Wie hätten Sie den Lockdown gern? Sofort oder später, aber dafür länger? Karl Lauterbach wagt bei "Maischberger" eine niederschmetternde Prognose. Armin Laschet verteidigt sich und Jens Spahn, legt sich aber mit einer angriffslustigen Mutter an.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Bartlau dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Gute Nacht, Deutschland! "Mr. Tagesthemen" Ulrich Wickert attestiert dem Land zu nachtschlafender Stunde bei "maischberger. die woche" eine Narkolepsie und ruft nach alten Helden. Karl Lauterbach prophezeit derweil mit beunruhigender Gewissheit den nächsten Lockdown, und CDU-Chef Armin Laschet verteidigt den Bundesgesundheitsminister und sich selbst - auch gegen die angriffslustige Gastgeberin.

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Das sind die Gäste bei "Maischberger. die Woche"

"Wir sollten weniger versprechen", sagt CDU-Chef Armin Laschet zum Corona-Management der Regierung. Parteifreund Jens Spahn nimmt er ausdrücklich in Schutz, auch wenn das Hin und Her um Astrazeneca nicht gerade "die Stimmung erhöht". Der Impfstopp sei aber richtig gewesen - jede weitere Tote wäre Spahns Tote gewesen.

SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach vermutet einen Zusammenhang zwischen den seltenen Thrombosen und Astrazeneca, hofft aber trotzdem, dass der Impfstopp rückgängig gemacht wird: "Ich bleibe dabei, das ist ein sicherer Impfstoff".

Auf eine schnellere Impfung in Deutschland hofft auch Fußball-Nationalspieler İlkay Gündoğan. Er ist im September an Corona erkrankt: "Es ging mir so schlecht wie noch nie."

Ulrich Wickert, mittlerweile 78 Jahre alt, würde gern geimpft werden, hat aber noch keinen Termin, was er auf die überbordende Bürokratie schiebt – und ihn zu einem harten Urteil führt: "Deutschland ist eingeschlafen, uns geht’s zu gut."

Immerhin bei der Union läuft es, pardon, wie geschmiert. "Süddeutsche"-Journalistin Alexandra Föderl Schmid glaubt, dass noch "einiges im Busch" ist: "Die Union kriegt das Thema nicht vom Tisch".

Der neue Verhaltenskodex in der Unionsfraktion amüsiert Hauptstadtjournalistin Kristina Dunz: "Man liest das und denkt: Echt jetzt? Ich dachte, sowas gäbe es schon immer." Der plötzliche Drang zur Transparenz habe nur einen Grund: "Es ist Wahljahr."

Das ist der Moment des Abends

Wer ruhig schlafen wollte, hätte spätestens kurz vor dem Gespräch mit Karl Lauterbach abschalten müssen. Rund um die Geisterstunde beschwört der Epidemiologe das Gespenst des neuerlichen Lockdowns, das schon bedrohlich real aussieht: "Entweder wir gehen zurück in den Lockdown wie vor dem 7. März und machen die Schulen erst auf, wenn die Tests funktionieren - oder wir machen es nicht und machen das gleiche eben später, aber länger." Eine dritte Option hält Lauterbach für undenkbar, zu schnell verbreite sich die britische Variante, es laufe auf eine Verdopplung der Zahlen alle zehn Tage hinaus. "Wir müssen die Notbremse ziehen, sonst haben wir ein Riesenproblem."

Und was, wenn wir Impfstrategie ändern, will Ulrich Wickert wissen, wenn die Risikogruppen geschützt sind, spielten die hohen Inzidenzen doch keine Rolle mehr? "Eine gute und wichtige Frage", sagt Lauterbach, die Antwort klingt alles andere als gut: "Wir haben den Impfstoff dafür nicht." Die dritte Welle werde besonders die 50- bis 80-Jährigen treffen, "die gehen jetzt voll ins Risiko".

Wenn die MPK tatsächlich zur Notbremse greift am Montag - wie lange wird der Lockdown nötig sein? Vielleicht sogar bis Ende April, wirft Sandra Maischberger ein. "Das wird den Leuten den letzten Rest Engagement nehmen", meint Kristina Dunz. "Wie nimmt man die Menschen mit?", fragt Alexandra Föderl-Schmid. "Wie immer nur mit Ehrlichkeit", sagt Karl Lauterbach. Ob das die Ministerpräsidentinnen auch so sehen?

Das ist das Rede-Duell des Abends

Was für eine diabolische Einstiegsfrage: "Wem geht es schlechter - der CDU oder der katholischen Kirche in Köln?" Armin Laschet trippelt mit den Füßen, als er sich gesammelt hat, wählt er die Kirche, auch wenn er zu den Skandalen in Köln nicht allzu viel sagen will. "Ich glaube nicht, dass Politiker das kommentieren sollten, die haben ihren eigenen Probleme." Vor allem, wenn Sie ein CDU-Parteibuch besitzen.

