Der Bundeswirtschaftsminister feiert sich im ZDF für das Konjunkturpaket der Bundesregierung. Die Angriffe von Grünen-Chefin Annalena Baerbock wirken eher bemüht.

Eine Kritik
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Peter Altmaier (CDU) ist sichtlich zufrieden. Am Mittwochabend hat die Bundesregierung ein Konjunkturpaket "mit Wumms" verkündet: 130 Milliarden Euro verteilt sie an Wirtschaft und Bürger, um die Folgen der Corona-Pandemie zu dämpfen.

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Da das Paket unter dem Strich recht gut ankommt, kommt Altmaier bei Maybrit Illner aus dem Grinsen nicht heraus. In der ZDF-Sendung geht es am Donnerstagabend um die Fragen, ob das Paket wirklich hilft und wer es bezahlen soll. Der Bundeswirtschaftsminister trägt fast die gesamte Stunde ein Lächeln auf den Lippen – ob es gerade zur Situation passt oder nicht.

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Wer sind die Gäste bei "Maybrit Illner"?

Peter Altmaier: Der Bundeswirtschaftsminister erklärt, welche Lehren er aus der Flüchtlingskrise für die Bewältigung der aktuellen Corona-Pandemie gezogen habe: Die Politik müsse parteiübergreifend handeln, viel kommunizieren und erklären.

Bisher sei das gut gelungen, findet der CDU-Politiker. "Das müssen wir auch die nächsten Monate beibehalten."

Annalena Baerbock: Die Grünen-Vorsitzende sieht "einiges Gutes" im Konjunkturpaket und sagt trotzdem: "Der große Wurf ist es leider nicht in allen Teilen."

Sie macht eine "soziale Schieflage" aus und vermisst eine klare Weichenstellung - zum Beispiel in der Förderung umweltfreundlicherer Autos.

Manuela Conte: "Der Coronakrise darf keine Ausbildungskrise folgen", mahnt die Gewerkschafterin, die im Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbunds für die Jugend zuständig ist. Das Konjunkturpaket könne Beschäftigung sichern, lobt Conte.

Sie kritisiert aber auch: "Wir hätten uns mehr Wumms gewünscht, was die Studierenden angeht." Für viele von ihnen sei noch unklar, ob sie wie geplant ihren Abschluss machen können.

Sarna Röser: "Licht und Schatten" hat die selbstbewusste Bundesvorsitzende des Verbands "Die jungen Unternehmer" im Konjunkturpaket ausgemacht. Ihre wenig überraschende Idee: "Steuern runter – das wäre ein Instrument, mit dem man die Wirtschaft ankurbeln kann."

Lars Feld: Der Vorsitzende des Sachverständigenrats der "Wirtschaftsweisen" hatte befürchtet, dass die Große Koalition noch deutlich mehr Wünsche erfüllt. Zum Beispiel nach einer Auto-Kaufprämie oder einer Übernahme kommunaler Schulden.

Beide Schritte hätte der Ökonom falsch gefunden. "Meine positive Überraschung bestand darin, dass viele Wünsche nicht bedient worden sind. "

Was ist der Moment des Abends bei "Maybrit Illner"?

Klotzen statt kleckern ist die Devise beim Krisenmanagement der Bundesregierung. Die Frage, wie die vielen zusätzlichen Ausgaben und Steuersenkungen finanziert werden, stellen derzeit öffentlich nur wenige.

Deswegen fällt in dieser Sendung besonders ein Einwand von Jung-Unternehmerin Sarna Röser auf: Sie sei schockiert, dass niemand die Frage stelle, wer für all das aufkommen soll. "Wir häufen hier enorme Corona-Schuldenberge an, die vor allem die junge Generation bezahlen muss", kritisiert sie.

Der Bonus von 300 Euro pro Kind für Eltern sei zum Beispiel "eher eine Beruhigungspille". "Diese Milliarden hätte man auch investieren können in neue digitale Bildungsformate."

Was ist das Rededuell des Abends?

Die aktuelle Situation von Familien ist auch das Thema, bei dem Annalena Baerbock den grinsenden Wirtschaftsminister aus der Reserve locken will. Unter den eingeschränkten Möglichkeiten der Kinderbetreuung würden vor allem die Frauen leiden.

Die Grünen-Chefin kritisiert, dass die Bundesregierung die Arbeit im Home-Office als Modell für die Krise propagiert habe. "Sie können nicht ein Kindergartenkind acht Stunden lang betreuen, während Sie am Computer sitzen oder an einer Telefonkonferenz teilnehmen."

Altmaier hält trotzdem nichts von der Idee eines "Bildungsfonds" für die Krise. Das Problem sei in diesem Fall nicht das Geld, sondern das Personal.

Wenn man nur die Hälfte einer Schulklasse in einem Raum unterrichten kann, brauche man doppelt so viele Lehrer. Man gebe sich redlich Mühe, betont Altmaier. "Aber wir können nicht alle Probleme wegschaffen und ungeschehen machen."

Wie hat sich Maybrit Illner geschlagen?

Ihren Gästen schnell das Wort entziehen, bevor sie ins Schwafeln kommen – das kann Maybrit Illner. An diesem Abend schneidet sie aber zielstrebig so viele Themen an, dass die Sendung sprunghaft wird.

Von der Förderung von Elektroautos über die Situation von Familien bis zur Lage der Kommunen: Viele Aspekte werden nur gestreift und andiskutiert. Ein bisschen mehr Tiefe, auch ein bisschen zivilisierter Streit wären an der einen oder anderen Stelle interessant gewesen.

Was ist das Ergebnis?

Eine Diskussion "mit Wumms" entsteht an diesem Abend nicht. Die Bundesregierung könnte sich darin bestätigt fühlen: Offenbar sorgt ihr Konjunkturpaket unter dem Strich für wenig Streit. Für den Spannungsbogen der Talkshow bedeutet das aber nichts Gutes.

Dass der Abend eher arm an Höhepunkten und Überraschungen bleibt, liegt auch an der Gästekonstellation.Peter Altmaier und Annalena Baerbock sind für regelmäßige Talkshow-Zuschauer allzu bekannte Gesichter.

Der eine lobt sich selbst. Die andere verrenkt sich in dem Spagat, ein Konjunkturpaket zu kritisieren, dass sie gar nicht so schlecht findet. Manuela Conte und Sarna Röser verteidigen zwar recht engagiert ihre Positionen. Sie vertreten aber in erster Linie die wenig überraschenden Forderungen von Wirtschafts- beziehungsweise Gewerkschaftsseite.

Gut getan hätte der Sendung noch ein "Normalo": eine Start-Up-Gründerin, ein Arbeitssuchender, eine Pflegende oder ein Einzelhändler etwa. Ein Gast also, der eine sehr persönliche Sichtweise aus seinem aktuellen Leben einbringt. Die Coronakrise und ihre wirtschaftlichen Folgen betreffen schließlich wirklich jeden.

Autos

Wer profitiert vom 130-Milliarden-Konjunkturpaket?

Fast 21 Stunden haben die Spitzen der Großen Koalition um eine milliardenschweres Konjunkturpaket verhandelt. Mit dem Paket, das rund 130 Milliarden Euro umfasst, sollen die Wirtschaft in der Coronakrise wieder in Schwung gebracht werden. Das sind die wichtigsten Beschlüsse.
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