Olaf Scholz verkündete Anfang der Woche, dass Deutschland keine "Taurus"-Marschflugkörper an die Ukraine senden werde. Bei "Markus Lanz" geriet SPD-Politiker Peter Tschentscher am Dienstagabend verbal ins Straucheln, als er die späte Entscheidung des Bundeskanzlers begründen musste.
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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
Der Hamburger Hafen geriet in den vergangenen Jahren immer wieder in den Fokus der Öffentlichkeit, nachdem hochbrisante Drogen-Ladungen von deutschen Zollbeamten entdeckt wurden. 2021 stellte der Zoll beispielsweise 16 Tonnen Kokain am Hafen sicher. Ein Rekordfund, der ein gigantisches Sicherheitsproblem in Deutschland offenlegte.
Markus Lanz blickte am Dienstagabend auf die organisierte Kriminalität, die den deutschen Hafen zu überschwemmen droht. Gleichzeitig debattierte der ZDF-Moderator über das "Nein" von Bundeskanzler Olaf Scholz zur "Taurus"-Lieferung an die Ukraine, das landesweit auf Unverständnis stieß.
Das sind die Gäste
Peter Tschentscher , SPD-Politiker: "Da wird der Eindruck erweckt, die Chinesen kauften unseren ganzen Hafen."- Benedikt Strunz, Investigativreporter: "Hamburg steht wirklich im Fokus der internationalen Kokain-Banden."
- Ursula Weidenfeld, Journalistin: "Mir bereitet die Gesamtentwicklung im Hamburger Hafen Sorgen."
- Maria Kuban, Suchtexpertin: "Synthetische Opioide sind inzwischen auch in Europa angekommen."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
Mit Blick auf die deutsche Wirtschaft erklärte Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD): "Wir sind in einer schwierigen Transformationsphase. Wir haben diese enorm hohen Energiekosten. Wir haben unendlich viel nachzuholen in der Infrastruktur." Dem stimmte Journalistin Ursula Weidenfeld zu und ergänzte, dass die prekäre wirtschaftliche Lage ganz deutlich am Beispiel des Hamburger Hafens zu erkennen sei. Dort gebe es mittlerweile einen Gewinneinbruch von über 50 Prozent.
Markus Lanz hakte interessiert nach: "Der Hamburger Hafen ist wichtig für die deutsche Wirtschaft?" Tschentscher antwortete mit einem energischen "Ja!" und erklärte, dass der Hamburger Hafen ganz Deutschland nütze. "Er hat eine nationale Bedeutung", so der SPD-Politiker. Umso bedrohlicher scheint die jüngste Entwicklung am Hafen zu sein, wie Markus Lanz deutlich machte: "Das Einzige, was richtig brummt, ist die Einfuhr von Kokain." Investigativreporter Benedikt Strunz nickte zustimmend und offenbarte daraufhin, dass vor zehn Jahren etwa eine Tonne Kokain vom deutschen Zoll sichergestellt worden seien. "Für das vergangene Jahr rechne ich jetzt mit Sicherstellungsmengen von etwa 40 Tonnen", so Strunz. Eine Summe, die nicht nur Lanz schockierte.
Der ZDF-Moderator erinnerte daraufhin an den Vorfall am Hamburger Hafen im Jahr 2021, bei dem 16 Tonnen Kokain gefunden wurden. Strunz ergänzte dazu, dass es sich damals um den größten Kokain-Fund Europas gehandelt habe, "einer der größten weltweit, der wirklich in Hamburg gemacht wurde". Lanz wollte daraufhin wissen, wie das Kokain damals nach Hamburg geschmuggelt wurde. Strunz erklärte, dass die Lieferung "über mehrere Container (...) aus Paraguay" kam. "Die waren deklariert als Spachtelmasse. Und in dieser Spachtelmasse waren dann eben Kokain-Blöcke versteckt in insgesamt vier Containern", so Strunz. Der Investigativreporter fügte warnend hinzu: "Spätestens dann muss eigentlich allen klar gewesen sein (...): Hamburg steht wirklich im Fokus der internationalen Kokain-Banden."
Eine Steilvorlage für Lanz, der auf die Hilflosigkeit der deutschen Zollbeamten aufmerksam machte. "Das ist hilflos", stimmte Benedikt Strunz zu. Dennoch fragte Lanz: "Logistisch und personell - sind wir auf das vorbereitet?" Der Reporter wiegelte ab: "Das hat eine Dimension angenommen, auf die wir sicherlich nicht vorbereitet sind." Der Grund: Die Schmuggel-Methoden der kriminellen Banden haben laut Strunz längst ein neues Level erreicht: "Es gibt wirklich keinen Weg, den es nicht gibt. (...) Es ist viel Fantasie im Spiel."
Auch SPD-Politiker Tschentscher gab zu: "Die Methoden sind so ausgefeilt, weil man in Deutschland, in Europa, unglaublich viel Geld für Kokain bezahlt bekommt. Wir haben also pro Kilo 50.000 bis 80.000 Euro, die gezahlt werden." Gerade deshalb komme es laut Strunz immer wieder zur Bestechung von Hafen-Mitarbeitern: "Wir haben die organisierte Kriminalität wirklich im Hafen!"
