Bei der FDP-Mitgliederbefragung hat sich nur eine knappe Mehrheit für den Verbleib in der Ampelkoalition ausgesprochen. Ein fatales Ergebnis, zu dem FDP-Politiker Konstantin Kuhle bei "Markus Lanz" Stellung beziehen musste. Dabei legte er sich jedoch nicht nur verbal mit dem ZDF-Moderator an.
Seit Amtsantritt scheint sich die Ampelkoalition in essenziellen Fragen uneinig zu sein. Besonders die FDP leidet in jüngsten Umfrageergebnissen unter dem Dauerclinch. Bei "
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
Steht die Solarindustrie kurz vor dem Kollaps? Einzelne verbliebene Photovoltaik-Hersteller wie "Meyer Burger" warnen eindringlichst vor einer Vernichtung der Industrie, da alleine im Jahr 2022 rund 87 Prozent der nach Deutschland importierten Photovoltaikanlagen aus China kamen. Markus Lanz blickte daher auf die wirtschaftspolitischen Fehler der Ampelregierung und sprach über mögliche Subventionen für die deutsche Solarbranche.
Gleichzeitig analysierte der ZDF-Moderator die FDP-Mitgliederbefragung, in der sich Anfang des Jahres nur eine knappe Mehrheit (52,24 Prozent) dafür entschied, weiter mit SPD und Grünen zu regieren, während 47,76 Prozent dafür stimmten, die Koalition zu verlassen.
Das sind die Gäste
- Konstantin Kuhle, FDP-Politiker: "Wir können in Deutschland nicht jede Industrie subventionieren."
- Kristina Dunz, Journalistin: "Es ist wirklich, als hätte sich die Ampel im Matsch festgefahren."
- Gunter Erfurt, Manager: "Wärmepumpe in Verbindung mit einer Solaranlage ist die preiswerteste Form, sein Haus zu heizen."
- Dirk Neubauer, Landrat: "Wir haben eine Krisenüberlagerung, wie wir sie in diesem Land noch nicht gehabt haben."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
"Warum kommt ausgerechnet im Land der Energiewende jetzt auch noch der letzte relevante Photovoltaikhersteller unter die Räder?", wollte Markus Lanz in seiner Sendung wissen. Im Gespräch mit Gunter Erfurt, dem Manager des Solarkonzerns "Meyer Burger", wollte er daher wissen, wie die Zusammenarbeit mit der deutschen Politik laufe. Der CEO des angeschlagenen Unternehmens antwortete zunächst optimistisch: "Die Etablierung der Solartechnologie (...) ist eine riesige Erfolgsgeschichte weltweit - auch in Deutschland. Und das hat natürlich auch viel mit Politik zu tun."
Es habe zwar "einige Fehlentscheidungen (...) unter
Er offenbarte in dem Zusammenhang, dass die chinesische Solarindustrie über eine Milliarde Dollar an Subventionszahlungen erhalten habe. In Deutschland sei die Förderung der Solarindustrie "ein Bruchteil dagegen". "Wir sind in der Solarindustrie in einer einhundertprozentigen Abhängigkeit von China", stellte Gunter Erfurt besorgt fest.
Er sehe es demnach als große Gefahr an, dass es "ein einziges Lieferland für eine Technologie" gebe, "von der die Zukunft dieses Landes abhängt". Der CEO kritisierte daher die "massive Marktverzerrung" sowie ungleiche Wettbewerbs- und Marktkonditionen und sagte in Richtung FDP-Politiker Konstantin Kuhle: "Es muss jetzt etwas getan werden (...), diese Abhängigkeit zu reduzieren."
Laut Erfurt müsse in die deutsche Solarindustrie hineininvestiert werden, denn: "Wir schauen zu, wie eine Industrie immer mehr dominiert und nach China gezogen wird." Erfurt weiter: "Wenn wir keine Unterstützung kriegen, (...) dann kann man in Europa nicht in dieser Industrie produzieren."
Der Politiker reagierte jedoch skeptisch und erklärte nüchtern: "Wir können in Deutschland nicht jede Industrie massiv subventionieren." Laut des FDP-Mannes würden Subventionen nämlich dazu neigen, "bestimmte technische Entwicklungen einzufrieren". Eine "Dauer-Subventionierung" müsse man daher kritisch sehen. Ein Argument, das Gunter Erfurt nicht ganz nachvollziehen konnte. Er plädierte stattdessen dafür, in Zukunft "auf Augenhöhe verhandlungsfähig (...), widerstandsfähig" und "resilient" zu sein.
Das ist das Rede-Duell des Abends
Als Konstantin Kuhle immer wieder deutlich machte, in welch "schwierigen Zeiten" sich das Land befinde, richtete Markus Lanz den Blick auf die FDP und deren jüngste Mitgliederbefragung. Kuhle wollte sich darauf jedoch nur bedingt einlassen und sagte trocken: "Ich bin jetzt nicht jemand, der morgens aufsteht und sich denkt: 'Was ist mit der FDP los'." Lanz konterte ungläubig: "Doch, natürlich!" Kuhle blieb trotzdem bei seiner Meinung und sagte: "Nein, definitiv nicht. Wenn ich morgens aufstehe, dann geht's um die Begrenzung irregulärer Migration, dann geht's ums Thema Haushaltspolitik."
