- Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Bundesvorstand der Grünen wegen des Verdachts der Untreue.
- Es geht um einen "Corona-Bonus" in Höhe von 1.500 Euro, den sich der Bundesvorstand im Jahr 2020 selbst gewährt haben soll.
- Die betroffenen Politiker haben das Geld schon vor Monaten zurückgezahlt und wollen mit den Ermittlern kooperieren.
Was ist passiert?
Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Anfangsverdachts der Untreue gegen den gesamten Bundesvorstand der Grünen. Es geht um einen "Corona-Bonus", den sich der Bundesvorstand im Jahr 2020 selbst gewährt haben soll.
Den Bonus in Höhe von 1.500 Euro pro Person bekamen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Grünen-Bundesgeschäftsstelle im vergangenen Winter. Er sollte die Belastungen ausgleichen, die durch die Arbeit im Homeoffice und den Umbau des Gebäudes entstanden sind.
Wer ist betroffen?
Dem sechsköpfigen Bundesvorstand gehören Außenministerin
Beim Parteitag Ende kommender Woche wird ein neuer Bundesvorstand gewählt. Baerbock und Habeck kandidieren nicht erneut, allerdings bewirbt sich
Wie beurteilen die Grünen die Bonus-Zahlung?
Bereits parteiinterne Rechnungsprüfer hatten die Zahlungen an den Vorstand im vergangenen Jahr beanstandet. Das geht aus einem Bericht vom Oktober 2021 hervor, der der dpa vorliegt. "Tatsächlich waren nur die tariflich festgelegten 300 Euro abgedeckt." Diesen Schritt hätte besser der Bundesfinanzrat genehmigt, dem neben dem Bundesschatzmeister auch Delegierte der Landesverbände angehören, merkten die Prüfer an, "da eine finanzielle Regelung nicht allein von den begünstigten Personen getroffen werden sollte".
Die Prüfer hatten damals im Falle des Vorstands neben dem Corona-Bonus auch eine Sonderzahlung im Jahr 2019 bemängelt, die unter anderem mit dem guten Wahlergebnis bei der Europawahl begründet wurde.
Schatzmeister Marc Urbatsch, selbst Mitglied des Gremiums, hatte damals die Rückzahlung angekündigt und erklärt, die Sonderzahlungen für Vorstandsmitglieder sollten abgeschafft werden.
Was sagt die Staatsanwaltschaft und warum darf sie ermitteln?
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, es habe mehrere Strafanzeigen von privater Seite gegeben. Die Ermittlungen liefen seit dem 6. Januar. Es gehe dabei um die niedrigste Verdachtsstufe. Die Staatsanwaltschaft sehe einen Anfangsverdacht.
Die Staatsanwaltschaft hatte wegen der Immunität von Bundestagsabgeordneten vor Beginn der Ermittlungen das Präsidium informiert. Nach einem Bundestagsbeschluss sind solche Ermittlungen dann nach Ablauf von 48 Stunden erlaubt.
Was sagen die Grünen?
Der Vorstand sei "aus Sicht aller Beteiligten" zu den entsprechenden Beschlüssen legitimiert gewesen, so der Grünen-Sprecher. Die Mitglieder hätten die Boni inzwischen zurückgezahlt. "Die betroffenen Vorstandsmitglieder und die Bundesgeschäftsstelle kooperieren vollumfänglich mit der Staatsanwaltschaft, um den Sachverhalt schnell und vollständig aufzuklären."
Bundeslandwirtschaftsminister
"Wenn es eine Klage gibt, egal wie aussichtsreich die ist, da muss dann erstmal ermittelt werden", sagte Özdemir. "Das nennt man Rechtsstaat, und das ist auch völlig in Ordnung." Der Minister verwies darauf, dass der Vorgang schon etwas zurückliege - und dass die kritisierten Zahlungen "vollständig" zurückgezahlt worden seien.
Auch Noch-Parteichef Habeck weist darauf hin, dass das Geld zurücküberwiesen worden sei. "Ansonsten wird das jetzt noch einmal staatsanwaltlich ermittelt und aufgeklärt. Und dann, denke ich, wird das Kapitel auch endgültig abgeschlossen."
Welche Probleme mit Sonderzahlungen hatten die Grünen zuletzt?
Bereits im vergangenen Jahr waren Sonderzahlungen an Parteimitglieder bei den Grünen Thema. Özdemir, Baerbock und die damalige Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth hatten einräumen müssen, dass sie Boni erhalten, aber der Verwaltung des Bundestags nicht oder nur verspätet gemeldet hatten.
Baerbock hatte der Verwaltung des Bundestags im Frühjahr Sonderzahlungen von mehr als 25.000 Euro nachgemeldet, Özdemir von rund 20.000 Euro. Schließlich meldete auch Roth Einkünfte nach - ihr Weihnachtsgeld aus dem Jahr 2013 in Höhe von 5.008 Euro.
Die Politiker hatten die Sonderzahlungen zwar ordentlich versteuert, aber eben nicht der Bundestagsverwaltung gemeldet. Erst im Juni 2021 hatte der Bundestag strengere Transparenzregeln für Abgeordnete beschlossen – als direkte Folge der Affäre in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion um lukrative Maskengeschäfte. Seitdem sind Einkünfte von Abgeordneten anzeigepflichtig, wenn sie im Monat den Betrag von 1.000 Euro oder im ganzen Jahr 3.000 Euro übersteigen. Zuvor galt eine Jahresgrenze von 10.000 Euro.
Was sagt die Opposition?
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, forderte in der "Rheinischen Post" eine zügige Aufklärung der Vorgänge. "Es stellt sich die Frage, wie es passieren kann, dass ein Gremium der Grünen einen Beschluss fasst, von dem in erster Linie die Mitglieder dieses Gremiums finanziell profitieren", sagte der CDU-Politiker. Es stehe der Verdacht im Raum, dass gegen parteiinterne Regeln verstoßen worden sein könnte. "Das sollte vor allem auch um der politischen Glaubwürdigkeit willen schleunigst geklärt werden." (mko/dpa/AFP)
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