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Das ist das Rede-Duell des Abends
Mit Blick auf Scholz' Taurus-Absage an die Ukraine wollte Lanz wissen: "Warum hat er dafür so lange gebraucht?" Peter Tschentscher redete sich zunächst um Kopf und Kragen und lobte die "Zeitenwende"-Rede des Bundeskanzlers nach Beginn des Ukraine-Krieges. "Vor dem Hintergrund ist jetzt die Rolle von Olaf Scholz, die Allianz gegen Russland zur Unterstützung der Ukraine aufrechtzuerhalten - aber eben auf Geschlossenheit zu achten." Deutschland dürfe laut Tschentscher dabei "nicht selbst Kriegspartei" werden.
Lanz konterte kritisch: "Sie antworten nicht auf meine Frage. Die Frage war, warum braucht er so lange, um zu erklären, warum wir keine Taurus schicken?" Der SPD-Mann antwortete schwammig: "Weil er natürlich auch immer im Hintergrund (...) Abstimmungen machen muss." Das Argument schien Lanz nicht zu beeindrucken. Er stellte klar: "Aber die Franzosen schicken etwas Vergleichbares schon seit langer Zeit. Die Briten tun es auch. Wir tun es nicht. Wo ist die Geschlossenheit der Nato an dem Punkt und warum brauchen wir so lange?" Tschentscher versuchte erneut, einer klaren Aussage aus dem Weg zu gehen und sagte: "Die Geschlossenheit des Westens besteht darin, dass alle sich weiterhin beteiligen. Dass die Vereinigten Staaten von Amerika, die Europäer insgesamt, (...) die Ukraine militärisch und finanziell unterstützen."
Der ZDF-Moderator hakte zum wiederholten Male genervt nach: "Warum brauchen wir so lange für eine Erklärung?" Daraufhin wurde der SPD-Mann patzig und sagte: "Ich bin jetzt nicht das Bundespresseamt!" Scholz mache laut Tschentscher "einen ziemlich guten und konzentrierten Job" und die Ukraine erkenne dies an. Lanz musste dem jedoch widersprechen und stellte klar: "Das ist nicht hilfreich aus Sicht der Ukraine, was wir hier gerade machen. Wir liefern diese Marschflugkörper nicht, die sie gerne hätten. (...) Und dann kommt so eine dünne Erklärung!"
Der Hamburger Bürgermeister versuchte sich erneut zu verteidigen: "Ich will nur sagen, dass ich die Bundespresseamtsarbeit jetzt nicht machen kann." Gleichzeitig fügte er energisch hinzu: "Wir sind die zweitgrößte Unterstützernation (...) weltweit - nach den Vereinigten Staaten." Eine Aussage, die Markus Lanz kaltließ. Er stichelte weiter gegen Tschentscher: "Ich weiß, ich quäle Sie jetzt damit. Sie sagen, die Entschlossenheit ist wichtig. (...) Und dann reitet jetzt plötzlich der französische Präsident nach vorne und sagt: 'Vielleicht denken wir auch mal darüber nach, Bodentruppen in die Ukraine zu schicken'. Wie passt das alles zusammen?" Der SPD-Politiker wiegelte ab und erklärte, dass es bereits häufiger vorgekommen sei, "dass andere Regierungschefs mal vorgeprescht sind". Demnach sei es jetzt "wichtig in dieser Situation, die Geschlossenheit zu suchen (...), sich rückzukoppeln, die Folgen jeder einzelnen Entscheidung abzuwägen."
So hat sich Markus Lanz geschlagen
ZDF-Moderator Markus Lanz forderte in seiner Sendung vor allem SPD-Politiker Peter Tschentscher verbal heraus, als es um die Taurus-Absage von Olaf Scholz ging. Auf konkrete Fragen wollte Tschentscher jedoch nur selten reagieren und ließ sich nicht in die Karten schauen, was die militärischen Entscheidungen des Bundeskanzlers anbelangt.
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
In Bezug auf den Anstieg der organisierten Kriminalität in Deutschland und insbesondere am Hamburger Hafen warnte Benedikt Strunz bei "Markus Lanz", dass die Politik zu lange weggeschaut habe. In manchen Ländern sei die organisierte Kriminalität mittlerweile "so stark (...), dass sie den Staat militärisch herausfordern kann". Dies sei laut Strunz "ein wahnsinniges Problem", das "auch für Hamburg" gelte.
"Organisierte Kriminalität stellt die Grundfesten der Demokratie infrage. Wir können nach Südamerika schauen, nach Mittelamerika, (...) aber wir müssen hier unsere Hausaufgaben machen. Wir sehen, dass der Staat herausgefordert wird. Wir sehen, dass Korruptionshandlungen stattfinden und wir sehen, dass Presse in Europa Angst bekommt, über diese Phänomene zu sprechen", warnte Strunz eindringlich. © 1&1 Mail & Media/teleschau
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