Nach den Misstönen folgt der Schulterschluss: Donald Trump will mit Theresa May ein Freihandelsabkommen schließen. Zuvor war er die britische Premierministerin in einem Interview mit "The Sun" wegen ihres Brexit-Kurses scharf angegangen. Nach einem Besuch bei der Queen feuerte der US-Präsident weitere Attacken gegen Deutschland ab.

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Die USA und Großbritannien wollen nach den Worten der britischen Premierministerin Theresa May ein Freihandelsabkommen abschließen.

"Wir sind heute übereingekommen, dass wir ein ambitioniertes Freihandelsabkommen zwischen Großbritannien und den USA anstreben, wenn Großbritannien die Europäische Union verlässt", sagte May nach ihrem Treffen mit US-Präsident Donald Trump.

Danach empfing Queen Elizabeth II. den US-Präsidenten und First Lady Melania auf Schloss Windsor. Die 92 Jahre alte Monarchin begrüßte die beiden mit militärischen Ehren und zog sich wenig später mit ihnen zum Tee zurück.

Interview sorgt für Wirbel

Die Freihandels-Ankündigung kommt ein wenig überraschend. Denn noch kurz zuvor hatte der US-Präsident mit einem Zeitungsinterview in der britischen "The Sun" für große Missstimmung zwischen Washington und London gesorgt.

In dem Interview hatte Trump May massiv wegen ihrer Brexit-Politik kritisiert und gesagt, diese werde ein bilaterales Abkommen zwischen Washington und London "wahrscheinlich töten".

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz erklärte Trump nun, er habe May gar nicht kritisiert. Wie auch immer die britische Regierung den Ausstieg aus der Europäischen Union (EU) gestalte - für ihn sei dies in Ordnung. Alles andere sei "Fake News".

In dem Interview mit der Boulevardzeitung wirkt es so, als würde Trump klar das Lager der Brexit-Hardliner unterstützen, die sich gegen Mays Linie gestellt und mit Rücktritten eine Regierungskrise ausgelöst hatten.

Die Zeitung aus dem Medienimperium von Robert Murdoch, dem großer Einfluss auf Trumps Politik nachgesagt wird, hatte das kontroverse Interview am Donnerstagabend veröffentlicht.

Nach Angaben der Boulevardzeitung fand das Gespräch bereits am Mittwoch vor dem Nato-Gipfel statt.

Trump-Aussagen in "The Sun" sehr überspitzt wiedergegeben

In einem Audio-Mitschnitt des Interviews, das "The Sun" selbst veröffentlicht hat, ist zu hören, dass Trump in seinen Ausführungen keine so drastischen Worte gewählt hatte, wie sie das Boulevard-Magazin später veröffentlichte. Demnach soll Trump May bezüglich des Brexit vorgeworfen, sie habe "es verbockt". In der Tonaufnahme ist davon nichts zu hören.

In den betreffenden Passagen über die Brexit-Strategie der britischen Regierung sagte Trump: "Ich habe Theresa May tatsächlich gesagt, wie ich es machen würde. Aber sie sah das anders, sie hörte nicht auf mich."

Die britische Regierungschefin wollte "einen anderen Weg einschlagen. Aber das sei in Ordnung", fügte der US-Präsident an.

Viel Lob für Boris Johnson

Nichtsdestotrotz geht Trump in dem Interview die angeschlagenen Premierministerin hart an. Der US-Präsident ging sogar soweit zu sagen, dass der zurückgetretene Außenminister, May-Rivale und Brexit-Hardliner Boris Johnson ein "großartiger Premierminister" wäre.

Sowohl im konservativen Regierungslager als auch bei der oppositionellen Labour-Partei sorgten Trumps Attacken und Einmischungen in die britische Politik für Empörung.

"Wo sind Ihre Manieren, Herr Präsident?", schrieb Hochschulminister Sam Gyimah am Freitag im Kurznachrichtendienst Twitter.

Gute Miene zum bösen Spiel bei Trump und May

Beim öffentlichen Auftakt des Treffens waren Trump und May dann auch sichtlich bemüht, den Anschein von Normalität zu wahren.

Weder der US-Präsident noch die Premierministerin gingen auf den Eklat ein. Trump sagte, die Beziehungen zwischen den USA und Großbritannien seien "sehr, sehr stark".

Die britische Premierministerin erklärte, es gebe sehr viel zu besprechen. "Wir werden über die besondere Beziehung zwischen dem Vereinigten Königreich und den USA sprechen, die großartig ist."

Proteste gegen Trump

Unterdessen haben Proteste gegen den Besuch Trumps an Fahrt aufgenommen. Mehrere Demonstrationszüge setzten sich durch die Innenstadt in Marsch.

Aufgerufen dazu hatten unter anderem Gewerkschaften, Menschenrechtsaktivisten und religiöse Gruppen. Sie werfen Trump unter anderem Sexismus, Rassismus und Hass auf Homosexuelle vor.

Mit Slogans wie "Trump nicht willkommen" oder "Weg mit Trump" machen sie ihrem Unmut über den US-Präsidenten Luft.

Insgesamt wurden nach Abgaben der Initiative "Stop Trump" am Freitag etwa 100.000 Trump-Gegner in der britischen Hauptstadt erwartet.

Hunderte hatten sich bereits am Vormittag auf dem Parliament Square versammelt und beobachtet, wie ein etwa sechs Meter großer Helium-Ballon in Form eines Trump-Babys in Windeln über dem Platz schwebte.

Trump tritt gegen Merkel nach

Der US-Präsident übte erneute scharfe Kritik am Russland-Kurs Deutschlands. Die deutsche Zustimmung zum Bau der Pipeline Nordstream 2 sei "entsetzlich". "Ich denke, dass es ein furchtbares Ding ist, was da gemacht wird, wenn man Milliarden und Abermilliarden Dollar vor allem aus Deutschland und anderen Ländern, aber vor allem aus Deutschland, in die Kasse Russlands spült (...)."

Er wiederholte seine Kritik vom Nato-Gipfel, Deutschland beziehe bis zu 70 Prozent seiner Energie aus Russland. Die Vertretung der Bundesrepublik bei der Nato hatte bereits zuvor klargestellt, Deutschland beziehe nur 23 Prozent seines Energiebedarfs aus Russland.

Weitere Angriffe auf Deutschland

Trump erklärte auch, Deutschland habe als Reaktion auf einen Russland zugeschriebenen Nervengas-Angriff auf britischem Boden nur drei russische Diplomaten ausgewiesen. Tatsächlich hatte Deutschland vier Diplomaten ausgewiesen. Er verwies darauf, dass die USA als Reaktion auf die Attacke in Großbritannien 60 russische Diplomaten, die Washington für Spione hielt, ausgewiesen hat.

Der US-Präsident kritisierte erneut auch die Migrationspolitik der Bundesregierung. "Passt lieber auf Euch auf", riet er am Freitag den Europäern. Die Migration verändere die Kultur und verändere die Sicherheitslage. "Ich glaube nicht, dass das gut für Europa ist und auch nicht für unser Land", sagte Trump. May erklärte, Großbritannien sei stolz darauf, Einwanderer willkommen zu heißen. Dies müsse aber nach einem geregelten System ablaufen.

(szu/afp/mc/dpa)

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