Mit einem Mordanschlag auf den Rheinmetall-Chef Armin Papperger soll Russland geplant haben, Deutschlands Unterstützung für die Ukraine auszubremsen. Dass Mord zu Russlands politischem Repertoire gehört, ist dabei nichts Neues. Trotzdem haben die Anschlagspläne eine neue Qualität.
Seit mehr als zwei Jahren tobt der russische Angriffskrieg in der Ukraine. Und trotz aller Gräueltaten Russlands, all den Toten und den militärischen Rückschlägen – der Kampfeswille der Ukrainer ist ungebrochen.
Dass Kiew sich im Kampf gegen die Kreml-Truppen behaupten kann, liegt auch an der Unterstützung des Westens und Deutschlands. Auch Russland weiß das und soll deshalb geplant haben, den Chef des Rüstungskonzerns Rheinmetall töten zu lassen.
Was steckt hinter den Anschlagsplänen und wie reagiert Deutschland? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Worum genau geht es?
Laut einem CNN-Bericht sollen US-Geheimdienste bereits Anfang des Jahres Pläne Russlands zur Ermordung von Armin Papperger aufgedeckt haben. Die "Süddeutsche Zeitung" konnte den Bericht eigenen Angaben zufolge verifizieren. Als Rheinmetall-Chef ist Papperger eine wichtige Persönlichkeit in Bezug auf die Unterstützung der Ukraine und die militärische "Zeitenwende" in Deutschland.
Die Informationen über den drohenden Anschlag hätten die USA dem Bericht zufolge an Deutschland weitergeleitet, woraufhin Papperger unter besonderen Schutz gestellt worden sei. Welche Vorkehrungen dafür genau getroffen wurden, ist aktuell aber unklar.
Ebenfalls unbekannt ist, was Russland genau geplant hatte. CNN spricht davon, dass die Anschlagspläne auf Papperger am weitesten fortgeschritten gewesen seien, nennt aber keine Details, was genau Moskau im Sinn hatte.
Laut Recherchen des "Spiegel" seien Verdächtige, die in Verbindung mit dem Attentat stehen sollen, bereits nach Europa eingereist gewesen. Sie sollen sich sowohl nahe der Düsseldorfer Zentrale von Rheinmetall, als auch mehrerer Reiseziele von Papperger im Ausland aufgehalten haben. Festgenommen worden sei aber keine dieser Personen.
Hat Russland schon früher Anschläge im Ausland verübt?
Schon vor dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine waren immer wieder Morde oder geplante Attentate im Auftrag des Kremls an die Öffentlichkeit gelangt.
In Deutschland sorgte etwa der sogenannte Tiergarten-Mord 2019 für Aufsehen, bei dem ein Georgier in Berlin erschossen wurde. Ein Gericht verurteilt dafür später einen russischen Staatsbürger zu einer lebenslangen Haftstrafe. Nach Auffassung der Richter hat der Täter eindeutig auf Weisung der russischen Regierung gehandelt – sogar von "Staatsterrorismus" spricht das Gericht.
International erregte auch der Giftanschlag auf den Ex-Spion Sergej Skripal und seine Tochter Julia für Empörung. Beide werden 2018 in England mit dem Nervengift Nowitschok vergiftet und entkommen dem Tod nur knapp. Hinter dem Anschlag stehe der russische Geheimdienst, wie die britische Regierung und Scotland Yard später verlauten lassen.
Warum sind die Anschlagspläne auf Papperger so besonders?
Wäre Papperger einem Anschlag zum Opfer gefallen, käme das einer neuen Eskalationsstufe von Russlands Geheimdienstaktivitäten im Ausland gleich. Schließlich handelt es sich bei Papperger um den Chef eines international agierenden Konzerns.
Ein solches Attentat würde eine deutliche Botschaft senden, weil es Unsicherheit schüren würde. Wenn selbst der Chef eines Rüstungskonzerns nicht vor einem Anschlag sicher ist – wer dann?
Warum genau geriet Papperger ins Visier des Kreml?
Laut dem Bericht wollte Russland mit einem Anschlag auf den Rheinmetall-Chef bezwecken, die deutsche Unterstützung der Ukraine zu schwächen. Rheinmetall ist laut eigenen Angaben der größte Hersteller von Artilleriemunition im Westen. Außerdem betreibt Rheinmetall seit Kurzem auch eine Reparaturwerkstatt für Panzer in der Ukraine.
Ein Großkonzern wie Rheinmetall würde durch den Verlust seines Chefs nicht handlungsunfähig. Dennoch hätte ein Attentat auf den Konzernchef potenziell Unruhe und Chaos verursachen können, was sich, möglicherweise auch negativ auf die Produktion und Nachschublieferungen an die Ukraine auswirken würde.
Dazu passt, dass Russland CNN zufolge auch nicht nur Papperger als Ziel auserkoren haben soll. Stattdessen hätte Moskau Anschlagspläne gegen verschiedene Rüstungsmagnaten in Europa vorbereitet.
Wie reagiert Deutschland auf den Bericht?
Bundesinnenministerin Nancy Faeser wollte sich zwar nicht näher zu dem Bericht äußern. "Aber ganz klar ist: Wir nehmen die erheblich gestiegene Bedrohung durch die russische Aggression sehr ernst." Deutschland werde sich der Ministerin zufolge nicht von Russland einschüchtern lassen.
Der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter sagte dem ZDF, man müsse diese Pläne "sehr ernst nehmen und uns auch entsprechend wappnen". Es sei wichtig, dass sich die Bevölkerung auf die Bedrohung durch Russland vorbereite und "dass unser Land sich wehrt". Er sprach sich zugleich dafür aus, "dass unsere Nachrichtendienste befähigt werden, besser aufzuklären".
Marcus Faber (FDP), der kürzlich für die nach Europa gewechselte Marie Agnes Strack-Zimmermann den Vorsitz des Verteidigungsausschusses des Bundestags übernommen hatte, forderte ebenfalls Konsequenzen. "Sollten Informationen darüber vorliegen, welche russischen Stellen in den Anschlagsplan verwickelt waren, müssen Ausweisungen von Diplomaten und gegebenenfalls die Ausstellung von internationalen Haftbefehlen folgen", erklärte er gegenüber der "Bild"
Verwendete Quellen
- Agence France-Presse (afp)
- CNN: US and Germany foiled Russian plot to assassinate CEO of arms manufacturer sending weapons to Ukraine
- Deutsche Presse-Agentur (dpa)
- Spiegel: Anschlagspläne auf Rheinmetall-Chef Papperger: Mutmaßliche russische Agenten sollen bereits in die EU eingereist sein
- Süddeutsche Zeitung: Rheinmetall-Chef im Visier Moskaus
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