Karneval, Fasching oder Fastnacht. Bald steht der Höhepunkt der fünften Jahreszeit an. Sicherheitsbehörden und Veranstalter machen sich jedoch Sorgen.
Bundesinnenministerin
BKA und Länder überwachen Bedrohungslage
"Unsere Sicherheitsbehörden haben in diesen Zeiten alle denkbaren Bedrohungen genau im Blick und passen Schutzmaßnahmen permanent so an, dass Veranstaltungen bestmöglich geschützt werden", sagte sie weiter. Das Bundeskriminalamt bewerte laufend die Bedrohungslage und stehe mit den Ländern im engen Kontakt. "Die Sicherheitsbehörden tun alles, damit zu Karneval, Fasching und Fastnacht friedlich gefeiert werden kann", fügte Faeser laut der Zeitung hinzu.
An Karneval werde auch die Bundespolizei mit starken Kräften im Einsatz sein. "Karneval ist eine Zeit, in der Menschen zusammenstehen, zusammen feiern, zusammen lachen. Diese Lebensart werden wir uns nie nehmen lassen. Wir lassen uns nicht spalten vom Hass und vom Wahn derer, die unsere freie Art zu leben ablehnen und bekämpfen", sagte die Innenministerin weiter in der "Rheinischen Post".
Auch der Präsident des Bundes Deutscher Karneval, Klaus-Ludwig Fess, äußerte sich zu der Sicherheitslage in der fünften Jahreszeit. Die Sicherheitsvorkehrungen "wurden angepasst, es gibt zusätzliche Auflagen im Vergleich zum vergangenen Jahr." Erste Umzüge seien bereits abgesagt worden.
Der Höhepunkt des Straßenkarnevals mit Millionen Menschen steht erst noch bevor. Die größten Umzüge dürften am Rosenmontag etwa in Köln, Düsseldorf und Mainz stattfinden.
Strecken nach Anschlag in München werden neu bewertet
Als Konsequenz aus dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt von Magdeburg werden Fess zufolge zum Beispiel zusätzliche Poller oder Fahrzeuge zum Schutz der Veranstaltungen aufgestellt. "Die Strecken werden neu bewertet. Es wird geschaut, wo Fahrzeuge in einen Zug fahren könnten." In Magdeburg war kurz vor Heiligabend ein Mann mit einem Auto über den Markt gerast. Sechs Menschen starben, fast 300 Menschen wurden verletzt.
Deutschland wurde in den vergangenen Wochen von mehreren Angriffen erschüttert. Am Donnerstag wurden bei einem mutmaßlich islamistisch motivierten Anschlag auf eine Demonstration der Gewerkschaft Verdi in München 39 Menschen verletzt, eine Frau und ihre Tochter erlagen später ihren Verletzungen.
Fess sagte: "München wird dazu führen, dass in dem einen oder anderen Genehmigungsfall sicher nachgebessert werden muss." Die Kommunen genehmigen solche Veranstaltungen.
Auf diesen Angriff angesprochen sagte Bundeskanzler Olaf Scholz in einem Interview mit der Funke Mediengruppe mit Blick auf die anstehenden Karnevals-Höhepunkte: "Die Polizeibehörden von Bund und Ländern tun alles, was in ihrer Macht steht, um die Sicherheit bei solchen Versammlungen zu gewährleisten."
Erste Karnevalsumzüge bereits abgesagt
Der Verband rechnet damit, dass bis Aschermittwoch Anfang März bundesweit etwa 3.500 kleinere, mittlere und größere Umzüge stattfinden werden. Er zählt mehr als 5.300 Vereine und Zünfte in allen Bundesländern. Der Verbandschef wusste zunächst von bis zu fünf abgesagten Umzügen.
Jüngst wurde nach dem Attentat in München ein für Samstag geplanter Fastnachtsumzug in Heidenheim an der Brenz in Baden-Württemberg abgesagt. Zwölf von 14 beteiligten Vereinen zogen ihre Teilnahme zurück, wie der Heidenheimer Dienstleistungs- und Handelsverein mitteilte. Ausschlaggebend sei das Geschehen in München und die Sorge um die Sicherheit, schrieb der Verein.
Zuletzt hatte auch die hessische Stadt Marburg ihren Karnevalsumzug abgesagt – aus finanziellen Gründen. Der bisherige Rosenmontagszug sei mit seinen Absperrungen aktuell einfach nicht finanzierbar. In Kempten im Allgäu begründeten die Veranstalter ihre Absage mit der Auflage, Zufahrten zur Umzugsstrecke mit Betonquadern zu schützen. Das sei organisatorisch und finanziell nicht zu leisten, so der örtliche Faschingsverein.
Noch offen ist, ob nach dem Anschlag von München in Thüringens Landeshauptstadt Erfurt ein Umzug durch die Straßen zieht. Bisherigen Planungen zufolge war er wegen hoher Sicherheitsanforderungen und damit verbundenen Kosten ohnehin schon zu einer kleinen Version ohne Motivwagen auf einer verkürzten Route geschrumpft.
Für Umzüge galten bereits in den vergangenen Jahren hohe Sicherheitsanforderungen. Laut einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter Veranstaltern wurden sie diesmal vielerorts nachgeschärft. Ein Sprecher des Bremer Karnevalsvereins sagte, man sei im ständigen Austausch mit der Polizei. Die Polizei in Mainz kündigte an, beim großen Umzug am Rosenmontag mit mehr als 1.100 Einsatzkräften vor Ort zu sein.
Die Veranstalter des größten Umzugs in Sachsen, in der Stadt Radebeul, gaben zu bedenken: "Aber es ist auch Utopie, einen Festumzug in einem Stadtgebiet 100 Prozent abzusichern."
Hohe Kosten für Sicherung der Karnevalsumzüge erwartet
Der Bund Deutscher Karneval beklagte von Region zu Region unterschiedliche Vorgaben zur Sicherheit. "Wir haben flächendeckend keine einheitliche Regelung. Das sehe ich als sehr schwierig an", so Fess. Er wünsche sich, dass zum Beispiel bei einer Innenministerkonferenz darüber gesprochen werde. Die aktuelle Lage in Deutschland mache Sicherheitsmaßnahmen erforderlich.
Nicht zuletzt sind Auflagen mit zusätzlichen Ausgaben verbunden. "Es kann nicht am Ende bedeuten, dass die Kosten abgewälzt werden auf die Ausrichter, also diejenigen, die Züge organisieren", sagte der Präsident. Bei großen Veranstaltungen wie zum Beispiel in Köln oder Mainz könnten das durchaus zusätzliche Mittel von 100.000 bis 200.000 Euro bedeuten. "Es muss darüber gesprochen werden, wie so etwas gemeinschaftlich gelöst werden kann."
Fess warnte davor, dass noch mehr Umzüge wegen hoher Kosten abgesagt werden könnten. "Es wäre fatal, wenn das Kulturgut Fasching, Fastnacht, Karneval in einer Region wegbricht, weil das Sicherheitsbegehren zu hoch ist und sich niemand mehr traut, so etwas zu organisieren." Mit Blick auf Gefahren warnte er: "Wir dürfen uns nicht von solchen Leuten das Leben diktieren lassen." Das wäre für die Gesellschaft nicht gut. "Fasching, Fastnacht und Karneval kann gerade in diesen Tagen ein Rettungsanker sein." (afp/dpa/bearbeitet von the)