Mit Luftschlägen soll der IS besiegt werden. Doch reicht das? Nein, meint die Runde in der "ZDF"-Sendung und befürwortet ein unpopuläres Szenario.

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Eine weitere Erkenntnis: Angesichts der neuen Bedrohung leidet die Streitkultur in den Polit-Talkshows.

Was ist das Thema?

"Ist es nach 14 Jahren ohne Erfolg gegen den militanten Islamismus nicht an der Zeit, die Strategien zu überdenken?", fragt Maybritt Illner in die TV-Kamera. Die These: In der Vergangenheit wurde vor allem in Afghanistan und in Irak versäumt, militärischer Intervention politische Stabilität folgen zu lassen. Ist das nun die Lösung für Syrien und den Kampf gegen den Islamischen Staat (IS)?

Wer sind die Gäste?

Florian Hahn, verteidigungspolitischer Sprecher der CSU im Bundestag: Er befürwortet den Vorschlag der Bundesregierung, den Franzosen militärischen Beistand zu leisten. Der 42-Jährige schweift aber in die Flüchtlingsthematik ab. "Die Bürger sind vor allem deswegen verunsichert, weil wir nicht mehr kontrollieren können", meint er, "wer bei uns reinkommt und wieder rausgeht." Ansonsten kommt er kaum zu Wort, trägt überschaubar zur Diskussion bei.

Jürgen Trittin, B'90/Die Grünen, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses: Bei ihm sieht das anders aus. Der frühere Bundesumweltminister ist in Hochform. Es werde darum gehen, "wie Syrien politisch geordnet werden soll", sagt der 61-Jährige. Er zielt auf die Türken und Russen ab. "Wir müssen bei der Türkei darauf drängen, dass die klammheimliche Partnerschaft mit dem Terrorismus endet", meint er. "Russland stützt Assad, die Türkei bekämpft die Kurden. Das muss man benennen." Er tut es.

Wladimir M. Grinin, russischer Botschafter in Deutschland: "Die Syrer sollen selbst entscheiden können, welche Staatsform sie haben wollen", sagt der Diplomat, macht aber keinen Hehl aus der Unterstützung für das Assad-Regime. Ansonsten rühmt er sein Land. "Wir haben die chemische Abrüstung in Syrien durchgesetzt", erklärt er, "ohne diese wären wir in einer noch schwierigeren Phase". Damit liegt er wohl richtig. Er präferiert klar die alte Antwort auf den Terror - einen nachhaltigen Militärschlag. "Ohne Bodentruppeneinsatz geht es nicht", sagt er, "ohne die Bodentruppen von Assad".

Florence Gaub, EU-Institut für Sicherheitsstudien: Die junge Akademikerin kritisiert ein "Einbahnstraßensystem der Allianzen". Was sie meint: Deutschland arbeitet mit Saudi-Arabien zusammen, das mutmaßlich den IS mitfinanziert. Deutschland kritisiert wiederum Russland in der Ukraine-Krise, will aber, dass die Russen in Syrien vorangehen. Dass diese wiederum die Gegner Assads bombardieren, passt der Bundesregierung gar nicht. Und so weiter.

Gaub vermutet das Übel aber nicht in Syrien: "Der IS muss im Irak sterben. Politische Stabilität im Irak ist vielleicht die wichtigste Frage", so Gaub. Notfalls müssten die Staaten "eine in sich geschlossene Außenpolitik" opfern, meint sie, "Prioritäten setzen". Gaub nennt unliebsame Szenarien: Die IS-Hochburg Al-Rakka habe etwa 200.000 Einwohner, darunter geschätzt 5.000 IS-Kämpfer, schildert sie. "Das zu befrieden braucht fünf bis zehn Jahre mit ausreichender Truppenstärke."

Wolfgang Ischinger, Chef der Münchner Sicherheitskonferenz: Ein Realpolitiker, wohl aus jahrelanger Erfahrung. Er fordert eine neue Balance zwischen Sunniten und Schiiten. "Das Hauptproblem war die Benachteiligung der sunnitischen Mehrheit im Irak", meint er und will "nicht über Bodentruppen nachdenken". Wenn dann über Friedenstruppen, die aber möglichst aus sunnitischen Ländern kämen. Seine Ideen kommen einem möglichen Lösungsansatz wohl am nächsten. Die Wiener Konferenz zu Syrien müsse an den "post conflict" denken, sagt er, "an Ideen für einen substanziellen Frieden".

Deniz Yücel, Türkei-Korrespondent der "Welt": "Ich glaube nicht, dass der IS alleine durch die Militärstrategie zu stoppen ist", meint der Journalist. Und weiter: Im Irak seien die größten Fehler nach dem Krieg gemacht worden. Es bringe nichts, ein Regime zu beseitigen und dann ein Land sich selbst zu überlassen. Klare Sache: Auch er stützt die These von nachhaltiger politischer Aufbauarbeit – und er fordert "endlich" einen größeren Einfluss der USA.

Was war das Rede-Duell des Abends?

Gaub versus Trittin. Es geht um die juristische Rechtmäßigkeit des aktuellen Militäreinsatzes. "Assad ist nicht der legitime Vertreter des syrischen Volkes", sagt die Wissenschaftlerin. Trittin meint, dass Assad per Völkerrecht eine souveräne Regierung stelle. Scharf diskutiert wird kaum, gestritten schon gar nicht. Es ist ein und dasselbe Bild seit zwei Wochen: Angesichts der neuen Bedrohung leidet die Streitkultur.

Was war der Moment des Abends?

Als Gaub darauf verweist, dass bei einem Einsatz von Bodentruppen wohl auch die Bundeswehr gefordert sei. Und dass es dann auch deutsche Opfer geben könnte. Und das will sich niemand vorstellen. Mit Graus erinnern sich Politiker und Bürger an Bilder von Blechsärgen, die aus Afghanistan in die Heimat geflogen wurden.

Wie hat sich Illner geschlagen?

Mäßig. Sie versucht, zu viele Aspekte abzudecken, lässt Hahn über die Flüchtlingskrise philosophieren und will dem russischen Botschafter verbissen ein scharfes Zitat zum Zwist mit der Türkei entlocken. Mehr Fokus auf eine Frage täte der Diskussion gut. Auch das ist eine Beobachtung der vergangenen Wochen, in denen sich vieles überlagert.

Was ist das Ergebnis?

Politische Stabilität muss auf Bodentruppen folgen. Die Fehler der Vergangenheit dürfen nicht wiederholt werden. Darin sind sich alle einig. "Die Runde hat versucht, eine Lösung zu finden, für was, was wahrscheinlich erst spät zu lösen sein wird", meint Illner - und hat damit selbst das Fazit gezogen.

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