Korruption, Bestechung, Vorteilsnahme: Der Weltfußballverband Fifa hat sich durch den jüngsten Skandal wieder einmal selbst in ein schlechtes Licht gerückt. Aber wie sauber ist eigentlich der deutsche Sport? Der Sportrechtler Johannes Arnhold sagt, Interessenkonflikte seien auch künftig "nicht gänzlich auszuschließen".

Ein Interview

Herr Arnhold, gibt es im deutschen Sport Korruption?

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Johannes Arnhold: Gegenfrage: Was ist überhaupt unter Korruption im Sport zu verstehen? Juristisch ist der Begriff jedenfalls nicht eindeutig definiert. Das deutsche Strafrecht kennt keine übergreifende Korruptionsstrafvorschrift, sondern sanktioniert in verschiedenen Straftatbeständen, etwa mit Bestechlichkeit und Vorteilsnahme im Amt oder verschiedenen Betrugsdelikten. Daneben treten verstärkt verbandsinterne Compliance-Regelungen, das heißt Bestimmungen zur Regeltreue. Das kann also Funktionäre und Politiker, aber auch Athleten, Betreuer oder Schiedsrichter gleichermaßen betreffen.

Welche Fälle von Korruption gab es hierzulande?

Wenn man sich nun allein im Fußball die Manipulationen im Rahmen des Bundesligaskandals aus den 1970ern oder den Wettskandal um den Schiedsrichter Robert Hoyzer anschaut, steht fest, dass der deutsche Sport nicht korruptionsfrei war. Vor diesem Hintergrund und durch die bestehende Gemengelage von Wirtschaft, Politik, Sport und Medien sind Interessenskonflikte auch weiterhin nicht gänzlich auszuschließen.

Welche Sportarten sind besonders anfällig für Korruption und warum?

Natürlich erstmal jene, in welche das meiste Geld fließt. Über allem thront damit der Fußball. Allerdings stehen medienstarke Sportarten wie Fußball oder auch der Wintersport unter strenger Beobachtung der Öffentlichkeit. Unregelmäßigkeiten fallen unmittelbar auf. Zudem gibt es in den mitgliederstarken Verbänden auch eine größere Basis und damit in der Regel auch mehr Transparenz. Schließlich wissen die Verbände um die Negativwirkung von Korruptionsskandalen und versuchen dem mit Präventionsmaßnahmen entgegenzuwirken. Auch die Fifa hat ja eine eigene Compliance- und Audit-Kommission eingerichtet. Man darf nicht vergessen, dass die WM-Vergaben 2018 und 2022 ja bereits umfänglich auf Unregelmäßigkeiten hin geprüft worden sind. Es stellt sich natürlich immer die Frage der Glaubwürdigkeit von verbandsinternen Organen.

War die WM-Vergabe 2006 nach Deutschland sauber? Es soll einen zwielichtigen Rüstungsdeal mit Saudi-Arabien gegeben haben kurz vor der Entscheidung und weitere Wirtschaftsdeals.

Ich gehe davon aus, dass alles sauber gelaufen ist. Soweit ich weiß, gibt es auch keinerlei fundierte Anhaltspunkte oder behördliche Ermittlungen in diese Richtung. Schauen Sie: Die aktuellen Ermittlungen der Schweizer Behörden sind richtig, weil sie die Vergaben für die Weltmeisterschaften 2018 beziehungsweise 2022 verbandsunabhängig unter die Lupe nehmen, nachdem Fifa-intere Prüfungen trotz einiger Verdachtsmomente keinerlei gravierende Verstöße ans Tageslicht gebracht haben. Man sollte aber aus den laufenden Ermittlungen der Schweizer Behörden keine vorschnellen oder gar falschen Schlüsse auf andere Vergaben ziehen.

Der DFB hat sich im Fall Blatter ja sehr vorsichtig positioniert. Weil er selber etwas zu verbergen hat?

Zunächst hat DFB-Präsident Wolfgang Niersbach zur verbandsrechtlichen Personalie Sepp Blatters als Fifa-Präsident und zu notwendigen Reformen innerhalb der Fifa Stellung bezogen. Der offene Brief, den er an alle Mitgliedervereine verschickt hat, enthält aus meiner Sicht gute Vorschläge, auch wenn dies durch die Medien teilweise anders bewertet worden ist. Im Übrigen geht es ja um laufende strafrechtliche Ermittlungen durch FBI beziehungsweise Schweizer Behörden, deren Ergebnisse man wohl erstmal abwarten möchte.

Wie könnte man für mehr Transparenz sorgen?

Den größten Reformbedarf sehe ich natürlich bei der Fifa. Im Mittelpunkt sollten hier eine Transparenz bei zukünftigen WM-Vergaben sowie die Änderung des Abstimmungssystems stehen. Dass alle 209 Mitgliedsverbände über jeweils eine Stimme verfügen, vereinfacht aus meiner Sicht die Beeinflussung bestimmter Entscheidungen durch Außenstehende. Hier wäre eine Stimmgewichtung entsprechend der Größe des Mitgliedsverbands sinnvoll. Darüber hinaus sollten die Verbände strengere Compliance-Regeln einführen beziehungsweise deren Einhaltung durch unabhängige und glaubwürdige Instanzen gewährleisten. Zum Teil ist man hier bereits auf einem guten Weg.

Wie sieht es in Deutschland aus?

Beim DFB gibt es einen Anti-Korruptionsbeauftragten; bei der DFL einen externen Ombudsmann, der auch anonyme Hinweise auf Spielmanipulationen überprüft. Zudem muss diskutiert werden, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen auch der Gesetzgeber gefragt ist. Bundesjustizminister Maas hat bereits angekündigt, neben dem Anti-Doping-Gesetz auch ein Gesetz zur Bekämpfung von Manipulationen auf den Weg zu bringen, das spezifische Manipulationen im Sport unter Strafe stellen könnte.

Also stehen wir im weltweiten Vergleich eigentlich ganz gut da?

Ja, weil wir durch unser verhältnismäßig fortschrittliches Rechtssystem eine bessere Ausgangslage haben. Ein Weltverband wie die Fifa muss außerdem alle seine Mitglieder unter einen Hut bekommen, von denen einige rechtstaatliche nicht so gut da stehen. Dadurch wird Korruption unter Umständen begünstigt.

Johannes Arnhold ist Anwalt für Sport- und Medienrecht, Universitätsdozent und einer der Autoren des Lehrbuchs Sportrecht. Er betreibt einen Blog (http://blog-sportrecht.de), auf dem er regelmäßig zu sportrechtlichen Fragen Stellung bezieht.
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