Bei der fünften TV-Debatte der demokratischen Präsidentschaftsbewerber hat der Ton an Schärfe zugenommen – vor allem gegen Präsident Donald Trump. Mitfavorit Joe Biden leistet sich erneut einige Aussetzer, während Aufsteiger Pete Buttigieg überraschend zahm behandelt wird.

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Donald Trump mag es, im Mittelpunkt zu stehen. Auf die Aufmerksamkeit, die ihm die zehn demokratischen Präsidentschaftsbewerber bei der fünften TV-Debatte in Atlanta zuteil werden lassen, hätte er vermutlich gern verzichtet.

Wenige Stunden nach der Anhörung des amerikanischen EU-Botschafters Gordon Sondland, der Trump schwer belastete, ergriffen die Senatoren Elizabeth Warren, Bernie Sanders, Ex-Vizepräsident Joe Biden und Co. die Gunst der Stunde und gingen den Amtsinhaber frontal an.

Laut "NBC News" gab es so viele Angriffe gegen Trump wie in keiner anderen Debatte davor. Aber auch untereinander kämpften die Kandidaten teilweise mit harten Bandagen.

Was sagen die demokratischen Kandidaten zu Donald Trump?

Mitfavorit Bernie Sanders nannte Trump erneut einen "pathologischen Lügner" und den korruptesten Präsidenten der Geschichte. Allerdings warnte Sanders auch davor, sich zu sehr auf Trump zu fokussieren und dabei die Inhalte zu vernachlässigen. "Damit riskieren wir, die Wahl zu verlieren."

Senatorin Kamala Harris war der Meinung, dass ein Krimineller im Weißen Haus sitze, der ein kriminelles Unternehmen führe und dafür verantwortlich gemacht werden müsse. Fast poetisch drückte sich Pete Buttigieg, der Bürgermeister von South Bend/Indiana aus: Wenn Trumps Präsidentschaft vorbei sei, "geht die Sonne wieder auf."

Und Joe Biden? "Trump will nicht, dass ich nominiert werde", sagte er mit Verweis auf die Ukraine-Affäre und Trumps mutmaßlichen Versuch, den US-Wahlkampf zu beeinflussen. Biden schloss es aus, den Amtsinhaber nach Ende seiner Amtszeit anzuklagen, sollte er selbst Präsident werden. Das sei Aufgabe des Justizministers.

Wie hat sich Pete Buttigieg geschlagen?

Der Bürgermeister von South Bend im Bundesstaat Indiana ist durch seine überraschende Führung in den Umfragen in Ohio, wo Anfang 2020 die erste demokratische Vorwahl stattfinden wird, in den Fokus gerückt.

An ihn ging nach Warren und Sanders die dritte Frage der Moderatoren – noch vor Biden. Dementsprechend war im Vorfeld mit einer ganzen Reihe von Attacken gegen den Aufsteiger gerechnet worden. Die blieben aber weitgehend aus.

Und wenn, dann konterte Buttigieg – mit 37 Jahren das "Küken" im Kandidatenfeld – souverän. Die Abgeordnete Tulsi Gabbard warf ihm mangelnde Erfahrung in Washington vor. Er habe zumindest genug Urteilsvermögen, "um sich nicht mit einem mörderischen Diktator zusammenzusetzen", konterte Buttigieg mit Verweis auf ein Treffen zwischen Gabbard und dem syrischen Staatschef Assad.

Als ihn Senatorin Kamala Harris vorwarf, keinen Rückhalt unter afro-amerikanischen Wählern zu besitzen und kein Verständnis für die Diskriminierungen zu haben, denen sie täglich ausgesetzt sind, unterstrich Buttigieg seine Absicht, mehr mit schwarzen Menschen in Kontakt zu kommen.

Zudem verwies er auf seine eigene Erfahrung als offen homosexuell lebender Mann: "Ich habe die Erfahrung ein Fremder in meinem Land zu sein, die Nachrichten anzuschalten und meine Rechte in Frage gestellt zu sehen."

Wie war Joe Bidens Auftritt?

