Nach den verheerenden Hamas-Attacken auf Israel droht ein Flächenbrand im Nahen Osten. Bei "Markus Lanz" ordnete Militär-Expertin Florence Gaub die Gefahrenlage vor Ort ein, während Extremismusforscher Ahmad Mansour vor den gesellschaftlichen Folgen in Europa warnte.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Der Krieg in Nahost verhärtet sich weiter. Bei "Markus Lanz" erläuterte Militär-Expertin Florence Gaub, warum nun die Risiken eines Flächenbrandes steigen und der Kampf gegen die Hamas ein schwieriges Unterfangen sein wird.

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Gleichzeitig kritisierte Extremismusforscher Ahmad Mansour die Naivität der deutschen Politik in Bezug auf die Radikalisierung deutscher Muslime.

Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

"Die Situation im Nahen Osten spitzt sich weiter zu", erklärte Markus Lanz. Während die Zahl der Toten in Israel mittlerweile auf über 1.200 gestiegen ist, hat das Land seine Gegenoffensive im Gazastreifen fortgesetzt. Mit seinen Gästen sprach Lanz deshalb nicht nur über die Gefahren eines Zwei-Fronten-Krieges, sondern auch über die Verfehlungen der Politik in Bezug auf Muslime in Deutschland.

Das sind die Gäste

  • Michael Roth, SPD-Außenpolitiker: "Unsere Solidarität mit Israel in Deutschland muss mehr sein als ein Lippenbekenntnis."
  • Elmar Theveßen, Journalist: "Es geht nicht um die Zerstörung Gazas, aber es geht um die Zerstörung der Hamas."
  • Florence Gaub, Politologin: "Egal, wie es jetzt weitergeht, ihr Ziel hat die Hamas schon erreicht."
  • Deborah Feldman, Bestsellerautorin: "Ich habe so Angst, dass es nur noch schlimmer wird für beide Seiten."
  • Ahmad Mansour, Extremismusforscher: "Wir leben in einer Welt, in der Konflikte nicht dort bleiben, wo sie entstehen."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Mit Blick auf die Gegenoffensive Israels sowie die militärische Unterstützung aus den USA, erklärte Militär-Expertin Florence Gaub zunächst, dass mit allen Mitteln versucht werde, zu verhindern, "dass es jetzt zu einem Flächenbrand kommt".

Dies wäre der Fall, sollte sich die libanesische Miliz Hisbollah in den Konflikt mit einmischen. Eine Vorstellung, die bei Markus Lanz große Sorge auslöste. Er fragte in Richtung Michael Roth, ob Deutschland genau wie die USA zu klaren Aussagen sowie militärischer Hilfe bereit sei.

Laut des SPD-Politikers sei es jedoch aus deutscher Sicht wenig sinnvoll, die "best ausgerüstete Armee der Welt" militärisch zu unterstützen, sondern vielmehr das Bewusstsein der Bevölkerung zu stärken, dass es sich bei Israel um "das Opfer" handle und somit Gegenangriffe vertretbar seien.

In dem Zusammenhang merkte Roth an, dass es jetzt vor allem darum gehe, die Hamas "zu vernichten" und "ihre Infrastruktur zu zerstören". Der SPD-Mann ergänzte, dass dabei auch viele Zivilisten zu Opfern werden würden: "Dass das nicht mit schönen Bildern verbunden ist und dass das auch schrecklich werden wird, muss allen klar sein."

Doch Roth machte auch deutlich: "Der Gazastreifen ist nicht nur ein Ort, wo viele Menschen leben. Es ist auch eine Terrorzelle." Diese müsse jetzt zerstört werden, "damit es überhaupt eine Chance auf Frieden gibt für die Menschen in Israel".

Dem stimmte auch Ahmad Mansour zu, der mit Blick auf die vielen Opfer sagte: "Ich habe Videos, Sachen gesehen, die ein Mensch nicht ertragen kann. Mein Glaube an die Menschheit ist verloren."

Florence Gaub zeigte sich jedoch skeptisch, dass die Hamas "auszuradieren" sei. "Es gibt ein unglaubliches Tunnelsystem", erklärte Gaub, die ergänzte, dass der Gazastreifen "zu dicht besiedelt" sei und man nicht einfach vor Ort die "Bösen" herauspicken könne, ohne dabei eine beachtliche Anzahl von Zivilisten zu töten.

