• Die Verbindungen von AfD-Politikern in die verfassungsfeindliche Reichsbürger-Szene haben eine Debatte über den Umgang mit der AfD ausgelöst.
  • Von SPD-Politikern, Grünen und Linken wird die Prüfung eines Parteiverbots gefordert.
  • CDU-Chef Friedrich Merz stellt sich gegen diese Vorschläge.

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Die frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann sitzt in Untersuchungshaft. Ihr wird vorgeworfen, gemeinsam mit 24 Reichsbürgern einen Staatsstreich geplant zu haben. Der Fall legt verfassungsfeindliche Tendenzen in Teilen der AfD offen und hat deshalb eine Debatte über ein Parteiverbot ausgelöst.

CDU-Chef Friedrich Merz lehnt ein solches Verbot strikt ab: "Ich halte von solchen Verbotsverfahren gar nichts", sagte er dem Sender Welt. "Die organisieren sich am nächsten Tag neu und sind in einer anderen Partei. Und dann geht das Spiel von vorne los", sagte er. Nötig sei eine politische Auseinandersetzung, keine juristische.

Zuvor hatte sich Thüringens Innenminister Georg Maier von der SPD für ein Verbot ausgesprochen und der taz gesagt: "Die AfD verheimlicht kaum noch, dass sie versucht, unsere freiheitlich demokratische Grundordnung zu beseitigen. Sie strebt ja nicht nach demokratischen Mehrheiten im Parteienwettbewerb, sondern sie möchte dieses System überwinden." Der Landeschef der SPD in Thüringen hatte bereits 2020 ein solches Verbot gefordert. In Thüringen ist Björn Höcke Landeschef der AfD, ein Vertreter des rechtsextremen Flügels.

Grüne und Linke zeigen sich offen für Parteiverbot

Anders als 2020 bekommt Maier nun auch Zuspruch aus den Reihen der Grünen. Die Vorsitzende Ricarda Lang sagte dem Sender Welt, ein AfD-Verbot dürfe kein Tabu sein. "Das muss sehr genau geprüft werden. Denn was wir durchaus sehen, ist, dass der Rechtsextremismus einen parlamentarischen Arm hat. Und das ist die AfD." In der Sache gebe es gute Gründe für ein Verbot: "Da ist eine Partei, die diese Demokratie und am Ende auch dieses Land zutiefst verachtet. Die sich gerade zum Sprachrohr von Wladimir Putin macht."

Auch aus der Linken heißt es, man solle "darüber sprechen, ob die juristischen und politischen Voraussetzungen dafür vorliegen, ein AfD-Verbot in Angriff zu nehmen". Das sagte die innenpolitische Sprecherin der Partei, Martina Renner, der taz.

Der Vorwurf der Verbotsbefürworter ist also: Die verhaftete Malsack-Winkemann ist kein Einzelfall, sondern die ganze Partei ist verfassungsfeindlich. Tatsächlich wurde im Zuge der Reichsbürger-Ermittlungen neben der verhafteten Ex-Abgeordneten mit Astrologin Hildegard L. mindestens ein weiteres AfD-Mitglied verhaftet. L. baute für die Partei den Ortsverband Heppenheim auf. In Sachsen wurde außerdem Christian W. festgesetzt, ein ehemaliger Stadtrat der AfD in Olbernhau.

Chrupalla distanziert sich von Reichsbürgern: "Spinner"

Reicht das für ein Parteiverbot? Dabei hilft ein Blick auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2017, als das Gericht ein Verbot der NPD ablehnte. Es legte zwei Kriterien fest, die für ein Verbot gegeben sein müssen. Erstens: Die Partei muss eine Machtoption haben. Zumindest in Thüringen, wo die AfD in Umfragen bei 30 Prozent stärkste Kraft ist, wäre das gegeben. Das zweite Kriterium lautet: Die Ziele sowie die Ideologie der Partei müssen gegen die vom Grundgesetz geschützte Menschenwürde verstoßen.

Ob der zweite Punkt für die ganze Partei gilt, ist umstritten. AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla sagte in der Sendung "RTL Direkt", es gebe keine engen Verbindungen seiner Partei zu den sogenannten Reichsbürgern. Die AfD habe "mit diesen Spinnern überhaupt nichts zu tun". Tendenziell sei es zu begrüßen, dass der Staat gegen "Reichsbürger" durchgreife. Aber im konkreten Fall von einem Staatsputsch zu sprechen, "davon kann ja hier mittlerweile keine Rede mehr sein", schränkte er ein.

Auf die Frage, wie die AfD mit der festgenommenen Malsack-Winkemann umgehen werde, sagte er, wenn sich der Vorwurf bestätigen sollte, würden die nötigen Konsequenzen gezogen. Auf die Nachfrage, ob dies dann zum Parteiausschluss führe, sagte Chrupalla: "Absolut." Wer sich zur Reichsbürgerszene bekenne, habe in der AfD nichts zu suchen.

Die Reichsbürger-Razzia hat also zumindest dazu geführt, dass die AfD sich öffentlich von den Umsturzplänen und der Ideologie der Reichsbürger distanziert. Sogar Björn Höcke soll laut Tagesschau Mitgliedern der AfD intern geraten haben, die eigenen Chatgruppen zu überprüfen. Davon gebe es viele, in denen es heißt, dass friedliches Demonstrieren zu nichts führe und "man nun zu anderen Mitteln greifen müsse". Höcke empfehle demnach, solche Gruppen zu verlassen. (lko/dpa)

Verwendete Quellen:

  • dpa
  • Tagesschau.de: AfD und "Reichsbürger"-RazziaDie einen schweigen, die anderen raunen
  • Taz: Linke über rechte Staatsstreichpläne: „Müssen ein AfD-Verbot prüfen“
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