Emmanuel Macron ist der neue Präsident Frankreichs. Trotz allgemeiner Erleichterung – auf Deutschland und Europa kommen große Herausforderungen zu.
Ein 39-Jähriger ohne Parteiapparat wird der nächste Präsident des zweitgrößten Landes der Europäischen Union. Was bedeutet der Wahlsieg des liberalen Senkrechtstarters Emmanuel Macron? Drei Lehren lassen sich schon jetzt ziehen:
1. Schwere Zeiten für die Demokratie
66,1 Prozent für Emmanuel Macron. Doch sein deutlicher Erfolg ist nur ein Teilsieg für die Demokratie.
Auch wenn sie den Wahlsieg klar verfehlt hat: Seine rechtsextreme Konkurrentin
Jeder dritte Franzose, der am Sonntag zur Wahl ging, hat sich für ein Programm entschieden, das mit vielem bricht, was Europa seit Jahrzehnten ausmacht.
Zu denken geben muss aber auch die Wahlbeteiligung. Bei einer Schicksalswahl für das Land hat jeder vierte Franzose gar keine Stimme abgegeben: der höchste Wert in einer Stichwahl seit 1969.
Fast neun Prozent der Wahlteilnehmer demonstrierten zudem ihre Ablehnung beider Kandidaten, indem sie am Sonntag einen leeren Wahlzettel in die Urne warfen – laut der Zeitung "Libération" ein Rekord in der Präsidialrepublik Frankreich.
Ob Macron seinem Land die versprochene Stabilität bringt, muss er erst noch beweisen. Ohne Rückhalt im Parlament wird er es schwer haben – und die Wahlen zur Nationalversammlung am 11. und 18. Juni muss er nun ohne schlagkräftigen Parteiapparat vorbereiten. Wird seine Präsidentschaft ein Misserfolg, dürfte in fünf Jahren davon Marine Le Pen profitieren.
2. Die EU muss sich verändern
Als Macron am Wahlabend im Hof des Louvre-Museums vor seine Anhänger trat, klang aus den Lautsprechern Beethovens "Ode an die Freude" – die Europahymne.
Die Erleichterung auf dem Kontinent über den Wahlsieg des Pro-Europäers ist groß. Kann in Brüssel also nun alles weitergehen wie bisher? Wahrscheinlich nicht.
Macron selbst hat seine Haltung zur Europäischen Union immer mit einem "Ja, aber..." umschrieben. Man müsse den Tisch, an dem die Europäer sitzen, nicht umwerfen, wohl aber den Kurs der EU, steht in seinem Wahlprogramm.
Die EU müsse sich verändern, findet Macron – ein Gefühl, das wahrscheinlich Millionen Menschen auf dem Kontinent teilen.
In dem Video "A nos amis" (An unsere Freunde) haben sich vor der Wahl junge Deutsche über Youtube auf Französisch an ihre Nachbarn gewandt.
Sie erinnern darin an die gemeinsamen Werte Europas. "Es scheint uns jedoch, dass diese Werte gegenüber der Bürokratie der EU in den Hintergrund getreten sind", sagt da eine junge Frau.
Der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven ist nur einer von vielen Politikern, die Macrons Wahlsieg als Anlass für Reformen sehen. Er verband seine Glückwünsche an den neuen französischen Präsidenten gleich mit einem Auftrag an die EU.
Der Sozialdemokrat fordert eine neue Agenda für die Union, "mit mehr Jobs und fairen Arbeitsbedingungen, einer entschlosseneren Klimapolitik und einem Aufnahmesystem für Asylsuchende, bei dem jeder Verantwortung übernimmt".
3. Macron wird nicht vor Merkel kuschen
Auch deutsche Politiker begrüßten ausdrücklich den Wahlsieg Macrons. Aber auch für sie wird es ein "Weiter so" wohl nicht geben.
Der künftige Präsident hat bereits den Handelsüberschuss Deutschlands kritisiert, das deutlich mehr Waren exportiert als importiert. "Wegen Ungleichgewichten in der Eurozone sammelt Deutschland Überschüsse an, die weder für seine eigene Wirtschaft noch für den Rest der Euro-Länder gut sind" , sagte er der Zeitung "Ouest-France".
Ein hartes Auftreten gegenüber den Deutschen wird Macron schon aus innenpolitischem Druck heraus an den Tag legen müssen: Seine Konkurrentin Le Pen hatte vor der Wahl genüsslich erklärt, Frankreich werde in Zukunft auf jeden Fall von einer Frau regiert – von ihr selbst oder von Angela Merkel.
Unterwürfigkeit und allzu große Zugeständnisse an die Nachbarn würden die Franzosen ihrem Staatsoberhaupt deshalb wohl schnell als große Schwäche auslegen.
So klar sich Macron hinter die deutsch-französische Freundschaft gestellt hat: Deutschland wird in ihm wohl auch einen selbstbewussten bis schwierigen Verhandlungspartner bekommen.
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