Im ARD-Magazin "Report München" erhebt ein ehemaliger Mitschüler Hubert Aiwangers weitere Vorwürfe gegen Bayerns Vize-Regierungschef. Demnach soll Aiwanger als Jugendlicher den Hitlergruß gezeigt und judenfeindliche Witze gemacht haben. Der Politiker weist die neuen Vorwürfe zurück.

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In der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt aus Schulzeiten gibt es neue Vorwürfe gegen Bayerns Vize-Regierungschef Hubert Aiwanger. Der heute 52-Jährige soll beim Betreten des schon besetzten Klassenzimmers früher ab und zu "einen Hitlergruß gezeigt" haben, wie ein Mitschüler dem ARD-Magazin "Report München" sagte, demnach ein Mitschüler von der 7. bis 9. Klasse.

Zudem habe Aiwanger "sehr oft diese Hitler-Ansprachen nachgemacht in diesem Hitler-Slang". Auch judenfeindliche Witze seien "definitiv gefallen". Welche "starke Gesinnung" dahinter gesteckt habe, könne man nur schwer sagen, "keine Ahnung". Der Mitschüler wurde mit Namen gezeigt.

Aiwanger kann sich an Hitlergruß nicht erinnern

Der "Bild"-Zeitung (Donnerstag) sagte Aiwanger zum Vorwurf, damals den Hitlergruß gezeigt sowie judenfeindliche Witze gemacht zu haben: "Mir ist nicht im Entferntesten erinnerlich, dass ich so etwas gemacht haben soll." Aiwanger weiter: "Ich bin weder Antisemit noch Extremist. Was in diesem Flugblatt steht, ist wirklich abscheulich. Ich bin aus tiefstem Herzen Demokrat und Menschenfreund."

Auf Aiwangers Profil auf X (ehemals Twitter) gab es indes erstmals seit Tagen einen neuen Eintrag: "#Schmutzkampagnen gehen am Ende nach hinten los. #Aiwanger", stand dort am Mittwoch zu lesen. In aller Regel verfasst der Freie-Wähler-Chef sämtliche Posts selbst. Ob das auch diesmal der Fall war, dafür gab es zunächst keine Bestätigung.

Spitzen der Ampel-Koalition fordern Aufklärung

Die Spitzen der Ampel-Koalition haben derweil umfassende Aufklärung in der Affäre gefordert - und mögliche Konsequenzen für Hubert Aiwanger. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte am Mittwoch zum Abschluss der Kabinettsklausur in Meseberg bei Berlin: "Alles das, was bisher bekannt geworden ist, ist sehr bedrückend. Und deshalb ist für mich sehr klar, dass alles aufgeklärt werden muss." Wenn das geschehen sei und nichts "vertuscht" werde, müssten notwendige Konsequenzen daraus gezogen werden.

Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sagte, er finde den Umgang Aiwangers mit Berichten unaufrichtig. Vor allem habe Aiwanger in verschiedenen Redebeiträgen "offensichtlich" in der jüngsten Vergangenheit eine Sprache des "rechten Populismus" benutzt. Es sei eine Frage an Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), ob er mit einem Kollegen, der so agiere, weiter zusammenarbeiten wolle. "Ich finde es schwer vorstellbar."

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte: "In Deutschland darf es niemals Platz für Antisemitismus geben. Das ist der demokratische Grundkonsens. Er darf auf keinen Fall relativiert werden." Die Vorwürfe gegen Aiwanger seien bestürzend. "Der Umgang und die Aufklärungsbereitschaft sind in meinen Augen bislang nicht glaubwürdig." Es müsse dringend Klarheit geschaffen werden mit den dann gegebenenfalls notwendigen Konsequenzen, die Aiwanger selbst oder Ministerpräsident Söder ziehen müsse.

Aiwanger soll 25 Fragen zum Flugblatt-Skandal beantworten

Söder forderte Aiwanger am Mittwoch noch einmal auf, alle im Raum stehenden Vorwürfe schnell und umfassend zu klären. "Alle Fragen müssen zweifelsfrei geklärt werden. Da darf kein Verdacht übrig bleiben", sagte Söder am Rande eines Termins im oberbayerischen Beilngries.

Das gelte für Fragen, die es schon seit dem Wochenende gebe, und auch für die "neuen Vorwürfe", die nun bekannt geworden seien, erklärte der CSU-Vorsitzende. Die 25 Fragen an Aiwanger umfassten auch die neuen Vorwürfe, betonte er. Söder reagierte damit auf eine Nachfrage zu der ARD-Berichterstattung.

Freie Wähler halten an ihrem Vorsitzenden fest

Dem ARD-Magazin hatten die Freien Wähler auf Anfrage zu den Vorwürfen mitgeteilt: "Der Landesverband der Freien Wähler Bayern, der Vorstand der Freien Wähler Landtagsfraktion sowie alle Kabinettsmitglieder der Freien Wähler stehen geschlossen hinter Hubert Aiwanger."

Und weiter: "Sie wehren sich gegen alle Diffamierungsversuche und Spekulationen zur Person Hubert Aiwanger." Der gesamte Landesvorstand der Freien Wähler Bayern wolle eine "bürgerliche Koalition" mit der CSU in Bayern fortsetzen. "Dies ist nur gemeinsam mit Hubert Aiwanger möglich." Auf die Schilderungen des Mitschülers ging die Stellungnahme der Freien Wähler den Angaben zufolge nicht ein. (dpa/jos)

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