Verrat, Betrug, Intrigen und dazu ab und an eine Prise Sex - die spektakulären Spionagefälle in Deutschland stehen einem James-Bond-Film oft in nichts nach. Während des Kalten Krieges forschten sich die Deutschen auf beiden Seiten der Mauer gegenseitig aus. Heute sind es nach Einschätzung von Geheimdienstexperten vor allem Russen, Iraner und Chinesen, die versuchen, an geheime oder geschützte Informationen und Know-how zu gelangen.
Der SPD-Politiker: Alfred Frenzel - enttarnt 1960
Zwielichtige Affären um Rauschgift, gefälschte Kontobücher und ein früherer Meineid wurden dem aus Böhmen stammenden SPD-Politiker Alfred Frenzel (1899-1968) zum Verhängnis. Mit dem Wissen um diese Details aus seinem Vorleben erpresste der tschechoslowakische Geheimdienst den Bundestagsabgeordneten ab 1956 zur Zusammenarbeit. Frenzel, der im Verteidigungsausschuss saß, gab unter anderem Informationen über die Bundeswehr und die Nato preis. 1960 flog er auf, ein Jahr später wurde er zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. 1966 begnadigte ihn Bundespräsident Heinrich Lübke. Frenzel wurde in die Tschechoslowakei abgeschoben. In Liberec verbrachte er die letzten zwei Jahre seines Lebens - als Pensionär auf tschechoslowakische Staatskosten.
Der Doppelagent: Heinz Paul Johann Felfe - enttarnt 1961
Als deutsch-russischer Doppelagent ging Heinz Felfe in die Geschichte ein. Der frühere SS-Obersturmführer ließ sich im Frühjahr 1950 vom sowjetischen Geheimdienst KGB rekrutieren. Ein gutes Jahr später wurde er für die Organisation Gehlen angeworben, aus der 1956 der Bundesnachrichtendienst (BND) wurde. Hier machte Felfe durch das vom KGB gelieferte Material schnell Karriere. Doch 1961 wurde er als KGB-Spion enttarnt und verhaftet. Der Bundesgerichtshof verurteilte ihn zu 14 Jahren Haft, aber schon sechs Jahre später kam er in einem Gefangenenaustausch wieder frei. Er ging erst nach Moskau und kehrte 1978 nach Ost-Berlin zurück, wo er an der Humboldt-Universität eine außerordentliche Professur für Kriminalistik erhielt. Der KGB zeigte sich ihm bis ins hohe Alter eng verbunden: Noch zu seinem 90. Geburtstag wenige Monate vor seinem Tod im Jahr 2008 erhielt er von dort ein Glückwunschtelegramm.
Der Kanzler-Vertraute: Günter Guillaume - enttarnt 1974
Er sorgte für den größten Spionage-Skandal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Bis ins Kanzleramt hatte es Günter Guillaume geschafft. Er war persönlicher Referent von Bundeskanzler
Der Verfassungsschützer: Hansjoachim Tiedge - übergelaufen 1985
Am 19. August 1985 setzte sich Hansjoachim Tiedge in einen Interzonenzug und fuhr in die DDR. Es war eine Flucht, auch vor sich selbst. Nach dem Tod seiner Frau litt er unter schweren psychischen Problemen, war Alkoholiker, hohe Schulden drückten ihn. Dass er beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) ausgerechnet als Gruppenleiter für die Abwehr der DDR-Spionage zuständig gewesen war, machte den Fall besonders pikant. In den Verhören nach seiner Flucht verriet Tiedge sein gesamtes Wissen über seinen ehemaligen Arbeitgeber, für den er 19 Jahre tätig war. Allerdings gingen seine Aussagen nur wenig über das hinaus, was die DDR-Behörden bereits von einem anderen Agenten im Verfassungsschutz wussten. Tiedge, der sich später Helmut Fischer nannte, promovierte in der DDR, lebte nach der Wende sogar noch einige Zeit unbehelligt weiter in einem luxuriösen Haus in Ost-Berlin, bis er von einem deutschen Journalisten aufgespürt wurde. Daraufhin flog ihn der KGB in die damalige Sowjetunion aus, wo er in der Nähe von Moskau abgeschottet bis zu seinem Tod im Jahr 2011 lebte.
Das Brüderpaar : Alfred und Ludwig Spuhler - enttarnt 1989
Alfred und Ludwig Spuhler saßen mit Stasi-Offizieren und anderen BND-Mitarbeitern im ersten Spionageprozess im vereinten Deutschland auf der Anklagebank. Alfred Spuhler war von 1968 bis zu seiner Verhaftung Ende 1989 hauptamtlicher Mitarbeiter des BND in Pullach gewesen. Schon 1972 verpflichtete er sich zur geheimdienstlichen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit. Unter dem Decknamen "Peter" spionierte er 17 Jahre lang, lieferte zusammen mit seinem Bruder, einem technischen Angestellten bei einem Max-Planck-Institut, tausende von Geheimdokumenten an Ost-Berlin und enttarnte über 300 BND-Agenten in der DDR. Alfred Spuhler wurde zu zehn Jahren Haft wegen Landesverrats verurteilt, sein Bruder erhielt eine Strafe von fünf Jahren.
Die Spionin: Gabriele Gast - verraten 1990
Eine der wenigen weiblichen Spione, die für Schlagzeilen sorgten, war Gabriele Gast (geboren 1940). Die promovierte Politikwissenschaftlerin (Thema der Doktorarbeit "Die Frau in der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands – ein Beitrag zur Untersuchung der politischen Rolle der Frau in der DDR") wurde 1968 bei einem Besuch in der DDR von der Stasi angeworben. Fortan agierte sie unter dem Decknamen "Leinfelder". Trotz aller Sicherheitskontrollen wurde sie 1973 beim Bundesnachrichtendienst eingestellt, wo sie im Sowjetunion-Referat arbeitete und es bis zur Regierungsdirektorin schaffte. 1990 flog sie auf, offenbar nach einem Verrat, wie ein ehemaliger Stasi-Oberst später aussagte. Ein Jahr später wurde sie zu sechs Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. 1994 wurde Gabriele Gast nach zwei Drittel ihrer Haftstrafe auf Bewährung vorzeitig entlassen. Neben Gast gab es natürlich auch andere Spioninnen - oft Sekretärinnen von Politikern und ranghohen Beamten, deren Fälle aber für weniger Aufsehen sorgten.
Der Journalist: Diethelm Schröder - abgeschaltet 1987
Unter dem Decknamen "Schrammel" agierte der ehemalige "Spiegel"-Journalist Diethelm Schröder für die Stasi. Allerdings habe Schröders "nachrichtendienstlicher Eifer" mit der Zeit nachgelassen, 1987 habe das MfS ihn "resigniert abgeschaltet". Was er lieferte, sei vom MfS nicht als besonders wertvoll eingeschätzt worden, hieß es im Prozess. Das Oberlandesgericht Düsseldorf kam in seinem Urteil im Jahr 1992 zwar zu dem Schluss, dass der Bundesrepublik kein "messbarer Schaden" entstanden sei, die Anklage hätte das Verfahren sogar gegen eine Geldbuße eingestellt. Schröder war zu einem Geständnis, das Voraussetzung für eine solche Lösung gewesen wäre, nicht bereit, wie sein ehemaliger Arbeitgeber "Spiegel" über den Prozess schriebt. Schröder habe bis zuletzt seine Unschuld beteuert. Schließlich wurde er zu einer zur Bewährung ausgesetzten Strafe von 21 Monaten verurteilt. 30.000 Mark musste er an den Staat zahlen, zudem die Verfahrenskosten tragen.
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