Die Niederlagen vom Wochenende wischt Laschet beiseite, "es waren ja Landtagswahlen", und die schlechten Umfragwerte für ihn und seine Partei, ja nun, deswegen werde er sicher nicht auf die Kanzlerkandidatur verzichten, sowas habe er schon oft erlebt, damals im NRW-Wahlkampf gegen Hannelore Kraft und im Rennen gegen Friedrich Merz. "Ich werbe für meine Ideen und darf mich nicht nach Umfragen richten."

Mit seinem Corona-Kurs sind in NRW nicht alle einverstanden, um es vorsichtig zu formulieren. Einige Städte würden gern die Kitas und Schulen schließen, die Landesregierung verbietet das, "Kinder müssen Vorrang haben", sagt Laschet, vor Baumärkten und Friseuren.

Klingt gut, überzeugt die Gastgeberin aber nicht, die "als Mutter" in wenigen Sekunden mit dem angeblich so guten Unterrichtskonzept abrechnet: "Es gibt keinen Wechselunterricht, keine Teststrategie, keine Onlineformate (…). Es funktioniert nicht."

Maischberger bemerkt Laschets Irritation, entschuldigt sich, "ich rege mich gleich wieder ab", was nicht stimmt, immer wieder fällt sie Laschet ins Wort, und überhaupt, auch der offene Streit zwischen Kommunen und Land sei doch nicht gerade vertrauensbildend. Laschet, entnervt: "Wie wollen Sie es denn machen, Frau Maischberger?" - "Gemeinsam."

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So hat sich Sandra Maischberger geschlagen

Die Plasberg-Gedächtnis-Performance als Stimme des (empörten) Volkes bleibt auf das Einzelgespräch mit Armin Laschet beschränkt, ansonsten leitet Maischberger konzentriert durch die Sendung - was auch daran liegt, dass es im Wesentlichen nur um ein Thema geht: Corona, Corona, Corona.

Das ist das Ergebnis

Einen Lachanfall löst Ulrich Wickert bei Maischberger aus: "Was fehlt, ist ein Helmut Schmidt", dröhnt der TV-Veteran, der in die ganz alten Zeiten der Bundesrepublik abdriftet, als der damalige Hamburger Innensenator die Sturmflut 1962 mithilfe der Bundeswehr bekämpfte. Eine Heldentat - und ein glatter Verfassungsbruch.

In Zeiten der Grundrechtsbeschränkungen vielleicht nicht die glücklichste Referenz, aber Wickert legt noch einen drauf: Der letzte Politiker mit einer Vision im Land sei Gerhard Schröder gewesen, "da ist was vorangegangen", was aus einer Villa in Hamburg heraus betrachtet sicher stimmt, aber halt eine Frage der Perspektive ist.

Heraufbeschworen hat die Debatte Armin Laschets plötzliche Hemdsärmligkeit: Ärzte sollten sich doch bitte einfach über die bürokratischen Hürden hinwegsetzen, sagt er. "Einfach machen! Nicht immer rückfragen!" Außer natürlich, man ist die Schuldezernentin von Düren und möchte dichtmachen, dann bitte artig auf den Landesherrn hören!

Weltärztepräsident Montgomery sieht Astrazeneca-Stopp kritisch

Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery zieht den vorläufigen Stopp für Impfungen mit Astrazeneca in Zweifel. "Dass Menschen Thrombosen und Lungenembolien bekommen, muss nicht unbedingt etwas mit der Impfung zu tun haben", sagte Montgomery dem Redaktionsnetzwerk Deutschland vom Dienstag. Nach den ihm bekannten internationalen Studien sei die Thrombose-Häufigkeit in der Placebo-Gruppe und in der Gruppe mit dem Impfstoff etwa gleich gewesen.

Eine klare Linie ist jedenfalls nicht erkennbar, so wie insgesamt der "Spirit" fehlt, wie es Alexandra Föderl-Schmid ausdrückt, die zuletzt in Israel gelebt hat, wo das Impfen "generalstabsmäßig" aufgezogen wird. Aber Deutschland schläft, um es mit Ulrich Wickert zu sagen, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes, wie Kristina Dunz bemerkt: So viele Berufsgruppen müssen rund um die Uhr arbeiten, sie kennen weder Feiertage noch Wochenende - warum wird dann nicht rund um die Uhr geimpft? "Da müsste man sagen: Ein Jahr lang machen wir einfach ein bisschen mehr los."

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