Auf Tiktok verbreitet sich ein Video, das zeigen soll, wie der Bundestag im Zuge der aktuellen Bauernproteste mit Dünger besprüht wird. Doch das Video ist alt und stammt aus Frankreich.

"Der Bundestag wird vollgemacht mit Dünger", das behauptet ein Nutzer zu einem Video auf Tiktok vom 8. Januar 2024. Offenbar soll es aktuelle Proteste von Landwirtinnen und Landwirten in Berlin zeigen. Zu sehen sind Menschen mit Fahnen, ein Traktor und ein Tankwagen. Ein Gebäude wird mit einer dunklen Masse besprüht. Der Beitrag wurde bisher mehr als 1,4 Millionen Mal gesehen und über 3.800 Mal geteilt.

In den Kommentaren weisen Nutzerinnen und Nutzer bereits darauf hin, dass die Behauptung falsch ist: Das Video entstand nicht in Deutschland.

Gülle-Vorfall bei Protesten in Frankreich im Jahr 2014

Die Szenen stammen aus dem Jahr 2014 und wurden bei Protesten in Frankreich aufgenommen, wie wir bereits im Dezember 2018 in einem Faktencheck berichteten. Damals verbreitete sich das Video schon einmal in einem falschen Kontext.

Der Ausschnitt, der aktuell auf Tiktok kursiert, findet sich in einem längeren Video auf YouTube aus 2014. Gut erkennbar sind der grüne Traktor samt rotem Anhänger und die Gebäudestruktur im Hintergrund. Der Protest im Jahr 2014 fand vor der Präfektur in Châlons-en-Champagne statt, wie auch ein Abgleich mit Aufnahmen von Google Maps bestätigt. Rund 3.500 Landwirtinnen und Landwirte sowie Winzerinnen und Winzer protestierten "gegen zu strenge und zu bürokratische Vorschriften", wie die lokalen Redaktionen von "France 3" und "France Bleu Champagne" berichteten. Dabei wurden unter anderem Güllekübel ausgekippt, schreibt "France 3".

Bildausschnitt des YouTube-Videos, der auf TikTok kursiert.
Der Ausschnitt, der aktuell auf Tiktok kursiert (links), findet sich in einem längeren Video auf YouTube (rechts). © Quelle: Tiktok und YouTube / Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck

Bauernproteste in Deutschland werden für Stimmungsmache missbraucht

Seit Mitte Dezember protestieren Landwirtinnen und Landwirte gegen den Haushaltsplan der Bundesregierung für 2024, der vorsieht, Subventionen für die Landwirtschaft zu kürzen. Am 8. Januar 2024 kam es zu großen, bundesweiten Demonstrationen. Berichte, dass dabei Dünger auf den Bundestag in Berlin gesprüht worden sei, finden sich keine.

Zuvor sorgten einzelne Protestaktionen von Landwirtinnen und Landwirten für Kritik: Am 4. Januar 2024 bedrängte eine Gruppe Demonstrierender Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und hinderte ihn daran, an einem Fähranleger in Schleswig-Holstein an Land zu gehen.

Im Dezember 2023 wurden in mehreren Bundesländern Galgen aufgestellt, an denen Ampeln als Symbol für die Bundesregierung hingen. Der Deutsche Bauernverband distanziert sich von beiden Aktionen.

Bundesweit berichteten Medien in den vergangenen Tagen, wie rechtsextreme und rechtsradikale Gruppen gezielt versuchen, die Proteste zu unterwandern und wo ihnen das bereits gelungen ist.

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