Eine Aussage, die der ZDF-Moderator nicht glauben wollte: "Wir wollten heute ehrlich sein in dieser Sendung. Natürlich geht's auch um die FDP!" Kuhle stichelte zurück: "Echt? Ich glaube, die Menschen in Deutschland haben gerade andere Sorgen als die FDP." Eine Aussage, die Lanz überraschte: "Sie als FDP-Vertreter sagen: Die FDP ist mir schnurz?" Konstantin Kuhle wiegelte prompt ab: "Die FDP ist mir nicht schnurz. Das ist meine Partei, in der ich seit fast 20 Jahren bin. Aber wenn man Regierungsverantwortung trägt, (...) dann sollte man sich nicht über seine eigene Arbeit beschweren, sondern sollte seine Arbeit machen."
Daraufhin hakte Lanz nach: "47 Prozent Ihrer eigenen Leute sagen: 'Geht da mal raus, ihr könnt's nicht!' Wie würden Sie das bewerten?" Die schwammige Antwort des Politikers: "Das macht mich sehr nachdenklich, und ich verstehe, woher das kommt." Lanz fragte unbeirrt weiter: "47 Prozent sagen: 'Bitte raus aus der Ampel' (...), und dann stellt sich Ihr Parteichef hin und sagt: 'Das ist ein klarer Auftrag, im Regierungshandeln weiter liberales Profil zu zeigen.'"
Als Konstantin Kuhle sich entschieden hinter Christian Lindners Worte stellte, wurde Lanz wütend: "Ein klarer Auftrag, um so weiterzumachen?" Der FDP-Mann antwortete verunsichert: "Nicht, um so weiterzumachen, aber um das eigene Profil sozusagen stärker zu zeigen."
Der ZDF-Moderator stellte fassungslos klar: "Herr Kuhle, jetzt mal im Ernst: Ist das einer der Gründe, warum viele Politik nicht mehr ernst nehmen? Man kriegt so eine Klatsche, und dann sagt man so einen Satz!" Lanz wetterte weiter: "Man kann doch nicht Dinge so schönreden!" Daraufhin wehrte sich Konstantin Kuhle beleidigt: "Ich bin ja nicht der Zensor von Christian Lindner!" Der FDP-Mann fügte energisch hinzu: "Wir sind ja eine Partei mit vielfältigen Charakteren. Ich muss das nicht bewerten."
Kuhle merkte abschließend an, dass er sich dafür eingesetzt habe, "dass wir in der Ampel bleiben", denn: "Entweder man regiert - dann ist man für alles verantwortlich und muss auch mitmachen oder man regiert nicht - dann kann man sich die ganze Zeit darüber beschweren, aber (...) beides gleichzeitig ist irgendwie komisch." Landrat Dirk Neubauer schaltete sich daraufhin in die Debatte mit ein und wetterte gegen Kuhles Partei: "Das, was die FDP da streckenweise macht, fühlt sich (...) wirklich an wie Sabotage."
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Mit Fokus auf FDP-Politiker Konstantin Kuhle gelang Markus Lanz eine diskussionsfreudige Sendung mit allerhand steilen Thesen. Als Konstantin Kuhle deutlich machte, dass es auch bei Horst Seehofer und Angela Merkel einst zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen sei, konterte Lanz schockiert: "Bitte! Sind Sie so verzweifelt, dass Sie Seehofer zitieren müssen? Das ist nicht Ihr Ernst!"
Der FDP-Politiker wiegelte sichtlich emotional ab: "Nein, ich bin nicht verzweifelt, aber ich kriege die Krise, wenn ich mir immer dieses "Die schlechteste Regierung aller Zeiten" anhören muss."
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
In Bezug auf die Kritik an der Ampelregierung stellte Konstantin Kuhle bei "Markus Lanz" die überraschende Forderung: "Wir müssen auch mal ein bisschen an unseren Erwartungen an Politik arbeiten." Ein Argument, das bei Dirk Neubauer für Entsetzen sorgte: "Wir haben eine Krisenüberlagerung, wie wir sie in diesem Land glaube ich, noch nicht gehabt haben." Der Landrat bemängelte vor allem das Fehlen konkreter Pläne und betitelte die Ampel als "handwerklich einfach schlecht".
Konstantin Kuhle nahm die Regierung jedoch weiter in Schutz und sprach von einer "massiven Überforderung" bei Themen wie der Energie- und Klimakrise. "Die Leute wissen gar nicht, wo Ihnen der Kopf steht - und ganz ehrlich, das weiß die Politik teilweise auch nicht. Das will ich einfach einmal offen bekennen." Eine Offenbarung, die bei Neubauer weiter Ratlosigkeit auslöste: "Ein Bürger in diesem Land muss darauf vertrauen dürfen, dass Menschen, die beruflich Politik machen (...), jetzt den Job auch machen." © 1&1 Mail & Media/teleschau
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