Der einst haushohe Favorit hat in der vergangenen Monaten durch einige fahrige Auftritte und womöglich auch durch die immer noch im Raum stehenden Korruptionsvorwürfe durch Donald Trump an Rückenwind eingebüßt. In der fünften Debatte hatte Biden einige starke Momente, etwa als er seine Erfahrung auf der internationalen Bühne anpries.

Er kenne jeden Präsidenten auf der Welt – "und sie kennen mich." Auch seine Kritik an den umfassenden Plänen von Sanders und Warren für eine Krankenversicherung für alle Amerikaner war fundiert: Biden stellte fest, dass die Vorhaben vermutlich keine Chance haben dürften, Abstimmungen im Repräsentantenhaus und Senat zu überstehen.

Das Problem für Biden war, dass er seine Schwächen auch dieses Mal nicht verbergen konnte: Schon im ersten Satz verhaspelte er sich. Später sprach er davon, wie wichtig es sei, mehr gegen Fehlverhalten gegenüber Frauen zu tun, etwa gegen sexuelle Gewalt. Seine Wortwahl ("we have to keep punching at misconduct toward women") wirkte in diesem Zusammenhang fehl am Platz. Später vergaß er, dass mit Harris eine zweite afro-amerikanische Frau in den US-Senat gewählt wurde. Biden konnte sich zunächst nur an eine erinnern.

Was passierte sonst noch im TV-Duell?

Solide Auftritte legten die linken Kandidaten Elizabeth Warren und Bernie Sanders hin. Beide machten klar, wo sie politisch stehen und dass sie echte Alternativen zu den moderaten Kandidaten sind: Warren will eine Reichensteuer einführen und die Kosten für Medikamente am ersten Tag ihrer Präsidentschaft senken.

Wie seine Konkurrentin befürwortete Sanders eine kostenlose Krankenversicherung für alle Amerikaner. "Jetzt ist die Zeit dafür", rief er mit fast bebender Stimme aus. Zudem erklärte Sanders seine Solidarität mit den rund elf Millionen Immigranten, die ohne Papiere in den USA leben – und die Trump am liebsten alle rauswerfen würde.

Was waren die lustigen Momente Abends?

Senatorin Amy Klobuchar aus Minnesota erklärte, dass sie für ihre Senatskampagne 17.000 Dollar von Ex-Freunden eingesammelt und damit einen Allzeit-Rekord aufgestellt habe. Gelächter im Publikum. Ein weiterer Außenseiter-Kandidat, Andrew Yang, konnte ebenfalls mit einem Scherz Punkte sammeln.

Was er dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nach seiner Wahl als erstes sagen würde? Yang überlegte kurz: "Es tut mir leid, dass ich Ihren Mann geschlagen habe." Damit war offensichtlich Donald Trump gemeint.

Und schließlich sorgte auch Senator Cory Booker für einige Lacher. Seine Kritik an Joe Bidens Bezeichnung von Marihuana als "Einstiegsdroge" kommentierte er so: "Da dachte ich, Sie sind selber high." Biden nahm es gelassen.

Wie fällt das Fazit zur fünften TV-Debatte der Demokraten aus?

Die fünfte Debatte stand ganz im Zeichen des möglichen Amtsenthebungsverfahrens gegen Trumps, der Erweiterung des Favoriten-Trios zu einem Favoriten-Quartett und dem Abschied der in den Umfragen weit zurück liegenden Kandidaten.Für Tom Steyer, Tulsi Gabbard und einige andere könnte es der letzte Auftritt gewesen sein, da die Zugangsvoraussetzungen vor dem sechsten Duell am 19. Dezember in Los Angeles weiter verschärft werden.

Insgesamt war die Sendung von Abgrenzungsversuchen von den moderaten Kandidaten nach links und umgekehrt geprägt. Zudem wiederholten sich zahlreiche Aussagen aus den früheren Sendungen; dem Format dürfte die Verkleinerung des Feldes gut tun. Das verspricht weniger Phrasen, eine tiefere inhaltliche Auseinandersetzung und mehr Zuspitzung.

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