Kaum ein Thema wurde in den letzten Monaten so heiß diskutiert wie das geplante Gebäudeenergiegesetz. Am Mittwoch stellte sich SPD-Chef Lars Klingbeil bei "Markus Lanz" kritischen Fragen und sprach offen über die Zukunft der kriselnden Ampel. Zudem berichtete ein Ex-Bundeswehrsoldat über seine Zeit an der Front in der Ukraine - und machte die Gäste mit seinen Schilderungen über den Krieg fassungslos.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

In welcher Form das Gebäudeenergiegesetz tatsächlich verabschiedet wird, ist nach wie vor offen, ob es noch vor der Sommerpause im Bundestag diskutiert wird auch: Nachdem der Gesetzentwurf von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in den vergangenen Monaten nicht nur von der Opposition kritisiert worden war, sondern auch innerhalb der Regierung für Konflikte sorgte, äußerte sich bei "Markus Lanz" SPD-Chef Lars Klingbeil zu den anhaltenden Streitigkeiten innerhalb der Ampel-Koalition. Bei Fragen zur Zukunft der Regierung geriet er jedoch ins Straucheln.

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Das war das Thema bei "Markus Lanz"

Das geplante Heizungsgesetz sorgt nach wie vor für hitzige Diskussionen. Während Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) bereits öffentlich aneinandergerieten, wurde es auch bei "Markus Lanz" hitzig, als SPD-Chef Lars Klingbeil zugab, wie schlecht es um die Ampel-Koalition steht.

Während beim Thema Energiewende leidenschaftlich debattiert wurde, wurde es am Mittwochabend in der Talkrunde still, als Ex-Bundeswehrsoldat Jonas Kratzenberg von seiner Zeit an der ukrainischen Front berichtete.

Das waren die Gäste

  • Lars Klingbeil, SPD-Chef: "Wir fangen gerade an, einen Kulturkampf über Klimawandel zu führen."
  • Michael Bröcker, Journalist und "The Pioneer"-Chefredakteur: "Dieses Heizungsgesetz wird kommen - aber frühestens 2025."
  • Ursula Weidenfeld, Wirtschaftsexpertin und Journalistin (unter anderem "Der Spiegel"): "Man fragt sich natürlich, wie lange die Ampel-Koalition hält."
  • Jonas Kratzenberg, Ex-Bundeswehrsoldat: "Ich wollte in die Ukraine, weil mich das Leid der Ukrainer getroffen hat."
Markus Lanz, Lars Klingbeil
Hält die Ampelkoalition bis 2025? SPD-Chef Lars Klingbeil (rechts) überraschte bei "Markus Lanz" mit einer eher zurückhaltenden Prognose. © ZDF / Cornelia Lehmann

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Bei "Markus Lanz" stand am Mittwochabend vor allem der Ampel-Streit im Mittelpunkt. Während SPD-Chef Lars Klingbeil bei Themen wie der Energiewende durchblicken ließ, wie groß die Spannungen zwischen FDP, SPD und den Grünen wirklich sind, schlug er beim Angriffskrieg in der Ukraine ganz andere Töne an. Als Lanz wissen wollte, ob es "in der Ampel Einigkeit beim Thema Ukraine" gebe, antwortete Klingbeil mit einem "Ja".

Der SPD-Politiker erklärte, er sehe "über die Ampel hinaus keine Risse", wenn es um die Unterstützung der Ukraine gehe. Daraufhin mischte sich Ex-Bundeswehrsoldat Jonas Kratzenberg in die Debatte ein. Er ging im vergangenen Jahr als Freiwilliger an die ukrainische Front, um mit den ukrainischen Truppen in Kiew und Butscha gegen die Russen zu kämpfen. Als Lanz dem Ex-Soldaten Bilder der Zerstörung aus Bachmut vorspielte, sagte dieser sichtlich emotional: "Das gibt einem zu denken, wofür man letztendlich in den Krieg gegangen ist."

Über die von Lanz beschriebene russische "Bereitschaft zur Eskalation und Gewalt" sagte Kratzenberg derweil, dass es durchaus üblich sei, dass "neue, frische Soldaten von alten Veteranen vergewaltigt" werden. Während die Gäste bei "Markus Lanz" fassungslos schwiegen, brachte der ZDF-Moderator lediglich ein "Wahnsinn" über die Lippen. Er wollte von dem Bundeswehrsoldat wissen, mit welcher Motivation er sich entschied, in der Ukraine mitzukämpfen. "Ich wollte in die Ukraine, weil mich das Leid der Ukrainer (...) und diese Unrechtmäßigkeit des Angriffskrieges getroffen hat", so Kratzenberg.

Der Soldat ergänzte: "Mich hat auch die mangelnde Unterstützung von Deutschland getroffen." Als Kratzenberg über seine Zeit an der Front sprach, war ihm jedoch anzumerken, wie sehr ihm das Erlebte noch heute zusetzt, der Soldat hatte eine sichtbare Kopfverletzung durch einen russischen Drohnen-Angriff erlitten. Er erklärte, dass die Angst vor dem Krieg im Gefecht verschwindet: "Dann ist man einfach nur noch da und funktioniert."

Nicht etwa seine beinahe tödliche Verletzung am Kopf, sondern vielmehr die barbarischen Bilder aus Butscha schienen den Ex-Soldaten nachhaltig zu beschäftigen. Bei "Markus Lanz" erinnerte er sich, während die restlichen Gäste betroffen zuhörten: "Die Art und Weise, wie dort getötet wurde: Das ist was komplett anderes als die Berge von Leichen, die man in manchen Kriegszonen findet. Es trifft einen anders."

