• Der Fraktionschef von CDU und CSU im Bundestag geht nach dem Wahldesaster mit der eigenen Partei hart ins Gericht.
  • Auf dem Deutschlandtag der Jungen Union folgt eine offene Aussprache.
  • Von den Delegierten gibt es aber nicht nur Applaus.

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CDU/CSU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus hat die Union nach der Niederlage bei der Bundestagswahl zur Geschlossenheit aufgerufen. "Wir müssen ändern, wie wir zusammenarbeiten", sagte der CDU-Politiker beim Deutschlandtag der Jungen Union am Sonntag in Münster.

Dabei müssten Loyalität und Zusammenhalt wieder im Mittelpunkt stehen. Brinkhaus verwies als positives Beispiel im Wahlkampf auf die SPD, die gestanden habe wie ein Block und sei ohne Inhalte erfolgreich gewesen.

"Nach einem Ereignis wie dem am 26. September kann man nicht nur Normalität übergehen und so weiter machen", sagte Brinkhaus. Er bezeichnete das historisch schlechteste Ergebnis bei einer Bundestagswahl als "vernichtend".

"Die Menschen wollten nicht, dass unser Spitzenkandidat Bundeskanzler wird. Es tut mir leid für Armin Laschet. Er ist in guter Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen und ein anständiger Mensch." Er habe sich nach der Niederlage nicht weggeduckt und Verantwortung übernommen, hob Brinkhaus hervor.

Laschet hatte am Samstag bei der Jungen Union die alleinige Verantwortung für das historisch schlechte Abschneiden der Union mit nur 24,1 Prozent übernommen. CSU-Chef Markus Söder hatte seinen Auftritt beim Unionsnachwuchs abgesagt.

Brinkhaus dankt Merkel für Verdienste als Kanzlerin

Brinkhaus bedankte sich ausdrücklich der scheidenden Kanzlerin Angela Merkel für 16 Jahre Kanzlerschaft. Er habe zwar mehrfach wie beim Thema Migration mit Merkel über Kreuz gelegen, sagte der CDU-Politiker. Aber: "Deutschland wurde in den vergangenen 16 Jahren besser regiert als die meisten anderen Länder der Welt. Dafür und für ihren Einsatz vielen Dank."

Gleichzeitig gab er zu bedenken, dass die Union in Zukunft nicht mehr nur von einer Person abhängig sein dürfe. Wichtig sei, dass die Union als Team wahrgenommen werde.

Brinkhaus rief die Partei zu Zuversicht auf. "Man kann ja hinfallen, aber jetzt kommt es darauf hin, wieder aufzustehen. Wir haben eine Wahl verloren, sollten aber unseren Stolz nicht verlieren. Ich werde nicht in den Plenarsaal kriechen", sagte der CDU/CSU-Fraktionschef.

Mit Hinweis auf Indiskretionen aus internen Sitzungen griff er Parteifreunde scharf an. "Es ist eine Frage der Haltung. Internes muss intern bleiben", sagte der Fraktionsvorsitzende. Wer die Haltung nicht habe, dass der politische Gegner nicht in der eigenen Partei ist, der könne den Weg zurück ins Kanzleramt nicht mitgehen.

Kritik an Ampel-Sondierungspapier: "Strammste Linksagenda" seit Jahrzehnten

Brinkhaus übte zudem erneut scharfe Kritik an dem Sondierungsergebnis von SPD, Grünen und FDP geübt. "Das ist die strammste Linksagenda, die wir seit Jahrzehnten in Deutschland gehabt haben", sagte Brinkhaus am Sonntag. Das an Freitag vorgestellte Sondierungspapier sei ein "soziales Füllhorn" und ein "soziales Wünsch-dir-was".

"Allen wird alles gegeben", kritisierte Brinkhaus. Die Pläne seien jedoch "überhaupt nicht gegenfinanziert". So stehe nicht klar in dem Papier, dass die Schuldenbremse eingehalten werden solle. Steuererhöhungen solle es keine geben, aber Subventionen sollten abgeschafft werden.

Das bedeute, "dass die Pendlerpauschale abgeschafft, Diesel teurer" werde, sagte der CDU-Politiker weiter. Er warf den drei Parteien zudem vor, dass sie ein anderes Gesellschaftsbild anstrebten und das Familienbild umbauen wollten.

Aus Brinkhaus' Sicht konnte die FDP in den Sondierungen wenig durchsetzen. Er verglich die angestrebte Ampel-Koalition mit einer Verkehrsampel, die "ziemlich lange rot und ziemlich lange grün" sei, aber nur wenige Sekunden gelb.

Das Papier enthalte "erbärmlich wenig" zu den Bereichen Technik und Innovation oder zur Umsetzung der Klimaziele, kritisierte er weiter. Deutschland steuere zudem auf eine "Großstadtkoalition" zu, "da wird das Leben im ländlichen Raum nicht stattfinden".

Brinkhaus zieht Unmut der Jungen Union auf sich

Für seine Attacken auf die Ampel-Parteien erhielt Brinkhaus allerdings auch Widerspruch aus den Reihen der Jungen Union. Ein Delegierter sagte mit Blick auf den FDP-Vorsitzenden: "Die These, dass mit Christian Lindner der Sozialismus in Deutschland ausbricht, ist zu plump."

In der anschließenden Diskussion zog Brinkhaus erneut den Unmut der Jungen Union auf sich. Ein Delegierter hatte ihn nach seiner Meinung gefragt, wie die Suche nach einem neuen Parteivorsitzenden aussehen solle.

Der CDU-Politiker wollte sich nicht festlegen und verglich den Fragesteller mit einem Journalisten. Der JU-Vorsitzende Tilman Kuban schaltete sich in die Diskussion ein und kritisierte Brinkhaus für die Aussage. Der Gast blieb dabei und verwies auf seine moderierende Funktion in der Bundestagsfraktion.

Brinkhaus gilt neben dem Wirtschaftsexperten Friedrich Merz, Gesundheitsminister Jens Spahn, Außenpolitiker Norbert Röttgen und Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann als möglicher Bewerber für die CDU-Spitze und damit als Nachfolger von Parteichef Laschet. (dpa/afp/thp)

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