Bundeskanzlerin Angela Merkel berät mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer das weitere Vorgehen bezüglich des Aufhebens von Zwangsmaßnahmen in der Coronakrise. Unser Überblick zeigt, worum es am 6. Mai geht.
Viele Bundesbürger verlieren angesichts der zum Schutz vor einer Infektion mit dem Coronavirus noch immer geltenden Einschränkungen im öffentlichen Leben die Geduld. Die Rufe nach weiteren Lockerungen der Zwangsmaßnahmen werden täglich lauter.
Bundeskanzlerin
Auf der Agenda stehen folgende Themenbereiche:
- Weitere Öffnung von Schulen und Kindertagesstätten
- Öffnungen von Gaststätten, Cafés und Hotels
- Wiederaufnahme des Spielbetriebs der Fußball-Bundesliga
Weitere Öffnung von Schulen und Kindertagesstätten
Millionen von Eltern - und auch deren Kinder - sehnen sich nach der Rückkehr in einen normalen Schul- und Betreuungsbetrieb. Bundesweit ist dieser in weite Ferne gerückt.
Bayerns Kultusminister Michael Piazolo gab nach einer Kabinettsitzung bekannt, alle bayerischen Schüler sollten Mitte Juni wieder in die Schule gehen können, aber nur, "wenn das Infektionsgeschehen es zulässt."
Es solle geteilte Klassen und kleine Gruppen geben mit höchstens 15 Schülern. Außerdem sollten sich Präsenzphasen mit Lernen zu Hause abwechseln, damit Klassen im Wechsel in der Schule sind.
Angesichts vorliegender Studien-Ergebnisse zum Grad der Ansteckung mit dem Coronavirus durch Kinder und Jugendliche hatte zuvor das Team um den Berliner Virologen
Auf dieser Grundlage schloss sich auch der SPD-Gesundheitsexperte
Lauterbachs Parteichefin
Kanzleramtschef
Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" veröffentlichte vorab die Vorschläge der Familienminister zur Wiederherstellung einer Kita-Normalität. Sie soll in vier Stufen erfolgen.
Öffnungen von Gaststätten, Cafés und Hotels
Bezüglich der Öffnung gastronomischer Betriebe, betonte Merkel, es gehe darum, Perspektiven aufzuzeigen.
Dreyer forderte, "vor allem den Gastronomen" klar zu sagen, "womit sie rechnen können, wenn das Infektionsgeschehen weiterhin niedrig bleibt."
Nötig sei ein Stufensystem mit klar nachvollziehbaren Regeln: "Wenn die Fallzahlen klein bleiben, dann können wir Gaststätten wieder öffnen - wenn die Gastronomen ein Hygienekonzept haben und die Gäste sich an die Regeln halten."
Wiederaufnahme des Spielbetriebs der Fußball-Bundesliga
Der Spielbetrieb der Fußball-Bundesliga wurde nach dem 25. Spieltag eingestellt. Seit dem nachgeholten "Geisterspiel" zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln am 11. März rollte kein Ball mehr.
Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) hat ein umfassendes Konzept vorgelegt, wie unter Einhaltung der notwendigen Sicherheits- und Schutzmaßnahmen wieder Fußball gespielt werden könne. Im Gespräch ist der 15. Mai.
Voraussetzung dafür sind regelmäßige Tests der Mannschaften und ihrer Trainer und Betreuer auf Infektionen mit dem Coronavirus. Diese fielen bezüglich der Absicht, wieder Fußball zu spielen, positiv aus.
Bei rund 1.700 Tests, so informierte die DFL, hätten sich bei den 36 Profi-Vereinen von der Bundesliga bis hinab zur 3. Liga zehn Infektionen herausgestellt. Eine zweite Testwelle sei "bereits angelaufen".
Zeitgleich aber torpedierte ein Video aus dem Kabinen-Bereich von Hertha BSC alle Bemühungen der Offiziellen, dem Profifußball in der Coronakrise eine neue Perspektive zu eröffnen.
Herthas Salomon Kalou filmte die Verletzung elemanterer Schutzgebote in Zeiten der Corona-Pandemie. Dieser Blick hinter die Kulissen liefert allen Kritikern an einer möglichen Spezialbehandlung der Bundesliga und der Fortsetzung der Fußballsaison in Deutschland neue Nahrung.