Autorin Deborah Feldman reagierte sichtlich emotional: "Ich habe so Angst, dass es nur noch schlimmer wird für beide Seiten." Besonders die betroffenen Israelis hätten durch die Angriffe bereits "ein Riesentrauma" erlitten.

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Mit Blick auf die Zukunft warnte Feldman: "Es wird unser Gefühl der Sicherheit in der Welt für immer verändern." Extremismusforscher Ahmad Mansour nickte: "Das wird den Nahen Osten für immer verändern."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Später sprach Markus Lanz die pro-palästinensischen Demonstrationen in Deutschland an. Ahmad Mansour kritisierte besonders "den naiven Umgang" der deutschen Politik mit israelfeindlichen Kundgebungen und sagte: "Ich finde keine Worte, um das zu beschreiben." Laut Mansour seien bei den Demonstrationen vor allem Menschen zu sehen, "die auf unsere Grundwerte spucken".

Als Michael Roth erklärte, dass "unsere Soldiarität mit Israel in Deutschland" mehr "als ein Lippenbekenntnis" sein müsse, wetterte Mansour weiter: "Was ist eigentlich mit der Hilfe an die palästinensischen Gebiete?" Auch Lanz wollte mit Blick auf die 300 Millionen Euro Hilfsgelder aus Deutschland wissen: "Wie kann das alles sein?"

Michael Roth stellte daraufhin klar, dass in Deutschland "seit vielen Jahren" über die Finanzierung gestritten wird. Es sei laut des Politikers jedoch "zynisch, wenn auf der einen Seite mit deutschem Geld Beton für Schulen finanziert" werde "und gleichzeitig das Regime das eigene Geld" ausgebe, "um Beton für Munitionsdepots" zu nutzen. "Das ist das Dilemma, in dem wir uns befinden", stellte Roth fest.

Laut Extremismusforscher Mansour habe die deutsche Politik "nicht nur Richtung Israel" eine Verantwortung, sondern "auch Richtung Neukölln (...), um dafür zu sorgen, dass in unseren Schulen, auf unseren Straßen nicht diese Pro-Hamas-Terroraktionen auch unterstützt werden".

In dem Bereich vermisse er eine offene Diskussion "über muslimischen Antisemitismus, über Probleme in der Integration". "Da erhoffe ich mir mehr als Worte, sondern auch Taten", forderte Mansour. Er machte auch deutlich, wie ernst die Lage sei, denn: "Ich bin in diesem Konflikt groß geworden. Ich war teilweise auch radikal, ich habe mit der Hamas sympathisiert." Genau deshalb warnte er, dass die deutsche Politik sehr naiv damit umgehe, "was eine multireligiöse, multikulturelle Gesellschaft ist, was das bedeutet".

"Wir reden über Migration, als seien die Menschen Zahlen", beklagte Mansour. Er ergänzte, dass die "Illusion Multikulti" endlich besprochen werden müsse, woraufhin Michael Roth zugab: "Ich will den Traum von einer Gesellschaft, in der wir ohne Angst verschieden sein können, nicht aufgeben. Aber wir waren zu naiv."

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz hatte am Mittwochabend Schwierigkeiten, einen roten Faden in der Diskussion beizubehalten. Immer wieder wechselte er zwischen Themenkomplexen wie dem Ursprung der Hamas, der israelischen Gegenoffensive sowie der Radikalisierung der muslimischen Gesellschaft in Deutschland und gab sich große Mühe, jeden einzelnen Aspekt so ausführlich wie möglich zu besprechen. Leider rannte ihm die Zeit davon.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Der Nahost-Konflikt ist ein Jahrhundert-Thema, bei dem es noch immer keine klare Lösung gibt. Bei "Markus Lanz" wurde in Bezug auf Palästina und Israel über die "Zwei-Staaten-Lösung" gesprochen, die jedoch laut Michael Roth kaum möglich sein dürfte.

Er erklärte, dass die Hamas nicht für eine "Zwei-Staaten-Lösung" stehe, denn: "Hamas will Israel zerstören, von der Bildfläche verschwinden lassen."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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