Die K-Frage hält die SPD auf Trab, eine Entscheidung soll erst Ende Januar fallen. Macht der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel das Rennen, tritt der scheidende EU-Parlamentspräsident Martin Schulz an - oder gar Außenseiter Olaf Scholz? Ein Experte glaubt zu wissen, wer das Rennen macht. Aber gute Chancen gegen Angela Merkel scheint niemand zu haben.
Bei allen Unabwägbarkeiten scheint eines im Kanzlerrennen der SPD gewiss:
Bleiben also drei mögliche Kandidaten: SPD-Parteichef und Vize-Kanzler
Über Sigmar Gabriel: "Kein Feuer der Begeisterung"
Jörg Siegmund von der Akademie für Politische Bildung in Tutzing hält Sigmar Gabriel trotz dessen rhetorischen Geschicks, der ungekünstelten Sprache und seines Erstzugriffsrechts als SPD-Chef als wenig wahrscheinlichen Kandidaten. Warum? "Gabriel wird von vielen, auch in seiner eigenen Partei respektiert, aber nicht geliebt. Er kann nicht das Feuer der Begeisterung entfachen. Weder in der SPD, noch in der Bevölkerung."
In bundesweiten Erhebungen schnitt Gabriel in den vergangenen Monaten stets schlechter als die Konkurrenz ab, auch unter den Genossen. Wenn der Regierungschef direkt gewählt werden könnte, hätten sich laut einer Umfrage des Forsa-Instituts Anfang Oktober 18 Prozent der Befragten für Gabriel entscheiden, für Schulz hätten hingegen 29 Prozent votiert.
Siegmund ist sicher, dass der SPD-Chef ein feines Gespür für die Stimmung in seiner Partei besitzt. "Gabriel geht es nicht um persönliche Eitelkeiten, sondern um das Land", behauptet der Politikwissenschaftler. "Bei ihm wird möglicherweise die Erkenntnis reifen, dass die SPD mit einem anderen Kandidaten, nämlich Martin Schulz, besser fährt."
Ebenso schlechte Karten räumt Siegmund
Martin Schulz: "Als authentisch wahrgenommen"
Politikexperte Siegmund hält Martin Schulz für die wahrscheinlichste Wahl. "Martin Schulz hat die besten Chancen,
Zudem wecke der scheidende EU-Parlamentspräsident Neugierde, weil viele Wähler ihn noch nicht so genau kennen, und weil er sich "bislang nicht im innenpolitischen Kleinklein aufgerieben" habe, so Siegmund. Ein weiterer Vorteil: Schulz könne die Kanzlerin besser attackieren als Gabriel, der als Wirtschaftsminister Teil der Regierung ist.
Könnte es für Schulz zum Nachteil sein, dass man ihn bisher nur aus Brüssel kennt? Siegmund meint: eher nicht. Zum einen sind noch viele Monate Zeit bis zur Wahl, um Schulz genauestens kennenzulernen. Außerdem biete etwas Unbekanntes "für Sehnsüchte und Erwartungen der Wähler eine Projektionsfläche", ist der Experte überzeugt.
"Entschieden wird auf der Schlussgerade"
Viele Diskussion gibt es bei den Sozialdemokraten auch über den Zeitpunkt der Kandidatenkür. Am Montag sorgte die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft für Unruhe, als sie erklärte: "Ich weiß, wer es wird, aber ich sage es Ihnen nicht."
Wie lange wollen die Genossen ihre Wähler noch im Unklaren lassen? Jörg Siegmund misst dieser Diskussion keine entscheidende Bedeutung zu. "Das wird im Endeffekt keinen großen Unterschied machen, ob die SPD sich jetzt oder im Januar festlegt", sagt der Politologe. "Je später man den Kandidaten benennt, desto später kann er auch demontiert werden".
Auf der anderen Seite funktioniere das Aufschieben nur, wenn man auch glaubhaft mehrere Alternativen habe. Und die besitzt die SPD mit Gabriel und Schulz ja.
Die Chancen der SPD, Angela Merkel zu schlagen, seien so oder so begrenzt.
Die einzige realistische Machtoption wäre aktuell eine rot-rot-grüne Koalition - doch selbst das von vielen ungeliebte Bündnis hätte derzeit keine Mehrheit. "Die Chancen stehen im Moment nicht sehr gut, aber für unmöglich halte ich das nicht", sagt Jörg Siegmund zu einer Abwahl Merkels. "Schauen Sie sich die letzten Wahlen an: Entschieden wird auf der Schlussgerade. Da sind immer noch größere Ausschläge möglich" Für die Union und für die SPD.
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