Der ZDF-Moderator wollte daraufhin wissen: "Haben Sie selbst auch Menschen töten müssen?" Jonas Kratzenberg ließ diese Frage jedoch unbeantwortet und sagte lediglich: "Darüber rede ich nicht. Das ist persönlich." Der ehemalige Bundeswehrsoldat ergänzte jedoch, dass er seine Zeit an der ukrainischen Front nicht bereut, da die Ukraine weiterhin "unsere Unterstützung" brauche.

Markus Lanz, Lars Klingbeil, Ursula Weidenfeld, Michael Bröcker, Jonas Kratzenberg
Am Mittwochabend diskutierte Markus Lanz (v.l.n.r.) mit SPD-Chef Lars Klingbeil, Wirtschaftsexpertin Ursula Weidenfeld, Journalist Michael Bröcker und Ex-Bundeswehrsoldat Jonas Kratzenberg. © ZDF / Cornelia Lehmann

Das ist das Rede-Duell des Abends

Hitzig ging es in der Runde zu, als Markus Lanz im Gespräch mit Lars Klingbeil näher auf den Streit der Ampel-Koalition einging. "Welche Haltbarkeit hat die Ampel?", fragte Lanz stichelnd. Der SPD-Chef ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen und sagte schlicht: "Wir sind gewählt bis 2025."

Der ZDF-Moderator hakte nach: "Sie glauben, das geht bis dahin so durch?" Darauf reagierte Klingbeil sichtlich genervt: "Ich gehe davon aus, dass es hält. Wir sitzen hier gerade nicht in einer Situation, die ich schönreden muss."

Die schwammige Prognose überraschte Lanz offenbar, sodass er anmerkte: "Das war ja kein klares Ja." Auch Wirtschaftsexpertin Ursula Weidenfeld wirkte überrascht: "Das hab ich auch so wahrgenommen. Man fragt sich natürlich, wie lange hält das." Journalist Michael Bröcker ging dagegen nicht von einem verfrühten Zerfall der Ampel-Koalition aus. Er erklärte: "Macht ist ein unheimlich großer Klebstoff. Macht schweißt zusammen."

Lars Klingbeil machte jedoch deutlich, dass der offen ausgetragene Heizungsstreit zwischen Robert Habeck und Christian Lindner das Vertrauen in die Politik auf Dauer schädigt. Deshalb halte er es "nicht für richtig, wenn man die Diskussion auf offener Bühne" weiterführe. Stattdessen plädierte der SPD-Chef am Mittwochabend für ein Ende der "ganzen Nebelkerzen in der Debatte" und sagte: "Ich will, dass es mit der Wärmewende vorangeht."

Michael Bröcker betitelte die Streitigkeiten zwischen den Grünen und der FDP als einen "offenen Affront" und sagte, dass das Heizungsgesetz kommen muss, weil Olaf Scholz sonst "entmachtet" wäre. Lars Klingbeil wollte darauf nur bedingt eingehen und stellte klar: "Es schadet der Politik insgesamt gerade, was da passiert. Ich sehe, dass Menschen sich abwenden von der Idee des Klimaschutzes. (...) Wir fangen gerade an, einen Kulturkampf über Klimawandel zu führen." Klingbeil ergänzte: "Wenn der Kampf um die Gasheizung plötzlich zum Kulturkampf wird, dann haben wir ein Problem."

Eine Aussage, die Ursula Weidenfeld nicht unkommentiert ließ. Sie warf Klingbeil vor, als Unbeteiligter zu agieren: "Aber Sie sind doch die Regierung! (...) Sie sind doch kein Geist!" Der SPD-Chef stammelte daraufhin: "Aber ich bin doch in der Talkshow." Michael Bröcker warnte derweil vor einer Stärkung der AfD und plädierte für eine "einheitliche Politik": "Das ist ein Desaster für die Ampel-Regierung." Dagegen konnte sich Klingbeil nur bedingt wehren und stellte klar: "Der Streit schadet allen."

Eine Aussage, die ihm Michael Bröcker nicht ganz abkaufen wollte. Er unterstellte der SPD eine heimliche Freude über die Krise von Robert Habeck und sagte: "Es ist gut für Sie, wenn die Grünen ein bisschen kleiner werden." Ein Vorwurf, den Klingbeil vehement dementierte und stattdessen mit Blick auf das Heizungsgesetz sagte: "Wir wollen das Gesetz vor der Sommerpause durch das Parlament bringen. Das Ding wird kommen."

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So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz schaffte es, einen Bogen zwischen stiller Betroffenheit und feuriger Polit-Debatte zu spannen. Während er im Gespräch mit Ex-Soldat Jonas Kratzenberg andächtig zuhörte und nur hin und wieder Fragen einwarf, zeigte sich der ZDF-Moderator im Wortgefecht mit SPD-Chef Lars Klingbeil durchaus streitlustiger. Vor allem, als es um die Heizungs-Debatte innerhalb der Ampel-Regierung ging, ließ Lanz nicht locker und versuchte, den Politiker aus der Reserve zu locken.

Das ist das Fazit

Während sich die Ampel-Regierung beim Krieg in der Ukraine einig zu sein scheint, geht es bei Themen wie der Energiewende drunter und drüber. Bei "Markus Lanz" gab SPD-Chef Lars Klingbeil im hitzigen Wortgefecht mit dem ZDF-Moderator zu, dass in der Ampel-Regierung einiges im Argen liegt, wenn es um das geplante Heizungsgesetz geht.

Dennoch prognostizierte Klingbeil selbstbewusst, dass das Gesetz am 1. Januar 2024 in Kraft treten wird, denn: "Zu der Verabredung stehen wir als SPD."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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