• Berlin hat ein neues Abgeordnetenhaus gewählt, dabei wurde die CDU stärkste Kraft.
  • Was bedeutet das für das rot-rot-grün regierte Land und wie wirkt sich das Ergebnis auf den Bund aus?
  • Darüber diskutierte Anne Will am Sonntag mit ihren Gästen.
  • Während die CDU den Regierungsauftrag klar bei sich sieht, forderte Journalist Michael Bröcker von der SPD mehr Demut.
Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Marie Illner dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Rund eineinhalb Jahre nach der Chaos-Wahl haben die Berlinerinnen und Berliner die Wahl wiederholt und einen neuen Senat gewählt. Dabei wurde die CDU klar stärkste Kraft mit 28 Prozent – zehn Prozentpunkte mehr als bei der letzten Wahl. Eine rot-rot-grüne Regierung ist rechnerisch weiter möglich, alle Regierungsparteien haben aber Wählerstimmen eingebüßt und die CDU sieht den Regierungsauftrag klar bei sich.

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Das ist das Thema bei "Anne Will"

Anne Will lieferte am Wahlabend eine Einordnung der Wahlergebnisse: Welche Koalitionen sind denkbar und wahrscheinlich? Welche Konsequenzen müssen die Wahlverlierer aus den Ergebnissen ziehen? Außerdem ging es um die Rolle der CDU, die zwar Wahlsieger ist, am Ende aber vielleicht kein Gewinner. Denn ihr fehlen Koalitionsmöglichkeiten.

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Das sind die Gäste

  • Saskia Esken (SPD): "Die Ergebnisse müssen jetzt tatsächlich genau analysiert werden", sagte die SPD-Chefin. Es sei wichtig, dass begonnene Projekte der bisherigen Berlin-Regierung fortgeführt werden könnten. "Berlin hat es verdient, dass eine Koalition des Zusammenhalts gebildet wird", meinte Esken. Die letzte Regierung habe gezeigt, dass sie zusammenhalte.
  • Jens Spahn (CDU): Der Senat sei abgewählt, "die Regierungschefin hat kein Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern", war sich Spahn sicher. Verwaltung, Innere Sicherheit, Wohnungs- und Verkehrspolitik funktionierten in Berlin nicht. Insbesondere die SPD dürfe nicht behaupten, sie hätte nur 13 Monate Zeit gehabt, "sie regiert seit 20 Jahren", sagte Spahn.
  • Omid Nouripour (Grüne): "Es wäre nicht anständig, so weiterzumachen wie bisher", gab der Grünen-Chef zu. Die Wahlwiederholung habe klar gezeigt, dass die Leute unzufrieden sind. "Das haben spätestens heute Abend alle verstanden", meinte er. Die Regierung habe es in den vergangenen Monaten nicht geschafft, aufzubrechen.
  • Michael Bröcker: "Kai Wegner hat die Wahl gewonnen, aber die Wählerinnen und Wähler haben es möglich gemacht, dass Rot-Rot-Grün weiterregiert", sagte der Journalist. Es sei eine "Denkzettel"-Wahl gewesen. Berlin sei dramatisch "unterregiert", besonders im Bereich Bildungspolitik stehe es im Ländervergleich sehr schlecht da. Es sei auch richtig von der CDU gewesen, das Thema Innere Sicherheit stark zu machen.
  • Ursula Münch: Als Argument für eine Fortführung von Rot-Rot-Grün sagte Münch: "Man könnte sagen, die ersten 15 Monate sind insgesamt eine Zeit, wo Regierungen nicht besonders gut abschneiden". Für die Regierenden sei der Zeitpunkt daher ziemlich ungünstig gewesen, "weil da ist meistens der Frust besonders groß", sagte die Politikwissenschaftlerin. Das sei aber eine schwache Entschuldigung.

Das ist der Moment des Abends bei "Anne Will"

Moderatorin Will fragte, ob es angesichts der Wahlergebnisse zu dem Fall kommen könne, dass die CDU in Berlin am Ende mit leeren Händen dastehe, weil sie keine Koalitionsoption habe. Spahn nutzte die Frage, um gegen SPD und Grüne zu schießen.

