Das britische Unterhaus hat am Mittwoch ein Gesetz gebilligt, das die Regierung zu einem weiteren Brexit-Aufschub verpflichten soll. Derweil versucht Premierministerin Theresa May mit Oppositionsführer Jeremy Corbyn vor Ablauf der Austrittsfrist noch einen Kompromiss zu schmieden.
In Großbritannien ringen Regierung und Opposition am Donnerstag weiter um einen Kompromiss, mit dem ein ungeordneter EU-Austritt am 12. April abgewendet werden soll.
Die Verhandlungsteams beider Seiten kommen dazu in London zu ganztägigen Beratungen zusammen. Die EU-Kommission will währenddessen in Brüssel darüber informieren, wie sie sich in den Bereichen Verkehr, Nahrungsmittelsicherheit und Gesundheit für den Fall eines No-Deal-Brexits vorbereitet hat.
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Bei einem ungeregelten Brexit verlören in der EU lebende Briten ihr bisheriges Aufenthaltsrecht. Deutschland will den Briten und ihren Familien daher Zeit für die Beantragung von Aufenthaltstiteln geben. Der Verordnungsentwurf sieht vor, dass sich für drei Monate nach dem britischen EU-Austritt nichts ändert. Eine Fristverlängerung um weitere sechs Monate soll mit Zustimmung des Bundesrates möglich sein, heißt es aus dem Innenministerium.
Ein ungeordneter britischer EU-Austritt droht bereits, wenn bis zum 12. April weder der EU-Austrittsvertrag noch eine Alternative beschlossen sein sollte. May will deswegen bei der EU einen weiteren Brexit-Aufschub bis zum 22. Mai erreichen. Tags darauf beginnt die Wahl zum Europaparlament, an der die Briten nach Mays Willen nicht mehr teilnehmen sollen. London muss nach britischem Recht bis zum 12. April über eine Teilnahme an der Wahl entscheiden.
"Konstruktive" Gespräche zwischen May und Corbyn
Auf der Suche nach einem Ausweg aus der Brexit-Sackgasse hatten sich May und Oppositionschef Jeremy Corbyn am Mittwoch an einen Tisch gesetzt. Nach Regierungsangaben waren die Gespräche "konstruktiv". "Beide Seiten haben Flexibilität und Engagement gezeigt, die gegenwärtige Brexit-Unsicherheit zu einem Ende zu bringen", teilte ein Regierungssprecher anschließend mit. Corbyn nannte das Treffen "nützlich", es habe aber noch kein Ergebnis gegeben.
Für die weiteren Gespräche wurden zwei Verhandlungsteams gebildet. Auf Regierungsseite gehören Vizepremier David Lidington und Brexit-Minister Steve Barclay dazu. In der regierenden Konservativen Partei wächst jedoch auch der Ärger über den gemeinsamen Vorstoß. Labour fordert eine sehr viel engere Bindung an die EU, als bisher von der Regierung geplant. Am Mittwoch erklärten zwei Staatssekretäre aus Protest ihren Rücktritt. Mit weiteren Rücktritten wird gerechnet, sollten sich Details einer Einigung auf einen weicheren Brexit abzeichnen.
Britischer Finanzminister bringt zweites Referendum ins Spiel
Finanzminister Philip Hammond sprach sich am Mittwochabend in einem Interview mit dem TV-Sender ITV dafür aus, ein zweites Brexit-Referendum über die Bedingungen des EU-Austritts in Erwägung zu ziehen. Auch Corbyn steht von Teilen seiner Partei unter Druck, auf eine zweite Volksabstimmung zu dringen.
Sollten die Gespräche zwischen Regierung und Opposition nicht erfolgreich sein, will May das Parlament erneut über Alternativen zum Brexit-Deal abstimmen lassen. Zwei Abstimmungsrunden waren bisher ohne Einigung zu Ende gegangen.
Für kommenden Mittwoch hat EU-Ratspräsident Donald Tusk einen Brexit-Sondergipfel einberufen. Dort soll May den Staats- und Regierungschef der 27 verbleibenden EU-Länder sagen, wie es nun in Sachen Brexit weitergehen soll. Einen nochmaligen Brexit-Aufschub ohne Teilnahme an der Europawahl dürfte May dort jedoch nur bekommen, wenn zuvor der Austrittsvertrag gebilligt ist, den das Parlament bereits dreimal abgelehnt hat.
Scharfe Kritik von EU-Kommissionsvize
EU-Kommissionsvize Frans Timmermans forderte May und Corbyn zur Einigung auf. "Wir können doch nicht unendlich so weitermachen bei den Brexit-Verhandlungen und immer wieder verlängern um ein paar Wochen", sagte er der "Welt". "Das britische Parlament muss jetzt eine Entscheidung treffen und uns endlich sagen, was man in London will." Ungewöhnlich scharf kritisierte der stellvertretende Kommissionspräsident das Verhalten der britischen Regierung: "In welchem Land würde es fast drei Jahre dauern, dass eine Regierung, die sich nicht einig ist, mal daran denkt, in einer lebenswichtigen Frage mit der Opposition zusammenzuarbeiten? Das ist eigentlich unvorstellbar, dass das in Großbritannien erst jetzt passiert. (dpa/szu)
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