Es ist was faul im Staate Deutschland. So hätte Frank Plasberg seine Sendung auch überschreiben können. Es geht um Mietpreise, Mindestlohn und Verstaatlichungsfantasien. Es wird also vieles in einen Topf geworfen – das macht aber nichts. Denn die Diskussion um die Frage, wie es in Deutschland wieder gerechter zugehen könnte, ist lebendig. Und am Ende geht es sogar erstaunlich konstruktiv zu.
Was ist das Thema bei "Hart aber fair"?
"Arm durch Arbeit, reich durch Immobilien?", lautet das Motto bei "Hart aber fair". Das sei keine Parole, sondern eher ein Symptom, sagt
Steigende Mieten sind nur ein Grund dafür. Viele Eltern haben Angst, dass ihre Kinder es einmal schlechter haben werden als sie selbst. Kein Wunder also, dass Deutschland in der vergangenen Woche besonders über ein Interview mit Kevin Kühnert diskutiert hat. Der Juso-Chef hatte darin über eine Kollektivierung von Unternehmen wie BMW nachgedacht.
Wer sind die Gäste?
Christoph Gröner: Der Chef der CC-Immobiliengruppe vertritt das Unternehmertum in dieser Runde. Von Verstaatlichungen hält er erwartungsgemäß gar nichts. "Investoren überlegen, ob sie in anderen Ländern investieren sollen, weil sie verunsichert sind", warnt er.
Sina Trinkwalder: Die Sozialunternehmerin beschäftigt in Augsburg Menschen, die es auf dem Arbeitsmarkt schwer haben – und zahlt ihnen mehr als den Mindestlohn. Der Preis für dieses Engagement: Sie selbst verdiene mit ihrem Geschäftsführer-Job nicht mehr als 2.600 Euro netto.
Alexander Graf Lambsdorff: Kaufen statt mieten, rät der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion zum Thema Wohnungsnot. Das lohne sich in der aktuellen Niedrigzinsphase besonders. Auch er kritisiert die Debatten über Verstaatlichungen scharf: "Wenn Sie Investoren wollen, die Wohnungen bauen, dann brauchen Sie privates Kapital."
Was ist das Rede-Duell des Abends?
Auch mit 75 diskutiert Oskar Lafontaine noch so engagiert und polemisch, dass man ihm gerne zuhört – ganz gleich, ob man seiner Meinung ist oder nicht. Der Saarländer sorgt für jede Menge Zündstoff, etwa wenn er sagt: "Unsere Wirtschaft hat die massenhafte Enteignung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zur Grundlage." Die würden mit ihrer Arbeit erst den Reichtum eines Unternehmens schaffen. "Ohne diese Enteignung wären die Milliarden der Unternehmer gar nicht möglich."
Das führt natürlich zu lautem Widerspruch, zum Beispiel von Unternehmer Christoph Gröner. "Deutschland ist ein Land des Mittelstands", meint er. "Schauen Sie sich mal den Mittelstand an – der reinvestiert seine Gewinne gleich am nächsten Tag!"
Wie schlägt sich Frank Plasberg?
Stellenweise wird die Diskussion so lebendig, dass Plasberg fast ein bisschen untergeht. Doch insgesamt schlägt er sich achtbar. Zum Beispiel, wenn er den FDP-Politiker Lambsdorff piesackt.
Die FDP habe bei der Einführung des Mindestlohns Weltuntergangsstimmung verbreitet, erinnert Plasberg. Heute sei er allgemein akzeptiert, nun will die SPD ihn sogar auf zwölf Euro erhöhen. "Wie schwer ist es für einen FDP-Politiker, gegen diese zwölf Euro zu sein?", stichelt Plasberg.
Was ist das Ergebnis bei "Hart aber fair"?
Vielleicht ist etwas faul im Staate Deutschland – das Land und seine Gesellschaft aber ist nicht verloren. Diesen Eindruck kann man in der Sendung durchaus gewinnen.
Vielleicht bräuchte die Wirtschaft nämlich einfach mehr Unternehmer wie Christoph Gröner, der immer wieder die soziale Verantwortung seiner Zunft betont. Er zahle allen Mitarbeitern so viel Lohn, dass sie auf keinen Fall auf soziale Leistungen angewiesen seien, verspricht der Immobilienmanager. "Sonst könnte ich gar nicht in den Spiegel schauen."
Auch sonst ergeben sich in der Runde einige Gemeinsamkeiten. Dass SPD-Arbeitsminister Heil gegen den Widerstand seines CDU-Kollegen im Wirtschaftsministerium die Arbeitsbedingungen bei den Subunternehmern der Paketdienste verbessern will, findet sogar FDP-Mann Lambsdorff gut: "Da haben wir einen sozialliberalen Konsens."
Und in der Schlussrunde wird es fast ein bisschen kitschig. Ex-SPDler Oskar Lafontaine würde mit Genosse Heil sogar eine WG teilen, weil der so engagiert gegen die Ausbeutung kämpfe. Und Unternehmer Gröner könnte sich wiederum vorstellen, mit Lafontaine zusammenzuwohnen – um ihn in langen Abendgesprächen von der Notwendigkeit einer vereinten linken Volkspartei zu überzeugen.
Vor 20 Jahren hat die damalige rot-grüne Bundesregierung Gewerkschaften und Unternehmen an einen Tisch gebracht, um gemeinsame Reformen zu beschließen. Ein solches "Bündnis für Arbeit" hätte man auch an diesem Abend wieder auf den Weg bringen können.
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