• Auf dem 34. Parteitag der CDU haben 1.001 Delegierte über die neue Führungsriege der Partei abgestimmt.
  • Der neue Parteichef Friedrich Merz hatte im Vorfeld gefordert, der Bundesvorstand müsse jünger und weiblicher werden.
  • Zwei bekannte Spitzenfrauen sind bei den Wahlen unterlegen. Ist das Ziel trotzdem erreicht? Wir haben mit Politikwissenschaftler Torsten Oppelland über neues Personal und Signale des Aufbruchs gesprochen.
Eine Analyse
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Endlich darf er ran: Nach zwei gescheiterten Kandidaturen ist Friedrich Merz auf dem digitalen Parteitag am Samstag (22. Januar 2022) mit 94,62 Prozent zum CDU-Parteivorsitzenden gewählt worden. Nach dem in der Geschichte der CDU ersten Mitgliedervotum, bei dem Merz 62,1 Prozent der Stimmen erreicht hatte, war seine Wahl nur eine formale Bestätigung.

Bis zuletzt um ihren Einzug bangen, mussten jedoch die Kandidaten für die weitere Führungsriege der CDU: Die 1.001 Delegierten stimmten ebenfalls über das Präsidium als engerer Führungskreis und den größeren Bundesvorstand der Partei ab.

Ziel "jünger und weiblicher" erreicht?

Im Vorfeld der Wahl hatte Merz gesagt, ein jüngerer und weiblicherer Bundesvorstand sei nötig, sowie eine Erneuerung der CDU "von der kommunalen Ebene an aufwärts". Das werde allerdings einige Jahre dauern. Wie viel Signal des Aufbruchs sendet sein neues Team bereits jetzt?

"Das Ziel einer jüngeren und weiblicheren Führungsriege ist im Wesentlichen erreicht. Der Frauenanteil in der Parteispitze ist ungefähr gleichgeblieben, im Präsidium sind mit acht Frauen jetzt deutlich mehr vertreten als zuvor – da waren es fünf", sagt Politikwissenschaftler Torsten Oppelland. Im Bundesvorstand hat sich der Frauenanteil allerdings mit nun 11 Frauen geringfügig verkleinert. Zuvor waren es 13 Frauen.

Acht Kandidaten, sieben Plätze

Bei der Wahl des Präsidiums haben es alle fünf angetretenen Kandidaten geschafft: Neben Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer und dem Chef der Mittelstands-Union Carsten Linnemann sind künftig auch der Klimapolitiker Andreas Jung und Karin Prien, Bildungsministerin aus Schleswig-Holstein dabei. Silvia Breher, die dem Präsidium bereits angehörte, wurde im Amt bestätigt.

Mit Mario Czaja als neuem Generalsekretär konnte Merz seinen Wunschkandidaten durchbringen. Schatzmeisterin wird Julia Klöckner. Bei der Wahl der sieben Präsidiumsmitglieder war bereits im Vorhinein klar, dass es für einen der acht Kandidaten nicht reichen würde.

Spahn wird abgestraft

Für die Rolle des undankbaren Achten waren im Vorfeld Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn, die Vorsitzende der Frauen-Union Annette Widmann-Mauz sowie Ronja Kemmer von der Jungen Union im Gespräch. Spahn ist trotz eines schlechten Ergebnisses von 60 Prozent weiterhin dabei – nicht gewählt wurde die Vorsitzende der Frauenunion. Zu den weiteren Präsidiumsmitgliedern zählen Bernd Althusmann, Ines Claus, Reiner Haseloff, Ina Scharrenbach und Karl-Josef Laumann.

"Dass ausgerechnet Widmann-Mauz durchgefallen ist, erstaunt mich", sagt Oppelland. Das Ergebnis von Spahn wertet der Politikwissenschaftler als Abstrafung. "Spahn hat als Gesundheitsminister keine gute Bilanz und hat sich in der Vergangenheit mit Armin Laschet zusammengetan, der wiederum Hoffnungen enttäuscht hat", erinnert der Experte.

Kemmer schafft den Sprung

Überraschend ungefährdet schaffte hingegen die 32-jährige Ronja Kemmer mit einem Ergebnis von 70 Prozent den Sprung ins Präsidium. Die CDU-Politikerin aus Baden-Württemberg gehört zu den zehn jüngsten Abgeordneten im Bundestag und ist "KI-Beauftragte" der Unions-Bundestagsfraktion.