"Aus heutiger Sicht, und so wie die beiden Vertreter von Grünen und SPD sich hier verhalten, kann man das offenkundig nicht ausschließen", sagte Spahn. Man höre schon den ganzen Abend, seit absehbar gewesen sei, dass die CDU vorne liege, "wie das rhetorisch vorbereitet wird."

Das Vertrauen in die linke Regierungskoalition sei weg, Berlin habe es verdient, besser regiert zu werden. "Wie soll ein Senat, der einfach so weitermacht, als wäre nichts gewesen, denn eine andere Politik in dieser Stadt machen mit den Themen, die die Leute beschäftigen?", fragte Spahn. "Eine politische Legitimation zur Fortsetzung dieses Senats gibt es ganz sicher nicht", so der CDU-Mann.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Journalist Bröcker kritisierte: "Eine Stadt, in der jeder dritte Grundschüler keine grundsätzlichen Standards in Deutsch und Mathematik kann, wo Zehntausende Lehrer und Erzieher fehlen, wo wirklich richtig ernsthafte Probleme für den Wohlstand und die Zukunft dieses Landes existieren, da kann mir doch keiner sagen, man kann einfach weiterregieren und es sei nur die Wahlwiederholung." Berlin sei dramatisch "unterregiert".

Bröcker fuhr fort: "Und da muss man der SPD natürlich, tut mir leid Frau Esken, sagen, nach 20 Jahren muss irgendwann auch mal Verantwortung da sein für das, wofür man steht." Er verstehe, dass die CDU auch einen inhaltlichen Regierungsauftrag sehe. "Und da muss man sich auch mal überlegen, ob man mit einer anderen Demut, einer anderen Bescheidenheit in so einen Abend geht".

Esken verteidigte sich: "Schlecht über diese Stadt zu sprechen, ist ein beliebter Sport, offensichtlich auch unter Berlinerinnen und Berlinern und das muss man auch ernst nehmen." Sie verwies auf das Wachstum der Stadt und sagte, "sie ist offenkundig sehr attraktiv". Statt auf die eigene Partei zu schauen, bemängelte sie in Richtung CDU: "Es ist ein Problem, dass man im Vorfeld nicht so miteinander gesprochen hat, dass man es nun leicht hat, miteinander in Gespräche zu gehen. Kai Wegner hat einen Abgrenzungs- und Spaltungswahlkampf geführt."

So hat sich Anne Will geschlagen

Anne Will musste nicht viel tun, um die Debatte in Schwung zu bringen, schließlich bringt ein Wahlabend per se ausreichend Stoff zum Zanken mit. So gehörten auch ihre Fragen zum Beispiel nach Regierungsauftrag, persönlichen Konsequenzen und Koalitionsoptionen zum Standardrepertoire nach Wahlen. Breit diskutieren ließ sie die Frage: "Kann es sein, dass Wegner am Ende mit leeren Händen dasteht und die anderen einfach weitermachen?".

Als die Debatte beim Thema "Silvesterkrawalle" abzugleiten drohte, bekam Will sie wieder gut eingefangen. Was sie versäumte: stärker nach den bundespolitischen Konsequenzen zu fragen.

Das ist das Ergebnis bei "Anne Will"

Die FDP, die wohl nicht wieder in den Senat einzieht, bekommt bundespolitisch die schärfsten Konsequenzen zu spüren und dürfte in der Zukunft versuchen, ihr Profil in der Ampelregierung zu schärfen. Gleichzeitig wurde deutlich, dass sich die Bürgerinnen und Bürger nicht nur für Corona und Ukraine-Krieg interessieren, sondern für die Themen, die ihnen nahe sind: Sicherheit und Verwaltung beispielsweise. Zu möglichen Koalitionen schien am Wahlabend noch einiges offen – erst müssen die Plätze zwei und drei geklärt werden.

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