Über einen möglichen Militäreinsatz zum Schutz von Öltankern in der Straße von Hormus haben Politiker weltweit schon viel geredet. Jetzt aber setzen sich Militärs zusammen - wird es nun ernst? Worum geht es überhaupt? Und welche Rolle spielt Deutschland?

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Seit dem Ausstieg der USA aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran und der Verhängung neuer Handels- und Finanzsanktionen haben die Spannungen in der Golfregion massiv zugenommen.

Seit Anfang Mai gab es in der Region eine Reihe von Zwischenfällen mit Schiffen, für die Washington die iranischen Revolutionsgarden verantwortlich macht.

Die USA forderten inzwischen von Deutschland Unterstützung für ihre internationale Militärkoalition zum Schutz von Öltankern in der Straße von Hormus. Bei der Bundesregierung stieß dies auf Ablehnung. Worum geht es eigentlich genau bei dem Streit um die Straße von Hormus und wie ist der aktuelle Stand? Wir haben die wichtigsten Aspekte zusammengefasst.

Welche Bedeutung hat die Straße von Hormus?

Die Meerenge zwischen dem Persischen Golf und dem Golf von Oman ist die einzige Seeverbindung zwischen dem Persischen Golf und dem offenen Meer. Die nördliche Küste gehört zum Iran, die südliche zu Oman und den Vereinigten Arabischen Emiraten. An ihrer engsten Stelle ist die Straße von Hormus nur etwa 50 Kilometer breit, zudem gibt es mehrere Inseln. Die relativ schmalen Schifffahrtsrouten ließen sich im Konfliktfall leicht blockieren.

Die Meerenge ist schon seit Jahrhunderten eine wichtige Handelsroute. Heute ist sie vor allem für die Ölindustrie von großer Bedeutung: Rund ein Drittel des auf dem Seeweg transportierten Erdöls wird hier entlang befördert. Die Straße von Hormus ist damit ein echtes Nadelöhr des weltweiten Ölhandels. Eine Sperrung würde den Ölpreis umgehend in die Höhe treiben und die Weltwirtschaft erheblich belasten.

Was ist aktuell das Problem?

Die Straße von Hormus ist ein Austragungsort der jüngsten Spannungen zwischen Iran und dem Westen. Am 19. Juli beschlagnahmte der Iran den britischen Tanker "Steno Impera", der die Meerenge durchqueren wollte. Als Begründung wurde angeführt, das Frachtschiff sei mit einem Fischkutter kollidiert und habe gegen internationale Schifffahrtsregeln verstoßen.

Großbritannien bewertet die Beschlagnahmung des Tankers als illegal. In den Wochen zuvor hatte es im Persischen Golf bereits mehrere Angriffe auf Handelsschiffe mit unklarem Hintergrund gegeben.

Möglicherweise besteht beim Fall "Steno Impera" ein Zusammenhang mit der Festsetzung eines iranischen Tankers in Gibraltar. Großbritannien hatte am 4. Juli im britischen Überseegebiet den Tanker "Grace1" mit der Begründung festgesetzt, er habe iranisches Erdöl für Syrien an Bord und damit gegen EU-Sanktionen verstoßen. Der Iran bestreitet das.

Wie realistisch ist ein Militäreinsatz?

Die Diskussion um den Schutz von Öltankern im Persischen Golf nimmt konkrete militärische Dimensionen an. Vertreter der amerikanischen und britischen Streitkräfte wollen an diesem Mittwoch in Bahrain über den möglichen Einsatz militärischer Mittel zum Schutz von Tankern beraten. Das bestätigten das britische Verteidigungsministerium und ein Sprecher der 5. Flotte der US-Marine am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Die Militärs wollen sich aber nicht in die Karten schauen lassen und zunächst keine Details preisgeben.

Das Ministerium in London sprach von "mehreren internationalen Partnern", die bei dem Treffen dabei sein würden. Details wurden nicht genannt. Alles sei noch auf "Diskussionsebene". Das Treffen findet nach Angaben des Sprechers der 5. Flotte der US-Marine hinter verschlossenen Türen statt, Journalisten sind nicht zugelassen. Möglicherweise würden am Donnerstag aber Details und Ergebnisse des Treffens veröffentlicht.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hielt seinen iranischen Kollegen Hassan Ruhani in einem Telefongespräch dazu an, Spannungen im Verhältnis mit den USA zu entschärfen. Sein Land bemühe sich darum sicherzustellen, dass alle Parteien zu offenen Verhandlungen bereit seien, sagte Macron laut einem Bericht der französischen Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf den Élyséepalast.

Welche Rolle spielt das Atomabkommen?

