Für seinen Ukraine-Besuch musste Bundeskanzler Olaf Scholz jüngst viel Kritik einstecken. Bei "Markus Lanz" stärkte ihm der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil den Rücken und legte sich verbal mit dem ZDF-Moderator an.
Die Ukraine-Politik ist eines der zentralen Themen im Wahlkampf für die vorgezogene Bundestagswahl Ende Februar. Kein Wunder also, dass der Bundeskanzler für seinen jüngsten Besuch in Kiew nicht nur Applaus erhalten hat.
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Das war das Thema bei "Markus Lanz"
Vor wenigen Tagen ist Bundeskanzler
Der Besuch des Kanzlers sorgte jedoch längst nicht bei allen für Begeisterung. Aus der CDU wurden Stimmen laut, dass Scholz mit seiner Ukraine-Reise "Wahlkampf auf dem Rücken der ukrainischen Bevölkerung" betrieben hat, wie Roderich Kiesewetter der "Augsburger Allgemeinen" sagte. Markus Lanz debattierte daher am Donnerstagabend über die erneute Kandidatur und Ukraine-Politik von Olaf Scholz. Überdies sprach er auch die "D-Day"-Affäre in der FDP an.
Das waren die Gäste
- Lars Klingbeil, SPD-Vorsitzender: "Ich lehne die FDP als politische Partei nicht ab."
- Kerstin Münstermann, Journalistin: "Die SPD versucht gerade, so eine Art Wahlkampf mit der Angst der Leute zu machen."
Christian Mölling, Militärexperte: "Russland ist konstant kriegswillig und zunehmend kriegsfähig."
Das war der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
Zu Beginn der Sendung wollte Markus Lanz von Lars Klingbeil wissen: "Wie groß ist Ihre Schadenfreude, dass es bei der FDP gerade noch schlechter läuft als bei Ihnen?" Der SPD-Vorsitzende antwortete vorsichtig: "Schadenfreude ist das falsche Wort. Ich bin persönlich enttäuscht. Persönlich, weil ich bis kurz vor dem Bruch der Koalition auch mit Leuten wie Christian Lindner (...) teilweise in Vieraugengesprächen über wichtige Fragen geredet habe."
Klingbeil sagte, er sei fälschlicherweise davon ausgegangen, dass er "da ernsthafte Gespräche" geführt habe, "also Gespräche, wo jemand wirklich auch eine Lösung finden will". Über die heimlichen Ausstiegspläne der FDP schimpfte er: "Das ist der Situation des Landes, in der wir gerade sind, (...) nicht angemessen. Ich finde, das ist ein Schauspiel, was der drittgrößten Volkswirtschaft dieser Welt nicht angemessen ist."
Lanz fragte daraufhin, ob sich Klingbeil vorstellen könne, künftig wieder mit Lindner zusammenzuarbeiten. Eine Frage, die den SPD-Mann nachdenklich stimmte. Mit der FDP gebe es zwar viele Schnittmengen, aber in Bezug auf "Christian Lindner ist da eine bittere persönliche Enttäuschung". Klingbeil stelle sich seit dem Ampel-Bruch "die Frage, wie verlässlich er ist".
Der Politiker gab weiter zu, dass er in einen Handschlag mit Lindner "kein Vertrauen" mehr habe und nicht glaube, "dass das mit Christian Lindner funktioniert". Klingbeil offenbarte daraufhin, dass er bereits vor dem Koalitionsausschuss am 6. November Anrufe aus der FDP erhalten hat, in denen er gewarnt wurde: "Pass auf, die wollen das brechen. Es gibt ein Drehbuch."
Als Lanz überrascht reagierte, erklärte der SPD-Mann weiter: "Ich konnte mir das nicht vorstellen. Ich habe das nicht zu 100 Prozent ernst genommen." Im Koalitionsausschuss habe er jedoch schnell gemerkt, dass Christian Lindner einfach keine Lösung finden wollte.
Ein Fakt, der Journalistin Kerstin Münstermann fassungslos machte. Die Journalistin gab an, dass sie es "total dramatisch" findet, "dass drei Parteien der politischen Mitte es nicht miteinander hinkriegen, dieses Land zu regieren". Lars Klingbeil nickte zwar nachdenklich, fügte aber abschließend hinzu, dass er "die FDP als politische Partei nicht" ablehnt und alle demokratischen Kräfte "grundsätzlich miteinander sprechen können müssen".
