Die CDU hat die Ergebnisse ihrer Mitgliederumfrage vorgestellt. Die Parteibasis wünscht sich vor allem mehr innere und äußere Sicherheit – aber auch ein stärkeres Zusammenrücken in Europa und eine bessere Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt.

Mehr aktuelle News

"Keine Experimente" ließ die CDU im Jahr 1957 auf ihre Plakate zur Bundestagswahl drucken. Doch der Slogan würde auch zur aktuellen Mitgliederumfrage der Partei passen. Die Begriffe Sicherheit, Freiheit, Frieden und Wohlstand gehörten jahrzehntelang zum Selbstverständnis der Christdemokratie. Und das ist offenbar auch im Jahr 2023 der Fall.

Die CDU arbeitet zurzeit an ihrem neuen Grundsatzprogramm. Vor einem Jahr begann der Prozess. Im kommenden Jahr soll das Programm fertig sein und der Partei – unabhängig von aktuellen Wahlkämpfen – als Wertefundament und Zielbeschreibung dienen. Es soll Antworten auf eine sehr grundsätzliche Frage geben: Wofür steht die CDU? Diese Frage zu beantworten, fiel nach 16 Jahren Bundesregierung offenbar auch vielen Mitgliedern schwer. Das ist innerhalb der CDU jedenfalls eine häufige Erklärung für die Niederlage bei der Bundestagswahl 2021. Um Antworten zu finden, hat die Parteiführung jetzt auch das Ohr an die Basis gehalten.

CDU-Mitgliederumfrage: Wichtige Ergebnisse im Überblick

17 Fragen sollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Mitgliederumfrage beantworten. Dabei konnten sie zwischen verschiedenen Antwortmöglichkeiten wählen und auch mehr als eine Antwort geben. Am Montag wurden die wichtigsten Ergebnisse vorgestellt:

  • 77,7 Prozent der CDU-Mitglieder finden es wichtig, dass sich die CDU an ihrem "C" orientiert, also an christlichen Werten. Aber was bedeutet das in der Praxis? Am häufigsten verbinden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Umfrage damit die Ziele Freiheit (82,5 Prozent), Schutz der Menschenwürde (80,7 Prozent), Respekt, Anstand und Fairness (80,3 Prozent) sowie Einsatz für den Frieden (71,6 Prozent).
  • Die drei wichtigsten Herausforderungen für Deutschland sind aus Sicht der CDU-Mitglieder die innere Sicherheit (von 83,8 Prozent genannt), die Energieversorgung (82,9 Prozent) und die Stärkung des Bildungssystems (73,4 Prozent).
  • Eine Mehrheit von 53,8 Prozent der Befragten ist der Meinung, dass Deutschland sich europäisch und international stärker engagieren sollte. 53,7 Prozent sprechen sich für eine stärkere Zusammenarbeit in Europa aus, 82,8 Prozent für eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Europa.
  • Um die Energieversorgung zu sichern, sprechen sich 55,4 Prozent der CDU-Mitglieder dafür aus, die Kernkraft dauerhaft zu nutzen. 66,1 Prozent finden es sinnvoll, in neue Technologien wie die Kernfusion zu investieren. 63,6 Prozent sind aber auch für einen deutlichen Ausbau der erneuerbaren Energien.
  • Familien in Deutschland brauchen aus Sicht der CDU-Mitglieder besonders die Unterstützung bei Pflege von Angehörigen (von 68,2 Prozent genannt) und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf (59,6 Prozent). Nur 10,2 Prozent der Befragten sind dafür, benachteiligte Familien finanziell stärker zu fördern. 69,1 Prozent sprechen sich stattdessen für eine bessere Förderung von benachteiligten Kindern in Kitas und Schulen aus.
  • Eine Anwerbung von ausländischen Fachkräften finden 37,8 Prozent der CDU-Mitglieder besonders wichtig. Interessant ist aber: 62,5 Prozent sprechen sich dafür aus, in Deutschland lebende Flüchtlinge besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
  • 83,6 Prozent der Befragten fordern eine Rückführung von abgelehnten Asylsuchenden. 72,2 Prozent wollen, dass die Aufnahme von Flüchtlingen stärker gesteuert und begrenzt wird.
  • Neue Schulden und höhere Steuern zur Finanzierung der Staatsausgaben lehnen jeweils große Mehrheiten der CDU-Mitglieder ab.

66.000 Mitglieder haben teilgenommen

Wirklich große Überraschungen sind nicht dabei. Man fühle sich im bisherigen Kurs bestätigt, sagt Carsten Linnemann am Montag. Überraschend ist für ihn aber, wie deutlich manche Antworten ausfallen: Dass etwa nur zehn Prozent der Mitglieder benachteiligte Familien durch stärkere finanzielle Leistungen unterstützen wollen. Linnemann findet das völlig richtig: Die individuelle Förderung von Kindern in Schulen und Kitas sei sinnvoller als Zahlungen "mit der Gießkanne".

Eine Baustelle bleibt für die CDU dagegen die Kommunikation mit ihrer Basis. Parteichef Merz will seine Mitglieder eigentlich stärker einbinden. "Man kann eine Partei nicht nur von oben führen, man muss sie auch von unten erneuern", sagt er am Montag.

Lesen Sie auch: Carsten Linnemann im Interview: "Mein Ziel ist es, die Vollkasko-Mentalität aufzubrechen"

Wie schwierig das noch ist, zeigt aber auch die Mitgliederumfrage: Alle rund 372.000 CDU-Mitglieder waren dazu aufgerufen, sich innerhalb von vier Wochen daran digital zu beteiligen. Etwa 240.000 wurden von der Partei direkt angeschrieben – diejenigen, von denen die CDU-Verwaltung eine E-Mail-Adresse hatte. Das ist also nicht bei allen Mitgliedern der Fall. "Das ist ein Thema, das wir auch an anderer Stelle intensiv bearbeiten", sagt Parteichef Friedrich Merz am Montag.

Rund 66.000 Mitglieder haben an der Umfrage teilgenommen. Also etwa ein Sechstel aller Mitglieder und ein Viertel derjenigen, die die Partei per E-Mail kontaktieren konnte. Zum Vergleich: 2022 hatten an der Abstimmung über den neuen Vorsitzenden mehr als 240.000 Mitglieder teilgenommen, entweder online oder per Brief.

Die Teilnahmequote wirkt also eher dürftig. Carsten Linnemann, Vorsitzender der Programmkommission, zeigt sich am Montag bei der Präsentation der Ergebnisse trotzdem begeistert. Der Fragebogen sei durchaus anspruchsvoll gewesen, offenbar hatte Linnemann mit deutlich weniger Teilnehmenden gerechnet. Jetzt spricht er von einem "sensationellen Ergebnis".

Verwendete Quellen:

  • grundsatzprogramm-cdu.de
  • Ergebnisse der Digitalen Mitgliederumfrage zum neuen CDU-Grundsatzprogramm
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.