Satiriker einen ironischen Seitenhieb auf die Behauptungen nicht verkneifen, laut denen er im Fall der Freistellung des ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, Arne Schönbohm, mit dem Innenministerium zusammengearbeitet haben soll: "Bundesinnenministerin
Doch was ist nun mit dem angesprochenen Land? "Das Fürstentum Liechtenstein ist ein Land, über das irgendwie nie jemand redet", behauptet Böhmermann einleitend und will genau das in dieser Ausgabe nun ändern. Aber weil Böhmermann nie einfach nur so über etwas redet, sondern immer auch ein Skandal dabei sein muss, geht es ihm diesmal um die Schattenseiten des Landes und die sehen so aus:
Hans-Adam II. ist nicht nur der Fürst im Fürstentum Liechtenstein, sondern auch reich. Sehr reich. Sehr, sehr reich: "Schätzungsweise 8 Milliarden Privatvermögen", erklärt Böhmermann und auch, dass der Monarch keine Steuern zahlen müsse. Das gesparte Geld gebe der Fürst für Dinge wie einen 27 Millionen Euro teuren Schrank aus. Aber nicht nur die Unwucht in der Vermögensverteilung zu Gunsten von Hans-Adam II. stößt Böhmermann auf: "Liechtenstein hat als letztes Land in Europa das Frauenwahlrecht eingeführt und zwar im Jahr 1984!"
"Liechtenstein ist eine richtige, richtige, echte Old-School-Monarchie"
Aber Böhmermann ist noch lange nicht fertig mit seiner Liechtenstein-Kritik und sieht sich an, was Hans-Adam II. denn so von sich gibt, zum Beispiel über sein Frauenbild: "Ich heirate eine Frau, die sich wirklich um die Erziehung meiner Kinder kümmert, und sonst brauch ich keine." Ähnlich sympathisch denkt der Fürst über "Männer, die sich um Kinder kümmern": "Also ich hätte grundsätzlich nichts dagegen, solange man diesen, ich sag mal, homosexuellen Ehen nicht das Recht gibt, Kinder zu adoptieren […]."
Kritik gibt es auch am liechtensteinschen Regierungssystem, laut dem Erbprinz Alois von Liechtenstein, der den Fürsten als Staatsoberhaupt vertritt, zum Beispiel Gesetze ablehnen, die Regierung austauschen und Richter ernennen kann. Böhmermanns Fazit: "Liechtenstein ist eine richtige, richtige, echte Old-School-Monarchie. […] Der Sohn erbt vom Vater das Fürstenamt und hat im Land mehr Macht als die gewählte Regierung."
Warum das so ist, erklärt Böhmermann mit einem Zitat aus der "Süddeutschen Zeitung": "Das Staatsoberhaupt kann mit einem Veto alle Entscheidungen der Wähler aushebeln. Am Ende geschieht, was seine Hoheit für richtig hält, und nicht das Volk." So weit also zum Attest eines Demokratiedefizits in Liechtenstein, weiter geht es mit dem Werkzeugbauer Hilti. Der ist Liechtensteins ganzer wirtschaftlicher Stolz mit weltweit 32.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz 2022 von 6,3 Milliarden Franken. Aber Böhmermann hat noch andere Kennzahlen.
Werkzeugbauer mit NS-Vergangenheit
"Gegründet im Traditionsjahr 1941 von Martin Hilti und seinem Bruder Eugen", beginnt Böhmermann über die Firma zu berichten, die bis heute "in Familienhand" sei. Doch bei Sichtung der Unternehmensgeschichte auf dessen Webseiten fällt dem Satiriker eine Lücke zwischen 1941 und 1957 auf. Der mutmaßliche Grund, wieder laut "Süddeutscher Zeitung": "Während des Zweiten Weltkriegs arbeitet [Hilti] als Zulieferer für die deutsche Rüstungsindustrie." Zudem: "Martin Hilti war ein überzeugter Nationalsozialist und stellt die Leistungen seines Betriebs explizit in den Dienst NS-Deutschlands." Eine Einstellung, die Martin Hilti laut seinem Unternehmen später bereut habe.
Für Böhmermann ist die NS-Vergangenheit von Hilti aber nur ein weiteres Puzzleteil in seiner Liechtenstein-Kritik: "Der Fürst ist Staatsoberhaupt und mit seiner Familie auch noch Besitzer der größten Bank, LGT, in Liechtenstein. Das klingt nach Interessenkonflikt – weil es einer ist", erklärt Böhmermann und kritisiert zum Schluss noch Liechtenstein als Steuerwohlfühloase für Superreiche.
"Ein Land, über das irgendwie nie jemand redet", kritisierte Böhmermann eingangs und lag damit nicht so ganz richtig. Denn natürlich hat die Redaktion des "ZDF Magazin Royale" all die Fakten nicht von Null auf selbst recherchiert, sondern sich bei diversen Medien bedient, also bei Menschen, die eben schon einmal über Liechtenstein geredet, beziehungsweise geschrieben haben. Böhmermann und sein Team haben all das lediglich noch einmal in komprimierter Form wiedergegeben. Ist das schlimm? Natürlich nicht. Hätte Böhmermann so viele Kritikpunkte, wenn auch andere, bei jedem anderen Land auch finden können? Mit Sicherheit. Relativiert das irgendetwas über Liechtenstein? Nein.
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