In Deutschland ist sie seit 2009 in der Verfassung festgeschrieben. Gerade wurde sie erst durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt und noch strenger ausgelegt als bisher. In anderen Ländern gibt es ähnliche Instrumente.

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Lange galt sie als unantastbar. Unter dem früheren Finanzminister Wolfgang Schäuble wurde sie gar berühmt und immer wieder mit der schwäbischen Hausfrau verglichen, die penibel darauf achtet, nur das auszugeben, was sie einnimmt. Die Rede ist von der Schuldenbremse. Erst kürzlich hat das Bundesverfassungsgericht ihre Auslegung geschärft und damit der Ampel-Regierung einen heftigen Strich durch die Rechnung gemacht. Der geplante Haushalt kann nicht so finanziert werden, wie es zuvor geplant war. Seither wird über eine Reformierung oder gar Abschaffung der Schuldenbremse gestritten.

Die Schuldenbremse ist seit 2011 in Artikel 115 des Grundgesetzes verankert. Sie legt fest, dass sich der Bund pro Jahr um höchstens 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) neu verschulden darf. Das Bruttoinlandsprodukt gibt die komplette Wirtschaftsleistung eines Staates in einem Jahr an. Ausnahmen sind nur in Jahren mit Naturkatastrophen oder "außergewöhnlichen Notsituationen" erlaubt.

Zahlreiche Experten sprechen sich dafür aus, die Regel zu reformieren, beispielsweise der Wirtschaftsexperte Gustav Horn. Der Wirtschafsweise Achim Truger erklärte in einem Interview mit unserer Redaktion bezüglich der Schuldenbremse: "Das Ausland schaut einigermaßen perplex auf Deutschland und seine Regeln, mit denen sich die Finanzpolitik selbst ins Knie schießt."

Stimmt das? Wie wird das Thema Schulden im Ausland gehandhabt?

Frankreich – Staatsverschuldung: 111,8 Prozent des BIP

Frankreich hat im Gegensatz zu Deutschland keine Schuldenbremse und setzt seit jeher darauf, Investitionen durch Schulden zu finanzieren. Dadurch ist Frankreich eines der am stärksten verschuldeten Länder der EU geworden. Die Regierung wurde vom französischen Rechnungshof zuletzt ermahnt, mehr auf die Ausgaben zu achten. Die aktuelle Regierung hat daher vor, bis 2027 unter die von der EU vorgeschriebenen drei Prozent Finanzierungsdefizit zu kommen.

Großbritannien: Staatsverschuldung: 101,86 Prozent des BIP

Eine Schuldenbremse wie in Deutschland gibt es in Großbritannien zwar nicht, dafür aber fiskalische Ziele. Diese sehen vor, dass die Nettokreditaufnahme der öffentlichen Hand im fünften Jahr einer Schätzungsperiode nicht mehr als drei Prozent des BIP betragen darf. Außerdem gibt es einen Deckel für Sozialausgaben. Diese Ziele können aber im Notfall vom britischen Finanzministerium ausgesetzt werden.

Italien: Staatsverschuldung: 144,41 Prozent des BIP

Italien hat eigentlich eine Schuldenbremse, die dem deutschen Modell sehr ähnlich ist und den Richtlinien der EU entspricht. Allerdings lässt das dortige Gesetz viel Spielraum für Interpretationen und Ausnahmen, die die Regierenden gerne nutzen. Die Regierungschefs setzen beim Aushebeln auf die Ausnahme bei "außergewöhnlichen Ereignissen". Diese können durch eine absolute Mehrheit im Parlament festgestellt werden und sind damit für die Regierungsparteien eine gute Möglichkeit den engen Rahmen der Schuldenbremse zu umgehen.

So ist der Schuldenberg seit der Einführung der Schuldenbremse 2012 gestiegen statt weniger zu werden und hat Italien auf eine der Spitzenpositionen in Sachen Staatsverschuldung innerhalb der EU gebracht.

Die EU: Staatsverschuldung: 83,1 Prozent des BIP

Auch wenn jedes Land in der EU eigene Regelungen zum Thema Schulden hat, gibt es einen Rahmen, den die EU verordnet. So soll jedes Land nicht mehr Schulden aufhäufen als 60 Prozent der eigenen Wirtschaftsleistung. Außerdem darf das Finanzierungsdefizit nicht mehr als drei Prozent des BIP betragen. Diese Regelung ist allerdings aufgrund der Corona-Pandemie und des russischen Angriffskrieges in der Ukraine bis 2024 ausgesetzt. Und tatsächlich betragen die durchschnittlichen Staatsschulden in der EU 83,1 Prozent des BIP.

Aktuell wird über eine Reformierung der Schuldenregelung debattiert. Die Kommission überlegt, den Schuldenabbau individueller für jedes Land zu gestalten. Die Bundesregierung spricht sich dagegen für eine einheitliche Regelung aus, die allen Mitgliedern klare und strenge Vorgaben macht. Hochverschuldete Länder wie Frankreich sind gegen eine einheitliche Regelung.

USA: Staatsverschuldung: 121,3 Prozent des BIP

Die Staatschulden sind in den USA immer wieder ein Politikum. Dort gibt es seit mehr als 100 Jahren die Regelung, dass der Kongress die Obergrenze für Schulden festlegt.

Diese Grenze wird allerdings immer wieder heißt diskutiert. Zuletzt diesen Herbst, als die Republikaner damit drohten die Regierung still zu legen, indem sie der Aufnahme neuer Schulden nicht zustimmen wollte. Dann wäre die größte Volkswirtschaft der Welt zahlungsunfähig gewesen. Der festgelegte Schuldendeckel von ungefähr 31,4 Billionen US-Dollar (umgerechnet etwa 28,9 Billionen Euro) war bereits Anfang des Jahres erreicht worden.

Schweiz: Staatsverschuldung: 27,1 Prozent des BIP

Artikel 126 der schweizerischen Bundesverfassung regelt die Staatsverschuldung im Nachbarland. Dort steht: "Der Bund hält seine Ausgaben und Einnahmen auf Dauer im Gleichgewicht." Und das wird dort so genau eingehalten wie eines der berühmten Schweizer Uhrwerke. Im Gegensatz zu Deutschland darf in der Schweiz keinerlei strukturelle Neuverschuldung stattfinden. In Deutschland sind es immerhin 0,35 Prozent.

Auch die Zeit, in der neue Schulden ausgeglichen werden müssen ist in der Schweiz genau festgelegt. Im Normalfall muss die Rückzahlung innerhalb von drei Jahren erfolgen. Im Falle der Corona-bedingten Verschuldungen sind es immerhin sechs Jahre. In Deutschland ist die Zeit, in der ausgeglichen werden muss, nicht geregelt. Ausgenommen aus der Regelung sind lediglich die Schweizer Bundesbahnen (SBB). Sie dürfen Schulden aufnehmen.

Verwendete Quellen

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