Krieg in der Ukraine, Streit um Taiwan und ein drohender Handelskonflikt: Es gibt viele schwierige Themen bei der China-Reise des Kanzlers. In Shanghai ging es aber auch um Cannabis und TikTok.
Faire Wettbewerbsbedingungen für die deutsche Wirtschaft und keine militärische Unterstützung Russlands für den Angriffskrieg gegen die Ukraine: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geht mit klaren Forderungen in sein Gespräch mit Chinas Präsident Xi Jinping an diesem Dienstag. Es dürfe kein Dumping und keine Überproduktion geben, verlangte der Kanzler am Montag in der Wirtschaftsmetropole Shanghai. Und er warnte davor, Moskau mit Produkten zu versorgen, die sowohl militärisch als auch zivil nutzbar sind. Er werde darauf hinweisen, dass Russland einen Eroberungskrieg gegen die Ukraine führe, "und genau darauf bestehen, dass niemand mithelfen darf, dass das gelingt".
Scholz als Drogenberater: Einfach nicht rauchen
Am Montag ging es in der Wirtschafts- und Finanzmetropole Shanghai aber erst einmal etwas lockerer zu. Scholz diskutierte an der mehr als 100 Jahre alten Tongji-Universität mit Studenten, die nicht nur exzellent Deutsch sprechen, sondern auch blendend über die deutsche Innenpolitik informiert sind.
Einer, der ab September in Berlin studieren will, zeigte sich beunruhigt über das neue Cannabis-Gesetz. Er wollte vom Kanzler wissen, was er als Student in Berlin beachten müsse, "wenn ich Cannabis überhaupt nicht probieren will und meine eigene Gesundheit nicht gefährden will". Er habe gelesen, dass Studenten in Deutschland jetzt Cannabis in Wohnungen anbauten. In China sei das nicht legal. "Deshalb habe ich große Sorge."
Scholz sagte, die Antwort sei ganz einfach: "Nicht rauchen." Er selbst sei jetzt fast 66 und habe "noch nie Cannabis geraucht". Dem Eindruck, dass nun alle in Berlin mit Joints herumliefen, trat Scholz entgegen: "Wenn man in Berlin studiert, kann man die ganze Zeit durch die Gegend rennen und trifft niemanden, der so etwas tut."
TikTok-Kanzler: Scholz will "auf allen Kanälen" sein
Auch dass der Kanzler seit ein paar Tagen auf dem chinesischen Sozialnetzwerk TikTok unterwegs ist, haben die Studenten in Shanghai mitbekommen. Was er damit bezwecke und was er dort hochladen wolle, fragte einer. Er wolle "auf allen Kanälen Diskussionspartner" sein, sagte Scholz, bekräftigte aber auch: "Ich werde nicht tanzen, weil ich das nicht so gut kann." Er lobte auch das chinesische Essen: "Ich find's super."
Am Dienstag wird es dann aber ernst. In Peking stehen am dritten Tag des Kanzler-Besuchs die Termine mit der Staats- und Parteiführung an. Ein Hauptthema: Der Ukraine-Krieg. Bei seinem letzten China-Besuch im November 2023 hatte Scholz den chinesischen Präsidenten dazu gebracht, sich gegen die Drohungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit einem Atomschlag zu stellen. Diesmal will Scholz klare Kante zeigen, was eine Unterstützung der russischen Kriegswirtschaft durch China angeht, das als wichtigster Verbündeter Russlands gilt und verdächtigt wird, militärisch nutzbare Güter zu liefern.
Russischer Angriffskrieg "nicht nur eine europäische Angelegenheit"
Der russische Angriffskrieg sei sich nicht nur eine europäische Angelegenheit, betonte der Kanzler in Shanghai. "Wenn das Schule macht, ist das eine Bedrohung für Frieden und Sicherheit überall auf dem Planeten, weil es so viele motivieren würde, historische Korrekturen herbeizuführen."
Eine versteckte Mahnung hatte Scholz auch mit Blick auf Taiwan parat. Es müsse gewährleistet sein, "dass man sich vor seinem Nachbarn nicht fürchten muss", betonte Scholz an der Tongji-Universität. So gibt es Befürchtungen, dass die mächtige kommunistische Volksrepublik China die demokratische Inselrepublik Taiwan angreift, die Peking als sein eigenes Territorium ansieht. Die chinesische Führung hat mehrfach mit einer Invasion gedroht. Außerdem streitet sie sich mit Nachbarländern wie Vietnam, Malaysia oder den Philippinen um große Seegebiete im Südchinesischen Meer.
Und auch bei den Wirtschaftsfragen fand Scholz vor seinem Abflug nach Peking klare Worte. "Das Einzige, was immer klar sein muss, ist, dass der Wettbewerb fair sein muss", sagte er. "Wir möchten natürlich, dass unsere Unternehmen keine Beschränkungen haben, aber umgekehrt verhalten wir uns genauso, wie wir es hier fordern."
Ermittlungen in Brüssel seit Herbst
Seit dem Herbst ermittelt Brüssel in einer Antisubventionsuntersuchung gegen in China produzierte E-Autos. Der Verdacht lautet auf Marktverzerrung. Staatliche Subventionen sorgten dafür, dass chinesische Marken ihre E-Autos in Europa zu deutlich niedrigeren Preisen anbieten können als heimische Hersteller.
In China klagen auch viele der rund 5000 deutschen Firmen über Nachteile gegenüber der chinesischen Konkurrenz, erschwerte Marktzugänge und rechtliche Unsicherheiten. Am Montag traf Scholz Vertreter von Unternehmen und der deutschen Auslandshandelskammer in Shanghai, um darüber zu sprechen, welche Probleme die Firmen in China haben – als Vorbereitung auf das entscheidende Finale seiner Reise am Dienstag in Peking. (dpa/fah)
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