Die Spitzen der Ampel-Koalition haben sich auf Eckpunkte für einen Haushalt 2025 geeinigt. Die Ampel will Familien stärken, die Wirtschaft ankurbeln – und gleichzeitig nicht übermäßig Schulden aufnehmen. Ob ihr dieses Kunststück gelingt, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.

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Die Nacht war kurz und die Häuptlinge der Koalition sind ein bisschen blass um die Nase, als sie am Freitagvormittag vor die Bundespressekonferenz treten. Bis 5 Uhr haben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zusammengesessen – um pünktlich zum Start der Sommerpause die große Einigung zu verkünden.

Bundeshaushalt 2025
Habemus Haushalt: Christian Lindner, Olaf Scholz und Robert Habeck am Freitag in der Bundespressekonferenz. © dpa / Michael Kappeler

Wochenlang hatten die Spitzen der Koalition über den Bundeshaushalt 2025 verhandelt. 23 Mal sollen sie sich getroffen haben. Die Ampel stand dem Vernehmen nach auf der Kippe. Von "sportiven Gesprächen" spricht Lindner.

Jetzt aber haben sich Scholz, Habeck und Lindner auf Eckpunkte geeinigt. "Mit diesem Haushalt schaffen wir Sicherheit und Stabilität in Zeiten, die von Unruhe und Verunsicherung geprägt sind", verspricht Scholz. Die Nerven zu verlieren und davonzulaufen, sei "keine Alternative".

Das sind die Eckpunkte für den Haushalt 2025

  • Die Schuldenbremse soll eingehalten und vorerst nicht reformiert werden. Das heißt: Die zusätzlichen Schulden des Bundes dürfen höchstens 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen.
  • Da es eine Milliardenlücke im Haushalt zu stopfen gibt, muss die Regierung zu einigen Zahlentricks greifen. Es gibt Änderungen bei den Buchungsregeln für Staatsanleihen. Zudem wird der erhoffte "Wachstumsimpuls" schon einberechnet: Die Koalition geht davon aus, dass durch eine besser laufende Konjunktur 2025 mehr Geld in die Kasse kommt. Genauer äußert sich der Finanzminister nicht.
  • Mit einem Nachtragshaushalt für das laufende Jahr will die Ampel schon jetzt zusätzliche 11 Milliarden Euro an Schulden aufnehmen. Das gelinge – so Lindner – unter Einhaltung der Schuldenbremse.
  • Weniger Geld als erhofft bekommt der Verteidigungsminister. Boris Pistorius hatte eigentlich 6,5 Milliarden zusätzlich für seinen 52 Milliarden Euro schweren Etat gefordert. Das Plus soll sich jetzt aber auf 1,17 Milliarden belaufen.
  • Bundeskanzler Scholz verspricht trotzdem eine "starke Bundeswehr". Wenn das Sondervermögen für die Bundeswehr Ende 2027 ausgelaufen ist, soll der Etat des Verteidigungsministeriums sogar 80 Milliarden Euro umfassen. Dieses Kunststück muss dann aber die nächste Bundesregierung hinbekommen.
  • Das Kindergeld und der Kinderzuschlag (für bedürftige Familien) sollen 2025 noch einmal steigen: um jeweils fünf Euro pro Monat.
  • Steigen soll auch der Kinderfreibetrag – auf 9.600 Euro. Damit würde sich die Steuerbelastung von Familien mit Kindern verringern.
  • Eine "Wachstumsinitiative" mit 49 Maßnahmen soll die Wirtschaft ankurbeln. Alle Ministerien sollen mit verbindlichen "Praxischecks" Bürokratie abbauen, auch beim Datenschutz.
  • Zudem will die Koalition mehr Menschen zum Arbeiten bewegen. Überstunden sollen demnach künftig steuerfrei sein. Langzeitarbeitslose Bürgergeld-Empfänger sollen eine Prämie erhalten, wenn sie einen Job annehmen. Strengere Regeln sollen allerdings für das sogenannte Schonvermögen von Bürgergeld-Empfängern gelten.
  • Rentnerinnen und Rentner sollen stärker steuerlich profitieren, wenn sie im Ruhestand arbeiten. Das sei ein "ganz deutlicher Anreiz, länger zu arbeiten", sagt Lindner. Am Rentenpaket II hält die Koalition fest.
  • Der "Klima- und Transformationsfonds" für den klimagerechten Umbau der Industrie soll gesichert werden – mit 100 Milliarden Euro in den kommenden Jahren. Auch in den sozialen Wohnungsbau will die Bundesregierung investieren.

Bundeswirtschaftsminister Habeck gibt dem Haushaltskonstrukt eine Überschrift: Wirtschaft, Klima, Kinder. Finanzminister Lindner will ausdrücklich nicht von einem Sparhaushalt reden. Er betont aber andere Schwerpunkte als Habeck: Äußere und innere Sicherheit, Bildung und Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger.

Linder beziffert die Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger auf insgesamt 23 Milliarden Euro. Wie gesagt: Wie mehr Investitionen und stärkere Entlastungen ohne Schulden und ohne harte Einschnitte zusammengebracht werden sollen, bleibt bei der Pressekonferenz teilweise ein Geheimnis. Der Bundeskanzler spricht selbst von einem "Kunststück".

Erleichterung in den Fraktionen – aber kein Jubel

Die Ampel hat sich also vorerst geeinigt. Das sei in Zeiten des vorrückenden Populismus und sich vertiefender gesellschaftlicher Gräben ein wichtiges Zeichen, heißt es jetzt immer wieder aus der Koalition.

Es gibt einen Haushalt – und alles ist geklärt? So einfach ist es nicht. Wie erwähnt haben die drei mächtigsten Ampel-Politiker sich auf Eckpunkte geeinigt, aber noch nicht auf ein fertiges Haushaltsgesetz. Der Bundestag muss in den kommenden Monaten die Details festlegen. Erfahrungsgemäß werden die Diskussionen weitergehen. Oder erst richtig losgehen.

Ein Grünen-Abgeordneter sagte am Freitag: "Wir haben einen Haushaltsentwurf-Entwurf." Nicht weniger und nicht mehr. Aus den Gesichtern vieler Abgeordneter gerade von SPD und Grünen sprach am Freitag zwar Erleichterung, aber auch Müdigkeit und Ernüchterung. Zum Jubeln ist vielen Abgeordneten noch nicht zumute.

Am gereizten Grundton in der Koalition wird sich so schnell wohl nichts ändern. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich verteilte am Freitagmorgen den einen oder anderen verbalen Tritt vor die Schienbeine der Koalitionspartner: Diese hätten sich in letzter Zeit einen "unverantwortlichen Klamauk" geleistet. Dass ein Bundeskanzler sich so intensiv in die Haushaltsberatungen eingeschaltet habe, sei ungewöhnlich, so Mützenich: Das spreche nicht gerade für die Arbeit des Fachministers – also die Arbeit von Christian Lindner.

Verwendete Quellen

  • Pressestatements im Bundestag
  • Pressekonferenz mit Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner in der Bundespressekonferenz
  • mit Material der dpa
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Teaserbild: © dpa / Michael Kappeler