Bei Maischberger stand am Mittwochabend der Streit von Bund und Ländern in Sachen Flüchtlingspolitik im Mittelpunkt. Sind die zugesagten 1 Milliarde Euro für die Länder genug, oder noch nicht das Ende der Fahnenstange? Während Linkspolitiker Bartsch die Summe für zu niedrig hielt, plädierte FDP-Mann Dürr dafür, ganz wegzukommen von direkten Geldleistungen. Eine Forderung, die aus Sicht von Bartsch auf einer absurden Annahme beruht.

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Der Bund hat den Ländern auf dem Flüchtlingsgipfel mehr Geld versprochen. Für die Versorgung von Geflüchteten gibt es eine Milliarde Euro extra. Eigentlich hatten die Länder dauerhaft auf höhere Mittel gehofft, die automatisch an die Zahl der Asylbewerber angepasst werden.

Eine Entscheidung dazu soll erst im November fallen. Außerdem will die Bundesregierung Georgien und Moldau zu sicheren Herkunftsländern erklären und sich für die Durchführung von Asylverfahren an den EU-Außengrenzen einsetzen.

Das ist das Thema bei "Maischberger"

Zwei Themen mit Zündstoff: Bei Maischberger ging es am Mittwochabend (10.) um die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels und die anstehende Wahl in der Türkei. Verbunden damit waren die Fragen: "Setzen sich Bund oder Länder in der Flüchtlingspolitik durch?" und "Könnte Erdogan abgewählt werden?"

Außerdem debattierte das Studio über die Situation in der Ukraine, Verbesserungsbedarf in Sachen Einwanderungspolitik und den Trauzeugen-Skandal um Patrick Graichen.

Das sind die Gäste

Christian Dürr (FDP): Man müsse über mehr Klarheit und Ordnung in der Migrationspolitik reden, statt über Geld, forderte der Fraktionsvorsitzende. "Wir müssen es den Menschen, die nach Deutschland kommen wollen, um zu arbeiten, deutlich leichter machen", so Dürr. Diejenigen, die keine Perspektive hätten, müssten es hingegen deutlich schwerer haben. Man müsse mehr Menschen in den Arbeitsmarkt bekommen, "aber es kann keine Einwanderung in die sozialen Sicherheitssysteme mehr geben", sagte Dürr. "Deutschland sollte darüber nachdenken, statt der Geldleistung für Asylbewerber auch über Sachleistungen zu reden", meinte Dürr. Deutschland dürfe kein Magnet werden, weil es direkte Geldzahlungen gebe.

Cem Özdmir (Grüne): Maischberger blendete eine Szene aus 2018 ein, die Özdemir beim Empfang des Bundespräsidenten mit dem türkischen Präsidenten zeigte. Özdemir hatte Erdogan die Hand geschüttelt und etwas gesagt. Der Grünen-Politiker verriet, was er damals zu Erdogan gesagt hatte: "Von den Versprechen von damals ist nichts übriggeblieben", so Özdemir. Die Szene sei im türkischen Staatsfernsehen herausgeschnitten worden, man wolle den Zuschauern nicht zumuten, dass Erdogan sich Kritik stellen müsse. In Medienberichten sei außerdem nur das Bild gezeigt worden, wie Özdemir seine Hand ausstrecke und Erdogan sie ihm nicht gebe.

Dietmar Bartsch (Linke): Der Fraktionschef der Linken sagte: "Es war ein Gipfel der Enttäuschung." Die 1 Milliarde sei bereits vorab eingepreist gewesen, die Kommunen würden unter der Situation leiden. "Das ist ein Abspeisen", sagte er mit Blick auf die Länder. Im Vergleich zum Sondervermögem für die Bundeswehr, was über Nacht zur Verfügung gestellt werden konnte, sei die Milliarde wenig. Die Schuldenbremse sei nicht durchzuhalten. "Die Milliarde ist nicht das letzte Wort. Es wird gewaltige Auseinandersetzungen in den kommenden Wochen geben", meinte Bartsch.

Ulrich Wickert: "Ich halte ihn für einen mutigen Mann", sagte Journalist Wickert über Habeck. Er mache derzeit aber einen sehr nachdenklichen Eindruck. Mit der Entscheidung, dass Graichen nicht gehen muss, trenne er politische Gegnerschaft gegen seine Politik von dem Fehler. "Er sieht genau, welche Probleme damit zusammenstecken", so Wickert. Union und FDP würden ihn nun laufend wegen Vetternwirtschaft kritisieren.