Sehr zum Missfallen der DFL: "Die Bilder von Salomon Kalou aus der Kabine von Hertha BSC sind absolut inakzeptabel", kommentierte sie die Aktion in einem Tweet. "Hierfür kann es keine Toleranz geben – auch mit Blick auf Spieler und Clubs, die sich an die Vorgaben halten, weil sie die Ernsthaftigkeit der Situation erfasst haben."
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder wurde auf Kalous Verhalten angesprochen. Er verurteilte es: "Da macht die Liga hervorragende Konzepte, und dann gibt es Einzelspieler, wie jetzt zu lesen war, die sich sehr, sehr, sehr unglücklich verhalten. Ich finde auch gut, dass Profivereine sehr hart dagegen entscheiden, weil das bringt das ganze Konzept in Verruf."
Merkel und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer müssen die Ernsthaftigkeit der Situation am 6. Mai einmal mehr neu bewerten, um bezüglich von Lockerungen daraus angemessene Schlüsse zu ziehen.
Angela Merkel fordert Obergrenze bei Neu-Infektionen
Merkel will sich nach Informationen der "Bild"-Zeitung für eine Obergrenze bei Neu-Infektionen einsetzen, ab der wieder zu den bisherigen harten Maßnahmen zurückgekehrt werden soll.
Das Bundeskanzleramt wolle die anstehenden Lockerungsbeschlüsse mit einem Vorbehalt verbinden: Sollte eine Obergrenze von Neu-Infektionen überschritten werden, müssen die Öffnungen regional zurückgenommen werden.
Konkret hieße das: Wenn ein Landkreis innerhalb von sieben Tagen mehr als 35 Neu-Infektionen auf 100.000 Einwohner zu verzeichnen habe, die nicht an einem Ort wie einem Altenheim aufträten, müsse der Landkreis zu den Beschränkungen zurückkehren, die am 20. April in Kraft waren.
RKI nennt Parameter zur Beurteilung der Corona-Lage
Welche Parameter bei der Annullierung von Zwangsmaßnahmen aus virologischer Sicht zu beachten sind, erläuterte Lothar Wieler, Präsident des Robert-Koch-Instituts.
- Übertragbarkeit: "Wir nennen das Transmission. Dabei spielt der Faktor R eine Rolle, zudem die Gesamtzahl der gemeldeten Fälle, also die Häufigkeit von Infektionen."
- Schwere der Krankheit: "Dabei geht es um deren Verlauf." Und um die Frage, welche Patienten Lungenentzündungen aufwiesen und klinisch behandelt werden müssten.
- Kapazität im Gesundheitssystem: Dabei gehe es laut Wieler einerseits um die Versorgung mit Intensivbetten und Beatmungsgeräten. Andererseits stelle sich die Frage: "Wieviele Ausbrüche können die lokalen Gesundheitsbehörden noch managen? Wieviele Tests stehen noch zur Verfügung?"
Wieler aber wies darauf hin, er wisse nicht, "welche Entscheidungen vor Ort mit welchen Parametern getroffen werden. Das müssen die Player lokal, vor Ort entscheiden. Wenn wir lockern, steigt die Gefahr von neuen Infektionen."
Außerhalb des Gesundheitssektors fließen in die Entscheidungen der Bundesregierung und der Landesregierungen vor allem die beiden folgenden Faktoren ein:
- Wirtschaftskraft: Infolge der Coronakrise steht Deutschland vor der bisher schwersten Rezession der Nachkriegsgeschichte. Die Bundesregierung rechnet damit, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal um elf Prozent zurückgeht, im Gesamtjahr um 6,3 Prozent. Im nächsten Jahr geht es laut Frühjahrsprojektion zwar wieder bergauf. Erst 2022 dürfte die Wirtschaftskraft wieder das Niveau vor der Krise erreicht haben.
- Arbeitsmarkt: Die Bundesregierung rechnet mit einer steigenden Arbeitslosigkeit. Unterbrochene Lieferketten belasten vor allem den deutschen Export. Aber auch der private Konsum bricht ein. Die Unternehmen investieren deutlich weniger, auch die zuletzt boomende Nachfrage nach Bauinvestitionen geht zurück.