Das Verhältnis zwischen Iran und dem Westen ist mehr als nur angespannt wegen des Konflikts um das Atomabkommen. Der Iran hatte im Frühjahr verkündet, sich an einzelne Bestimmungen des Vertrags nicht mehr zu halten, nachdem die USA ein Jahr zuvor ihren Ausstieg beschlossen hatten und neue Sanktionen verhängten. Außerdem drohte der Iran damals mit einer Schließung der Straße von Hormus.

Seit Monaten kämpfen Großbritannien, Frankreich und Deutschland gemeinsam um den Erhalt des Atomabkommens. Der Politik des "maximalen Drucks" auf den Iran von US-Präsident Trump wollten die Europäer eine Strategie der Deeskalation entgegensetzen.

Wie könnte eine Lösung aussehen?

Die USA wollen eine internationale Militärkoalition zum Schutz von Öltankern in der Straße von Hormus ausloten. Die Schiffe sollen demnach jeweils von der Marine des Landes eskortiert werden, unter deren Flagge sie fahren. In der Praxis ist eine solche Maßnahme aber kaum durchzusetzen. "Es ist unmöglich, jedes einzelne Schiff zu eskortieren", sagt der stellvertretende Verteidigungsminister Tobias Ellwood.

US-Präsident Donald Trumps Interesse am Schutz der Öltanker ist begrenzt, nur noch sieben Prozent ihres Rohhöls beziehen die Staaten noch vom Persischen Golf. Trump forderte daher Länder wie China und Japan auf, entweder selbst aktiv zu werden oder für den Schutz zu zahlen, da sie die Hauptabnehmer der Ölexporte per Schiff seien.

Die britische Regierung wiederum wirbt für eine europäische Marinemission zur Sicherung des Seeverkehrs in der Golfregion und hat die eigene Marine bereits angewiesen, britische Handelsschiffe zu eskortieren.

Welche Rolle spielt Deutschland?

Die USA haben neben mehreren Bündnispartnern auch die Bundesregierung förmlich um eine Beteiligung an der internationalen Militärmission gebeten. Über die US-Bitte ist noch nicht abschließend entschieden worden. "Wir prüfen zurzeit in enger Absprache mit Großbritannien und mit Frankreich diese Anforderungen", sagte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer am Mittwoch am Rande ihres Antrittsbesuchs bei Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel.

Zugleich machte die CDU-Vorsitzende den USA wenig Hoffnungen darauf, dass es zu einer positiven Antwort kommen könnte. So verwies sie unter anderem darauf, dass Deutschland und die Europäer im Gegensatz zu den USA am Erhalt des internationalen Atomabkommens mit dem Iran interessiert sind. Deutschland setze alles daran, dass es zu einer diplomatischen und friedlichen Lösung mit dem Iran komme und dass der Vertrag zur Verhinderung einer iranischen Atombombe eingehalten werde.

Auch Altkanzler Gerhard Schröder findet, Deutschland dürfe sich nicht in den Konflikt zwischen den USA und dem Iran hineinziehen lassen. "Das wäre eine nachträgliche Legitimation des Irak-Kriegs", sagte Schröder der "Rheinischen Post".

Eine europäische Mission wäre für die Bundesregierung vermutlich noch denkbar gewesen. Damit hätte man zeigen können, dass sich die Europäer in der Iran-Frage nicht spalten lassen.

"Eine gemeinsame Mission mit den USA kann es aktuell nicht geben, da die Europäer eine grundlegend andere Politik gegenüber Iran vertreten", sagte CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen dem "Tagesspiegel" und der Deutschen Presse-Agentur. Aber natürlich müsste sich eine europäische Schutzmission mit den Amerikanern koordinieren, schon allein wegen der geografischen Voraussetzungen vor Ort.

Laut CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt könnte die Lage in der Straße von Hormus über Satellit, aus der Luft oder mit Schiffen überwacht werden. Deutsche Schiffe könnten "vielleicht eines Tages in Ergänzung oder als Ersatz für ein anderes EU-Schiff" entsandt werden.

Welche Haltung haben die arabischen Anrainerstaaten?

Der Iran ist von fast allen arabischen Golfstaaten geächtet. Die Monarchien und Emirate scheuen jedoch eine kriegerische Auseinandersetzung, da diese ihre Ölförderanlagen beschädigen könnte und damit ihre Haupteinnahmequelle versiegen lassen würde.

Der dem Iran freundlich gesinnte Oman legte der islamischen Republik nahe, den Tanker freizugeben und eine diplomatische Lösung mit Großbritannien zu suchen. Die vereinigten Arabischen Emirate distanzierten sich vorsichtig von der US-amerikanischen Drohkulisse.

Lediglich Saudi-Arabien verurteilte die Festsetzung des britischen Tankers als "völlig inakzeptabel" und forderte Konsequenzen der internationalen Gemeinschaft. (hub/afp/dpa)

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