Was tun nach dem Anschlag von Solingen? Ob es zu weiteren Gesprächen kommt, hängt von einem für CDU und CSU zentralen Punkt ab.

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Nach dem Migrationstreffen stellt die Union der Ampel-Koalition Bedingungen für weitere Beratungen. "Der wichtigste Schritt wäre es, wenn die Ampel mit uns gemeinsam zu dem Ergebnis kommt, dass es diese Zurückweisungen an der Grenze aufgrund des Nichtfunktionierens des Systems braucht. Und dann können wir in weitere Punkte eintreten", sagte Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz (CSU).

Der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) betonte, man habe auf "eine wirkliche Wende in der Migrationspolitik gedrungen und konkrete Maßnahmen zur Begrenzung der Migration" gefordert. "Dazu gehören aus unserer Sicht vor allem Grenzkontrollen und Zurückweisungen an den Grenzen. Es ist derzeit offen, ob es zu weiteren Gesprächen in diesem Format kommt." Die Ampel-Parteien müssten klären, ob sie den Weg zur klaren Begrenzung mitgehen.

Faeser: Konstruktive Gespräche

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die sich nur vage äußerte, kündigte an: "Jetzt geht es darum, bestimmte Punkte, die wir vertraulich besprochen haben, rechtlich zu prüfen und dann weiter zu beraten. Hierauf haben wir uns verständigt."

Man wolle sich in gleicher Runde wiedertreffen und habe dafür einen Termin in der kommenden Woche ins Auge gefasst. Voraussetzung seien aber die juristischen Prüfungen. "Ich bin dankbar für das ernsthafte und konstruktive Gespräch heute. Diesen Austausch wollen wir zügig fortsetzen."

Union reichen bisherige Maßnahmen nicht

Auch die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sprach von einem guten Prozess. Ihr zufolge will man sich in der kommenden Woche wiedersehen. Sie habe die wirkliche Hoffnung, dass man sich auf breite Maßnahmen verständigen könne, "auch mit einer großen, breiten Unterstützung aller demokratischen Kräfte".

Unionsvertreter hatten vor dem Treffen deutlich gemacht, dass ihnen die Ankündigungen der Ampel-Koalition aus der vergangenen Woche, das sogenannte Sicherheitspaket, nicht weit genug gingen. Sie pochten auf eine Begrenzung der irregulären Migration.

Die Union erwarte jetzt eine schnelle Reaktion der Bundesregierung. Diese sei auch zugesagt worden. "Wenn wir sehen, dass es da eine Bereitschaft gibt, zu solchen Ergebnissen zu kommen, dann werden wir auch noch weitere Themen ausbuchstabieren."

Man müsse in der kommenden Woche vorwärtskommen, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Thorsten Frei. Die Union wäre auch bereit, in der kommenden Woche im Bundestag, in der es eigentlich um den Haushalt gehe, Platz dafür freizuräumen. "Es geht um Geschwindigkeit, es geht um Schnelligkeit." Frei ergänzte: "Wir haben den Eindruck gehabt, dass man sich ernsthaft auch mit den Punkten, die für uns wichtig sind, auseinandergesetzt hat."

Kurzfristiges "Sicherheitspaket" der Ampel

Nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten Messeranschlag von Solingen hatte die Bundesregierung kurzfristig ein "Sicherheitspaket" vorgelegt, das aus ihrer Sicht Grundlage des Treffens sein sollte. Es sieht Maßnahmen in drei Bereichen vor: eine härtere Gangart bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber in ihre Herkunftsländer, Schritte zur entschiedeneren Bekämpfung des islamistischen Terrors und Verschärfungen beim Waffenrecht.

Vorgesehen ist dabei etwa, dass Schutzsuchende, für die ein anderes europäisches Land zuständig ist, in Deutschland keine Leistungen mehr erhalten – wenn dieses Land zur Rücknahme bereit ist (Dublin-Fälle). Vorgesehen ist außerdem ein Verbot von Springmessern und ein leichterer Ausschluss vom Schutz in Deutschland für Migranten, die eine Straftat begangen haben. "Wir werden unseren Gesetzentwurf schnell vorlegen und schnell im Parlament beraten", kündigte Faeser an.

Blick auf die Wahlergebnisse bei Landtagswahlen

Die Union versucht, die Ampel-Koalition unter Druck zu setzen, ebenso die AfD. Hinzu kommen die Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen, bei denen Migration und innere Sicherheit wichtige Themen waren. Die migrationskritischen Parteien AfD und BSW konnten Erfolge verbuchen, während die Ampel-Parteien abgestraft wurden. Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz (CSU) mahnte denn auch vor dem Treffen am Dienstag: "Man darf nicht hinterher den Geschmack haben, dass das nur wegen der Wahlen erfolgt ist."

Die Ampel-Koalition hat bereits mehrfach Verschärfungen beschlossen, so etwa zu Jahresbeginn Erleichterungen bei Abschiebungen. Zudem will Kanzler Olaf Scholz (SPD) bis Jahresende Prüfergebnisse zu der Frage vorlegen, ob Asylverfahren in Staaten außerhalb Europas möglich sind.

Faeser erklärte nach der Bund-Länder-Runde, die Maßnahmen der Regierung zur Begrenzung der irregulären Migration wirkten, der Kurs solle fortgesetzt werden. "Es gibt ein Fünftel weniger Asylanträge als im Vorjahr, ein Fünftel mehr Rückführungen, mehr als 30.000 Zurückweisungen an den deutschen Grenzen durch unsere Binnengrenzkontrollen seit Oktober 2023. Wir haben erstmals wieder gefährliche Straftäter nach Afghanistan abgeschoben."

Auch die FDP hatte vor dem Treffen weitere Schritte verlangt. "Wir brauchen eine grundlegende Neuordnung der Migrationspolitik", sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der Deutschen Presse-Agentur.

Pro Asyl besorgt um möglicherweise rechtswidrige Maßnahmen

An dem Treffen nahmen für die Bundesregierung unter anderem Innenministerin Nancy Faeser (SPD), Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) teil. Für die Länder vertrat Hessen die Unionsseite und Niedersachsen die SPD-Seite. Für die Unionsfraktion kamen unter anderem der Erste Parlamentarische Geschäftsführer, Thorsten Frei (CDU). Auch Abgeordnete der Ampel-Fraktionen waren vertreten.

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl hatte sich vor dem Treffen besorgt gezeigt und an die Bundesregierung appelliert, keine rechtswidrigen Maßnahmen zu beschließen. "Die CDU muss ihrer Verantwortung als demokratische Partei nachkommen und darf die Polarisierung der Debatte nicht weiter vorantreiben." Es müsse bei dem Treffen um Maßnahmen gehen, die Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkten und Radikalisierung hin zum Islamismus oder Rechtsextremismus vorbeugten. (dpa/ bearbeitet von ng)

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