"Sie verkörpert jung und weiblich zugleich", sagt Oppelland. Das trifft beispielsweise auch auf das neue Bundesvorstandsmitglied Jessica Heller zu, Intensivkrankenschwester und Stadträtin aus Leipzig. "Die Tatsache, dass Frauen in Ämter gewählt werden, ist für sich allerdings noch nicht aussagekräftig", erinnert Oppelland. Es komme darauf an, wie es nun mit dem neuen Personal weitergehe. "Silvia Breher ist beispielsweise im Präsidium bestätigt worden, hat aber bislang nicht viel von sich reden gemacht", sagt er.

Überraschungen bei Vorstandswahl

Überraschungen gab es vor allem bei der Wahl des Bundesvorstands. Auf dem Parteitag traten dafür 39 Kandidaten an, Platz war aber nur für 26. Von den 13 Nicht-Gewählten sind 10 Frauen. So schafften es beispielsweise Ex-Bildungsministerin Anja Karliczek, die ostdeutsche Bundestagsabgeordnete Jana Schimke und die CDA-Politikerin Monica Wüllner nicht in den Vorstand.

Mit Karliczek und Widmann-Mauz fehlen damit zwei Spitzenfrauen in der Führungsriege. Als Frauen-Unionsvorsitzende wird Widmann-Mauz dennoch im Bundesvorstand vertreten sein. "Für sie persönlich ist die Wahlniederlage trotzdem ein harter Schlag", sagt Oppelland. Widmann-Mauz sei eng mit der Ära-Merkel verbunden. "Das hat sicherlich eine Rolle gespielt", so der Experte. Ebenfalls wird das Gesicht von Norbert Röttgen fehlen. Der Gegenkandidat von Merz ist nicht mehr in der Führungsebene aus Vorstand und Präsidium vertreten.

Jüngstes Vorstandsmitglied ist 26

"Von den Verliererinnen waren allerdings viele Frauen zum ersten Mal angetreten. Mehrere Vorstands-Plätze galten bereits als gesichert", so Oppelland. Das beste Ergebnis erzielte Joe der Berliner CDU-Politiker Joe Chialo mit 799 von 961 Stimmen. Der Musikmanager mit tansanischen Wurzeln hatte bundesweite Bekanntheit erlangt, als er von Kanzlerkandidat Armin Laschet in dessen "Zukunftsteam" berufen wurde.

Zu den besonders jungen Vorstandsmitgliedern zählen außerdem die niedersächsische Landtagsabgeordnete Laura Hopmann (33), die Leipziger Stadträtin Jessica Heller (32), die Landesvorsitzende der Jungen Union in Bremen, Wiebke Winter (26), die Landesvorsitzende der Jungen Union Schleswig-Holstein, Birte Glißmann (29), sowie der Landtagsabgeordnete Marc Speicher (33).

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Merz kann Richtung vorgeben

Durch Kretschmers Aufstieg zum stellvertretenden Parteivorsitzenden sieht Oppelland die Position Ostdeutschlands in der Führungsriege aufgewertet. "Bei den Vereinigungen ist das Bild allerdings uneinheitlich", sagt er. So erzielte der CDA-Bundesvorsitzende Karl-Josef Laumann bei den Präsidiumswahlen das beste Wahlergebnis.

"Andere CDA-Kandidaten sind aber durchgefallen. Das gilt auch für die MIT: Linnemann ist nun stellvertretender Parteivorsitzender, aber andere MIT-Kandidaten haben es nicht geschafft", sagt Oppelland. Für den Politikwissenschaftler ein Signal dafür, dass die Partei nun offen dafür sei, dass Friedrich Merz die Richtung vorgebe. "Und die Voraussetzungen dafür sind ganz gut", so der Experte.

Verwendete Quellen:

  • Interview mit Prof. Dr. Torsten Oppelland
  • Live-Konferenz des 34. CDU-Parteitags
Über den Experten: Prof. Dr. Torsten Oppelland ist Leiter des Arbeitsbereichs Vergleichende Regierungslehre und Institutsdirektor an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
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