Diese Corona-Regeln gelten derzeit
Bevor Merkel und die Länderchefinnen und -chefs im Anschluss an die aktuelle Bewertung der Situation im Land ihre daraus erfolgten Schlüsse verkünden, hier eine Übersicht der derzeit gültigen Regeln:
- Viele Spielplätze sind wieder offen. In Bayern dürfen sie ab Mittwoch (6. Mai) wieder geöffnet werden. In manchen Bundesländern müssen sich Kinder noch ein paar Tage gedulden.
- Gottesdienste sind unter Auflagen wieder möglich. Das gilt auch für Taufen, Beschneidungen, Trauungen und Trauerfeiern im kleinen Kreis.
- Museen, Ausstellungen, Gedenkstätten, Zoos und botanische Gärten haben unter Auflagen wieder geöffnet. Mecklenburg-Vorpommern zieht diesbezüglich am 11. Mai nach.
- Friseure sind mit Einschränkungen wieder geöffnet.
- In ganz Deutschland muss beim Einkaufen und im Öffentlichen Personennahverkehr ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden.
- Kleinere Geschäfte sind geöffnet, die Begrenzung auf 800 Quadratmeter gilt nicht mehr in allen Bundesländern.
- Großveranstaltungen wie Volksfeste, größere Konzerte oder Messen bleiben bis mindestens 31. August 2020 untersagt.
- Bars, Kneipen und Diskotheken sind weiterhin geschlossen.
- Für Restaurants ist bislang nur der Außer-Haus-Verkauf erlaubt, allerdings wurden auf Länderebene bereits Lockerungen angekündigt. So soll in Niedersachsen der Betrieb am 11. Mai wieder anlaufen, in Sachsen-Anhalt am 22. Mai. In Bayern dürfen Außenbereiche am 18. Mai, Speiselokale im Innenbereich am 25. Mai wieder geöffnet werden.
- Hotels und Ferienhäuser sind in der Regel geschlossen. Niedersachsen will noch im Mai Besuche ermöglichen, Bayern erlaubt diese ab dem 30. Mai. In Sachsen-Anhalt dürfen vom 15. Mai an wieder Ferienhäuser und -wohnungen an Einheimische vermietet werden.
- Arbeitnehmer mit Erkältungsbeschwerden können sich bis mindestens 18. Mai per Telefon vom Arzt krankschreiben lassen.
- Bis mindestens 10. Mai ist der Aufenthalt im öffentlichen Raum entweder nur mit Angehörigen des eigenen Haushalts oder mit einer anderen Person erlaubt. Bayern lockert diese Regelung: Ab Mittwoch, 6. Mai, ist es erlaubt, eine Person außerhalb des eigenen Hausstands auch zu besuchen sowie enge Familienangehörige zu treffen oder zu besuchen.
- In Sachsen-Anhalt dürfen sich bis zu fünf statt zwei Personen treffen, in Sachsen darf sich eine Familie oder Wohngemeinschaft mit einem anderen Paar treffen.
- Zu Menschen, die nicht im eigenen Haushalt leben, muss ein Abstand von mindestens 1,5 Metern eingehalten werden.
- Auf Reisen soll weiterhin verzichtet werden. Für Auslandsreisen gilt bis mindestens Mitte Juni die weltweite Reisewarnung.
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Dreyer mahnte im Gespräch mit "Der Welt" die teils verloren gegangene Einigkeit der Bundesländer an. "Wichtig bleibt, dass die Länder im Grundsatz gemeinsam entscheiden." Bei den Auslegungen der Beschlüsse gebe es in den jeweiligen Rechtsverordnungen den Freiraum, auf Besonderheiten in den Bundesländern einzugehen.
Aus den Reihen der Bundes-Opposition erklangen klare Forderungen. Grünen-Chefin Annalena Baerbock machte sich für eine Konzentration auf die Situation von Familien und Kindern stark.
Linda Teuteberg, Generalsekretärin der FDP, erwartet von der Bundesregierung vor allem, dem wirtschaftlichen Ernst der Krise gerecht zu werden.
Katja Kipping, Co-Vorsitzende der Linken, bemängelte in einem Kommentar im "Tagesspiegel": "Was uns die Lockerungslobby als Exitstrategie verkauft, führt uns nicht raus aus der Coronakrise, sondern nur rein in eine zweite besonders heftige Infektionswelle und stellt die Wirtschaftskrise auf Dauer."
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