Robin Alexander: "Dass die Bundesregierung auf diesen Kurs geht, mit Beteiligung der Grünen, mit Beteiligung der FDP – das ist bemerkenswert", sagte der Journalist über verpflichtende Asylantragsverfahren an den EU-Grenzen. Die ganze Rhetorik sei eine andere geworden. "Frau Merkel hat einen ganzen Parteitag dafür gekämpft, dass man nicht das Wort begrenzen sagt, Scholz sagt das einfach mal so", sagte Alexander. Es habe eine substantielle Verschiebung der Position der Bundesregierung gegeben. Es sei aber kein Geld mehr da und man komme an ein praktisches Problem: "Wenn kein Haus mehr da ist und kein Lehrer mehr da ist, dann ist es eigentlich auch egal, wer es bezahlt", sagte er.

Yasmine M’barek: "Es ist eine Vertagung des großen Problems", meinte Journalistin M’barek über den Flüchtlingsgipfel. Man treffe sich alle paar Monate zur Frage: "Wie gehen wir eigentlich damit um, dass immer mehr Flüchtlinge kommen?" und "wie erklären wir den eigenen Wählern, dass das nicht aufhören wird?" Zäune oder Frontex würden Menschen nicht davon abhalten, zu kommen. Auch ein Schreiben, das Menschen schon in ihrem Heimatland sage: "Nein, du wirst bei uns nicht aufgenommen werden", sei kein Grund für Menschen, sich nicht auf den Weg zu machen. "Das ist eine naive Vorstellung davon, wie Flucht funktioniert", war sie sich sicher.

Das ist der Moment des Abends bei "Maischberger"

"Dass Deutschland ein attraktives Land ist, ist unbestritten", leitete Bartsch ein, als Maischberger von ihm wissen wollte, ob Sach- statt Geldleistungen der richtige Weg seien. Er sei dagegen, meinte Bartsch.

"Das ist auch nicht der Grund, warum Menschen fliehen", war er sich sicher. Die Menschen würden nicht aus Afrika fliehen, weil es in Deutschland Geldleistungen gebe. "Das ist doch absurd!", so Bartsch. Die Menschen würden sich aus dem Senegal oder aus Mali heraus nicht kundig machen, ob es in Deutschland Geld- oder Sachleistungen gebe.

"Die Leute fliehen wegen des Klimawandels, weil es Kriege auf der Welt gibt", erinnerte er. Die Forderung stärke die, "die wir beide nicht wollen", sagte er in Richtung Dürr und spielte damit auf die AfD an.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Es ging um Geld für die Migrationspolitik und die Frage, ob die 1 Milliarde das letzte Wort sind. Bartsch forderte mehr Geld, woraufhin FDP-Mann Dürr ihn erinnerte: "Der Bund hat im letzten Jahr 3 Milliarden Euro an Schuldzinsen gezahlt für seine Bundeschuld. Das wird im kommenden Jahr auf über 40 Milliarden steigen."

Mehr Schulden würden wesentlich mehr Zinsen bedeuten "mit denen man keine Flüchtlinge versorgen kann, keine Bildungspolitik mehr machen kann. Deswegen rate ich an der Stelle ab," sagte Dürr. Den Steuerzahlern sei am Ende egal, ob Bund oder Länder zahlen müssten. Es brauche eine andere Migrationspolitik und nicht einfach nur mehr Geld.

Bartsch fühlte sich missverstanden. "Ich bin überhaupt nicht der Meinung, je mehr Schulden, desto besser. Das ist nicht meine Position", verteidigte er sich. Man müsse aber Prioritäten bei den Ausgaben setzen. "Diese 100 Milliarden Sondervermögen hat die FDP ohne Probleme mitgemacht", erinnerte er. Mit der jetzigen Entscheidung lasse man die Menschen vor Ort im Stich.

So hat sich Sandra Maischberger geschlagen

Maischberger gelang es, die ziemlich explosiven Themen zu versachlichen und auf einer streitbaren Ebene zu halten. Manche Fragen klangen deshalb vielleicht etwas technisch, etwa: "Wie schafft ein Land wie Deutschland es, Migration zu steuern?" oder "Helfen zwei weitere sichere Herkunftsländer den Kommunen?".

Trotzdem mangelte es Maischberger nicht an gezielten Sticheleien. "Wo kommt die Milliarde her?", wollte sie etwa von Dürr wissen – Christian Lindner hätte doch vor kurzem noch behauptet, es sei gar kein Geld da.

Das ist das Ergebnis bei "Maischberger"

Die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels erfuhren im Studio ziemlich unterschiedliche Bewertungen. Während Robin Alexander ein fehlendes Ergebnis monierte, lobte Ulrich Wickert eben jenes. Schade, dass Maischberger die Frage nach Geld- oder Sachleistungen nicht noch breiter diskutierte.

Zum einen hätte sie Bartsch fragen müssen, warum er Sachleistungen für den falschen Weg hält. Zum andere wäre es sicher lohnenswert gewesen, die Frage an die Kommentatoren im Studio weiterzugeben. Die Themen Ukraine-Krieg und Cannabis-Legalisierung wirkten dazwischen gequetscht, der Raum hätte wiederum dem Thema "Wahlen in der Türkei" gutgetan.





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