Das war das Rede-Duell des Abends
Als es um das Geraune rund um die Frage der SPD-Kanzlerkandidatur ging, wurde die Debatte hitzig. Lars Klingbeil gab zwar zu, dass es "zu lange gedauert" hat, Scholz als Kandidaten zu verkünden, er versicherte jedoch, dass "die Geschlossenheit" in seiner Partei nun da ist. Markus Lanz ließ sich davon nicht beirren und unterstellte dem SPD-Vorsitzenden: "Sie haben das deswegen so lange laufen lassen, weil Sie gehofft haben, dass beim Kanzler die Einsicht wächst, dass er Platz machen muss für jemand anderen."
Klingbeil wiegelte ab: "Ich habe (...) gelesen, dass ich
Der ZDF-Moderator wollte die Version des SPD-Mannes jedoch nicht abkaufen - genauso wenig wie Kerstin Münstermann. Sie vermutete: "Da hat jemand auch gewartet, ob die Rufe nach ihm so laut werden, dass er es machen muss. (...) Am Ende hat Olaf Scholz eiserne Nerven bewiesen und war von der Idee der nochmaligen Kandidatur nicht abzubringen."
Markus Lanz zitierte daraufhin Boris Pistorius, der Scholz einen "herausragenden Kanzler" nannte, der eine führende Rolle in Europa übernehme. Ein Satz, den der ZDF-Moderator so nicht akzeptieren konnte, da der polnische Premierminister Donald Tusk erst kürzlich versucht habe, "eine Allianz zu schmieden" in der Unterstützung für die Ukraine. Deutschland sei "explizit nicht" dabei gewesen, "wenn es um die Frage geht: Wie geht es weiter in der Ukraine?"
Klingbeil unterbrach den Moderator wütend: "Nein, jetzt wird es polemisch!" Lanz hakte irritiert nach: "Was ist daran polemisch?" Klingbeil antwortete streng, dass es viele Beispiele gebe, bei denen Scholz in Europa eine "herausragende" Rolle spiele. Der SPD-Politiker wetterte weiter: "Ich finde, dass die Politik des Bundeskanzlers, was die Ukraine angeht, (...) sehr weitreichend ist und dass sie klar ist."
Weder Lanz noch Christian Mölling wollten dem zustimmen. Der Militärexperte merkte an: "Es gibt (...) bis heute keine Erklärung darüber, was denn das Ziel unserer Hilfe für die Ukraine eigentlich ist." Mölling weiter: "Sich dauerhaft nur verteidigen können, ist kein Ziel und (...) es funktioniert ja auch nicht. Wir liefern ja auch dafür immer noch zu wenig!"
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Zwar löcherte Markus Lanz den SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil mit teils stichelnden Fragen, doch zum Ende der Sendung zeigten sie sich versöhnlich, als der ZDF-Moderator ein baldiges Wiedersehen einforderte: "Sie haben eine Wildcard hier bei uns." Anschließend sprach er eine Einladung an Olaf Scholz aus und sagte schmunzelnd: "Er war ja länger nicht hier."
Das war das Fazit bei "Markus Lanz"
Innerhalb der Sendung unterstellte Kerstin Münstermann der SPD, "eine Art Wahlkampf mit der Angst der Leute zu machen" und "mit dem unguten Bauchgefühl der Leute" zu spielen. Ein Vorwurf, den der SPD-Vorsitzende von sich wies: "Die Leute haben berechtigt auch Sorgen, wie dieser Krieg weitergeht." Lanz hakte prompt nach: "Und muss man das dann weiter verstärken?"
Eine Frage, auf die Klingbeil mit einem strengen "Bei Scholz weiß man, woran man ist" reagierte. Dennoch machte Lanz deutlich, dass die Unzufriedenheit mit dem politischen Angebot im Land so groß und "dramatisch" ist wie lange nicht mehr. Auch Christian Mölling nickte und warnte, dass dies mit Blick auf die Neuwahlen auch bedeuten könne, "dass es richtig schiefgehen kann". "Ich mache mir da schon große Sorgen", mahnte der Militärexperte. © 1&1 Mail & Media/teleschau
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