- Zwei Wochen nach dem katastrophalen Abschneiden bei der Bundestagswahl einigt sich die CDU-Spitze auf einen Zeitplan zur Neuaufstellung. Doch es gibt noch viele offene Fragen.
- Die Kreisvorsitzenden der Partei sollen am 30. Oktober darüber beraten, wie ein Nachfolger für Parteichef Armin Laschet gefunden wird. Auch eine Mitgliederbefragung ist im Gespräch.
Steht die CDU zum dritten Mal innerhalb von nur drei Jahren vor einer Zerreißprobe? Oder schafft sie bei ihrer Neuaufstellung nach dem Desaster bei der Bundestagswahl doch noch eine Teamlösung? Erstmals in der Geschichte der Bundespartei könnte in den nächsten Monaten eine Mitgliederbefragung über den Parteichef mitentscheiden. Sicher ist das zwar noch nicht.
Aber in der Parteispitze wissen sie: An einer stärkeren Einbindung der Basis kommt man kaum vorbei. Wenn es um die Nachfolge von CDU-Chef und Kanzlerkandidaten
Bedenken gegenüber Mitgliederentscheid
Kritiker einer Mitgliederbefragung, bei der am Ende eine neuerliche Kampfabstimmung auf dem wohl um den Jahreswechsel geplanten Sonderparteitag zur Wahl einer neuen CDU-Spitze stehen könnte, warnen davor, die Gräben in der Partei könnten damit noch tiefer werden.
Die Kampfabstimmungen, aus denen Ende 2018
In den Beratungen der CDU-Spitze an diesem Montag hat allerdings noch keiner jener aus Nordrhein-Westfalen stammenden machtbewussten Männer, denen Ambitionen auf die Laschet-Nachfolge nachgesagt werden, seinen Hut in den Ring geworfen. Allein das wird intern schon als Signal gedeutet, dass nun wohl allen der Ernst der Lage bewusst sei.
Als mögliche Bewerber für die CDU-Spitze gelten neben dem Wirtschaftspolitiker
Laschet zum Rückzug vom Parteivorsitz bereit
Laschet hatte vergangene Woche angekündigt, seine eigenen Ambitionen zurückzustellen, wenn dies zu einer Lösung beitrage: sowohl was die personelle Neuaufstellung angeht, als auch mit Blick auf die immer noch möglichen Verhandlungen mit Grünen und SPD über ein schwarz-grün-gelbes Jamaika-Bündnis. Dies wäre nach wie vor die einzige Option für Laschet, sich doch noch ins Kanzleramt zu retten.
Mit Blick auf die mit einem ausgeprägten Ego ausgestatteten möglichen Bewerber um den Parteivorsitz würden mehrere Züge aufeinander zurasen, wird intern gewarnt. Gelinge es nicht, aus den vielen Zügen zumindest ganz wenige zu machen, drohe eine Implosion der Partei. Das könne es dann gewesen sein mit der Volkspartei CDU, sorgen sich manche schon. Erfahrene Mitglieder in der Parteispitze fürchten, es werde nicht bei einer Legislaturperiode bleiben, sollte die Union nun tatsächlich in die Opposition stürzen und sich weiterhin selbst zerlegen.
Konferenz der Kreisvorsitzenden am 30. Oktober
Die CDU-Spitzengremien haben sich nun hinter den Vorstoß von Laschet gestellt, der einen Prozess zur inhaltlichen und personellen Neuformierung der Partei moderieren möchte. In drei Wochen, am 30. Oktober, will die Parteispitze bei einer Konferenz der Kreisvorsitzenden ein Stimmungsbild einholen, ob es tatsächlich eine Mitgliederbefragung zum Parteivorsitz geben soll. Drei Tage später, am 2. November, soll der CDU-Vorstand entscheiden, wie es weitergeht.
Was eine Mitgliederbefragung angeht, muss man wissen: Laut Statut der CDU ist diese auch zu Personalien zwar möglich - aber für die 1001 Delegierten des Parteitags als Entscheidungsgremium nicht bindend. Befürworter setzen allerdings darauf, dass sich kaum einer nach einer solchen Befragung dem Willen der Basis entziehen könnte.
Parteitag zur Jahreswende
Ob bis Ende Oktober schon klar ist, wer denn nun tatsächlich kandidieren will, ob es weitere Kandidaten und womöglich auch eine Bewerberin gibt, ist ebenfalls offen. Stehen die Kandidaten fest, würde es aller Voraussicht nach im November eine innerparteiliche Vorstellungsphase geben – ob in einer kurzen oder längere Serie von Regionalkonferenzen, digital oder in Präsenz: auch das ist offen.
Eine Befragung der Basis würde sich diesen Vorstellungsrunden anschließen – in der Partei werden alleine für einen Durchlauf zwei oder drei Wochen veranschlagt. "Wir alle wissen, dass das Zeitfenster die Jahreswende ist", sagt Generalsekretär Paul Ziemiak zum Zeitplan für einen Wahlparteitag. Der könnte noch im Dezember sein, oder auch im Januar.
Nutzung von Handys verboten
Etwas Hoffnung, dass es vielleicht doch noch klappen könnte mit der Teamlösung, hat in der Parteispitze am Montag die Tatsache gemacht, dass anders als sonst nichts aus den vertraulichen Sitzungen an die Öffentlichkeit durchgestochen wurde. Zwar mussten die Handys nach Informationen von Teilnehmern nicht vor der Sitzung abgegeben werden. Doch Laschet hatte ausdrücklich ein Verbot ausgesprochen, die Mobilgeräte zu nutzen. Während der Sitzungen sei darauf geachtet worden, ob das Verbot auch eingehalten werde - und es habe funktioniert, hieß es hinterher.
Ein anderes Störfeuer kann Laschet aber sicherlich nicht so einfach abstellen: Die notorischen Querschüsse der kleinen Unionsschwester CSU und ihres Vorsitzenden Markus Söder. Der hatte dem gemeinsamen Kanzlerkandidaten der Union erst am Samstag bei einer Versammlung des Unionsnachwuchses in Bayern klipp und klar die Schuld am Wahldesaster zugeschoben.
Auch der CSU-Fraktionschef im bayerischen Landtag, Thomas Kreuzer, hatte am Rande einer Fraktionsvorsitzendenkonferenz der Union gute Tipps parat und der großen "Schwester" zu einer breiten Beteiligung der Basis bei der Neuaufstellung geraten.
Soviel Einmischung war dann doch vielen in der CDU-Spitze zuviel, ist aus den Beratungen zu hören. Mehrere Teilnehmer hätten deutliche Kritik an der CSU geübt – von der schwierigsten Phase in den Beziehungen zwischen CDU und CSU soll die Rede gewesen sein. Mehrmals habe es da zustimmenden Applaus gegeben.
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