• Mehr Geld für Verteidigung, Gesundheit und Klimaschutz, weniger für Landwirtschaft und Entwicklungshilfe: Bundesfinanzminister Christian Lindner hat seinen Entwurf für den Bundeshaushalt 2022 vorgestellt.
  • Lindner nimmt in diesem Jahr 99,7 Milliarden Euro neue Kredite sowie weitere 100 Milliarden Euro Schulden für ein Sondervermögen für die Bundeswehr auf.
  • Im kommenden Jahr will er die neuen Schulden dann deutlich begrenzen - trotz Widerstands aus der Ampel-Koalition.

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Christian Lindner kommt mit leichter Verspätung zur Pressekonferenz. Er bittet um Entschuldigung: Der Bundesfinanzminister war zuvor im Haushaltsausschuss des Bundestags – und da gab es wohl einige Fragen zu klären.

Der Minister präsentiert am Mittwochnachmittag die Eckpunkte für den Bundeshaushalt 2022. Er legt damit fest, wie die Bundesregierung ihre Ausgaben von 457,6 Milliarden Euro verteilt. Intensive Wochen habe man erlebt. "Dabei haben wir die Vorhaben der Koalition und uns selbst auch nochmal neu kennengelernt", sagt der FDP-Politiker mit einem Grinsen.

Er könnte auch sagen: Man hat sich in der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP ordentlich gestritten.

"Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen" – aber keine neuen Steuern und Schulden

Seit ihrem Beginn steht die Koalition vor einer großen Herausforderung. Die Ampel hat sich einerseits "ein Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen" vorgenommen: Es soll mehr Geld fließen in Klimaschutz und Digitalisierung, in marode Straßen und Schienen, in Landwirtschaft und Wohnungsbau. Gleichzeitig beharrt die FDP aber darauf, dass die Steuern nicht steigen und sich der Bund ab 2023 an die Schuldenbremse hält.

Hinzu kommen nun noch die gewaltigen Folgen von Russlands Krieg in der Ukraine: In die Bundeswehr will die Regierung dauerhaft mehr investieren. Zudem verspricht sie, Bürgerinnen und Bürger angesichts der massiv steigenden Energiepreise zu entlasten. Kurz vor Lindners Auftritt hat die Ampel-Koalition verkündet, dass sie den geplanten Heizkostenzuschuss für Geringverdiener verdoppeln will. Überall wird Geld gebracht – und zwar viel.

Mehr Geld für Verteidigung, Klimaschutz und Gesundheit

Lindners Entwurf legt auch fest, wie groß die Haushalte der einzelnen Bundesministerien in diesem Jahr ausfallen. Die Höhe dieser Etats spiegelt die allgemeine politische Lage wider. Um 7,3 Prozent wächst zum Beispiel der Haushalt des Verteidigungsministeriums auf 50,3 Milliarden Euro. Das geplante 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr ist da nicht eingerechnet – diese Summe kommt also noch hinzu.

Über ein Plus für ihre Häuser können sich auch Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (plus 6,7 Prozent) und Gesundheitsminister Karl Lauterbach freuen (plus 5,4 Prozent). Klima- und Corona-Krise lassen grüßen.

Viele Ministerien müssen mit weniger Geld auskommen

Ein deutliches Minus steht bei den Ministerien für Inneres und Heimat (minus 19 Prozent) sowie beim Umweltressort (minus 17,5 Prozent). Finanzstaatssekretär Werner Gatzer erklärt das mit dem Umstand, dass diese Häuser Aufgaben an das neugeschaffene Bauministerium beziehungsweise an das Wirtschafts- und Klimaministerium abgeben mussten.

Insgesamt dürfte der Haushalt aber für Diskussionen sorgen. Mit weniger Geld müssen zum Beispiel auch Entwicklungsministerin Svenja Schulze und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir auskommen. Dabei hat die Ampel-Koalition gerade für die Transformation der Landwirtschaft eigentlich große Pläne.

Der riesige Haushalt von Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (160 Milliarden Euro) bleibt zwar mit weitem Abstand der größte Posten. Doch auch hier steht ein Minus von 2,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dabei will die Koalition eigentlich Hartz IV gegen ein neues Bürgergeld ersetzen. Lindner geht aber nicht davon aus, dass das noch in diesem Jahr passieren wird.

Lindner will an Schuldenbremse festhalten

Die Finanzpolitik besitzt Sprengkraft für die Koalition – das war schon vor einigen Wochen aus den Reihen von SPD und vor allem den Grünen zu hören. Die Folgen des Kriegs in der Ukraine verschärfen die Lage nun noch. Lindner weiß, dass er noch einmal nachsteuern muss – und kündigt am Mittwoch einen Ergänzungshaushalt an. Der sei nötig für weitere Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger. Einzelheiten nennt er aber noch nicht: Es sei unklar, wie sich die Lage in den kommenden Wochen und Monaten entwickelt.

In diesem Jahr ist die Schuldenbremse des Grundgesetzes ausgesetzt. Deswegen kann Lindner 2022 noch einmal 99,7 Milliarden Euro an Krediten aufnehmen. Im kommenden Jahr soll es dem Bundesfinanzministerium zufolge bei Schulden von 7,5 Milliarden Euro bleiben.

Der Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler spricht sich am Mittwoch dafür aus, die Schuldenbremse auch 2023 auszusetzen, damit der Bund mehr Schulden aufnehmen kann. Dem erteilt Lindner aber eine Absage: Er halte es für falsch, die Schuldenbremse in Frage zu stellen. Für ihn ist sie weiterhin eine Leitplanke: "Das ist ein Befehl unserer Verfassung an den Gesetzgeber."

Quellen:

  • Pressekonferenz von Bundesfinanzminister Christian Lindner in der Bundespressekonferenz
  • Deutsche Presse-Agentur
  • Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2022
  • Bundesfinanzministerium.de: Stabilität sichern, Gestaltungsspielraum bewahren - Zweiter Regierungsentwurf des Bundeshaushalts 2022 sowie Eckwerte für den Bundeshaushalt 2023 und den Finanzplan bis 2026
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