Mit dem am Donnerstag vorgestellten China-Strategiepapier der Bundesregierung soll die zukünftige Zusammenarbeit mit der asiatischen Wirtschaftsmacht genauer definiert werden. China ist Partner und Wettbewerber.
Das Bundeskabinett hat am Donnerstag erstmals eine umfassende China-Strategie für die Bundesregierung beschlossen. Das unter Federführung des Auswärtigen Amts erstellte Dokument soll einen Rahmen für die künftigen Beziehungen zu der Volksrepublik setzen, die Deutschlands größter Warenhandelspartner ist. "Mit der China-Strategie geben wir uns für unsere Beziehungen den Kompass", erklärte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) im Kurzbotschaftendienst Twitter.
China-Strategiepapier hebt Gemeinsamkeiten und Differenzen hervor
Mit der neuen Strategie sende die Bundesregierung eine Botschaft: "Wir wollen mit China zusammenarbeiten", schrieb
Die Strategie berührt sicherheitspolitische Fragen ebenso wie Fragen der Wirtschaftsbeziehungen und des Wissenschaftsaustausches. Ausdrücklich benennt es Differenzen, etwa im Umgang mit Menschenrechten und bürgerlichen Freiheiten. Ein wichtiger Punkt ist zudem die Verringerung der wirtschaftlichen Abhängigkeit von China.
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Diesen Punkt hob Ministerin Baerbock besonders hervor. Für die wirtschaftliche Zusammenarbeit, die in den vergangenen Jahren immens wuchs, müsse gelten: "Wir wollen uns nicht von China abkoppeln, sondern unsere Risiken minimieren." Dazu gehöre "die Förderung unserer Wirtschaft in Europa genauso wie ein Abbau von Abhängigkeiten", schrieb die Außenministerin. Je diverser Handel und Lieferketten aufgestellt seien, "desto widerstandsfähiger ist unser Land".
"Wir stellen uns damit den Herausforderungen, die sich aus Chinas Verhalten der letzten zehn Jahre ergeben. Und wir zeigen Wege und Instrumente auf, wie Deutschland im Herzen Europas mit China zusammenarbeiten kann, ohne unsere freiheitliche demokratische Grundordnung, ohne unseren Wohlstand und unsere Partnerschaft mit anderen Ländern auf dieser Welt zu gefährden. (…) Wir zeigen zugleich, dass wir realistisch sind, aber nicht naiv", sagte Außenministerin Baerbock.
Bedenken bei Menschenrechten in China
Die China-Strategie weist auf den verstärkten politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Austausch mit China hin, von dem Deutschland und Europa sehr profitiert hätten. "Dem wachsenden Wohlstand und den Erfolgen bei der Armutsbekämpfung in China stehen Rückschritte bei bürgerlichen und politischen Rechten gegenüber", heißt es in dem Dokument weiter.
"Hierdurch hat sich auch der Austausch zwischen Deutschland und China gewandelt", schreibt die Bundesregierung in dem Strategiepapier. "China erschwert den Kontakt zu seiner Zivilgesellschaft, zu Medien, zu Wissenschaftsinstitutionen sowie zu Regierungsstellen."
Hinzu komme, dass Chinas Wirtschaftspolitik darauf abziele, "die eigene Abhängigkeit vom Ausland zu verringern, während es die Abhängigkeiten anderer von China zu steigern sucht", heißt es in der Strategie. "Außenpolitisch tritt China zur Verwirklichung seiner eigenen Interessen deutlich offensiver auf. China versucht auf verschiedenen Wegen, die bestehende regelbasierte internationale Ordnung umzugestalten", heißt es darin weiter. "Dies hat Auswirkungen auf die europäische und globale Sicherheit."
Mit diesen Herausforderungen müsse Deutschland umgehen – "und zugleich den Austausch und die Zusammenarbeit mit China weiterhin suchen und stärken", heißt es in dem Strategiepapier. "China ist zugleich Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale. Diesen Dimensionen trägt die China-Strategie der Bundesregierung Rechnung."
Vertreter der Wirtschaft erfreut über Strategiepapier
Vertreter der Exportwirtschaft haben die neue China-Strategie der Bundesregierung als "lange überfällig" begrüßt. "Es ist gut, dass sich die Bundesministerien auf einen gemeinsamen Kurs einigen konnten", erklärte der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura, am Donnerstag. "Es ist richtig, Lieferketten auf den Prüfstand zu stellen."
"Das Engagement im chinesischen Markt, unsere wirtschaftliche Partnerschaft, aber auch gegenseitige Abhängigkeiten sind nicht selbstverständlich", erklärte BGA-Chef Jandura. "Nichts ist alternativlos." Zudem sei der asiatische Kontinent "viel mehr als nur China".
"Risiken zu minimieren bedeutet nicht, alle Geschäftsbeziehungen aufzugeben", ergänzte Jandura. "Dafür sind die deutsche und die chinesische Wirtschaft auch viel zu verwoben." Deutschland müsse akzeptieren, "dass es viele andere Staaten der Welt gibt, die andere Werte haben als wir".
Auch der Verband der Chemischen Industrie (VCI) begrüßte das Papier der Bundesregierung. VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup fügte jedoch hinzu: "Nur ein starker Wirtschaftsstandort hat auch politisches Gewicht." Deutschland müsse daher vor allem den heimischen Industriestandort stärken. Auch brauche es einen europäischen Ansatz, denn "nur ein geeintes Europa kann China auf Augenhöhe begegnen".
Die Strategie besitzt keine Gesetzeskraft, soll aber als Orientierung für die künftige Ausgestaltung der Beziehungen zu Peking dienen. Die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP hatten die Ausarbeitung der China-Strategie bereits im Herbst 2021 in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart.
Diese sei nötig, um "in der systemischen Rivalität mit China unsere Werte und Interessen verwirklichen zu können", heißt es in dem Vertrag. Das Dokument wurde unter Einbeziehung aller Bundesministerien, des Bundeskanzleramts und weiterer Akteure erarbeitet. Sie sei das "Ergebnis unzähliger Gespräche mit Kolleg*innen in der Regierung, im Bundestag, in Kommunen, mit der Wirtschaft, Wissenschaft, NGOs und unseren internationalen Partnern", schrieb Baerbock auf Twitter. (afp/dpa/the)
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