Zumindest bei den großen Parteien im Europaparlament herrscht in vielen grundsätzlichen Positionen viel Einigkeit - etwa wenn es um die wirtschaftliche Stärkung der Europäischen Union, den Bürokratieabbau und die Stärkung der Demokratie geht. Doch welche Unterschiede gibt es bei den Parteipositionen? Welche Schwerpunkte sind auszumachen?

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CDU

Anders als auf Bundesebene haben sich CDU und CSU im Europawahlkampf getrennt aufgestellt. Die CSU bedient dabei stärker eurokritische Positionen, auch als konservativer Gegenpol zur AfD. Thematische Schwerpunkte der CDU sind unterem anderen der Wirtschafts- und Finanzsektor - auch wegen der guten Umfragewerte von Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Bewältigung der EU-Finanzkrise. Die CDU wendet sich gegen Eurobonds und Mechanismen, mit denen die Schulden der Länder auf die Gemeinschaft übertragen werden sollen. Eine Vollmitgliedschaft der Türkei wird von der CDU ausgeschlossen, auch die EU-Erweiterung soll zunächst auf Eis gelegt werden, bis eine "Konsolidierung" der EU erfolgt ist. Großes Thema ist auch die Asylpolitik der EU: Die Christdemokraten fordern strengere Regeln, um die "Zuwanderung in soziale Sicherungssysteme" zu verhindern.

Spitzenkandidat der CDU ist der ehemalige niedersächsische Ministerpräsident David McAllister.

SPD

Bei der SPD gehören soziale Entwicklungen und die Frage nach der wirtschaftlichen Zukunft der EU zu den zentralen Themen. Grundsätzlich sollen EU-Gesetze weniger Detailregelungen vornehmen und sich auf wesentliche Punkte konzentrieren. Als Konsequenz aus der Finanzkrise fordert die SPD eine stärkere Regulierung der Banken, etwa durch eine deutlichere Trennung von Investment- und Geschäftsbanking. Bankenpleiten auf Kosten der Steuerzahler sollen so künftig vermieden werden. Anstelle einer reinen Sparpolitik sollen Zukunftsinvestitionen und Wachstumsmechanismen zur Rettung verschuldeter Staaten eingesetzt werden. Auch europaweite Mindestlöhne sind ein Ziel. Als einzige Partei spricht die SPD das Thema Schuldenvergemeinschaftung in der EU nicht explizit an. Eine Erweiterung der EU befürworten die Sozialdemokraten grundsätzlich.

Spitzenkandidat der SPD ist der amtierende Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, der auch europäischer Spitzenkandidat der Sozialdemokraten ist.

Bündnis 90/Die Grünen

Nach wie vor gehören Umwelt- und Energiefragen zu den Hauptthemen der Grünen, doch auch der Schutz von Bürgerrechten und persönlichen Daten ist in den Mittelpunkt gerückt. Ein Europa ohne Atom- und Kohlestrom gehört zu den großen Zielen der Grünen. Auch das Fracking zur Erdgasgewinnung wird klar abgelehnt, Lebensmittel sollen frei von Gentechnik bleiben. Neben der stärkeren Regulierung der Finanzmärkte sollen Mechanismen eingeführt werden, um wirtschaftliche Ungleichgewichte zwischen den Mitgliedsstaaten abzubauen. Auch die Gleichberechtigung von Frauen und Männern sowie unter anderem von Schwulen und Lesben gehört zu den zentralen Forderungen. Die Erweiterung der EU soll fortgesetzt werden.

Spitzenkandidatin der Grünen ist die Vorsitzenden der Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament, Rebecca Harms.

FDP

Nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag richten sich die Hoffnungen der FDP nun auf Europa. Im Mittelpunkt des Wahlprogramms stehen vor allem die klassisch liberalen Themen: Stärkung der Bürgerrechte, ein besserer Schutz vor dem "gläsernen Bürger" - etwa durch die Ablehnung der Vorratsdatenspeicherung. Auch der Abbau der Bürokratie in der EU gehört zu den Herzensangelegenheiten der Liberalen. Unter anderem fordern sie auch die Einführung europaweiter Volksentscheide. Wirtschaftlich plädieren die Liberalen gegen staatliche Eingriffe in die Marktwirtschaft. Unter anderem sollen Subventionen verringert werden, wirtschaftlich ins Wanken geratene Staaten sollen aus der EU austreten können. Im Rahmen der Freihandelsabkommen fordern die Liberalen ausdrücklich, dass Investoren das Recht erhalten sollten, Staaten zu verklagen und ein internationales Schiedsgericht anzurufen.

Spitzenkandidat der FDP ist Alexander Graf Lambsdorff, der Vorsitzende der FDP-Gruppe im Europäischen Parlament.

Die Linke

Unter den großen Parteien, die sich in Deutschland zur EU-Wahl stellen, vertritt die Linke bislang die extremsten Positionen. Neben Mindestlöhnen fordert sie auch die Einführung von Mindestrenten auf EU-Ebene. Private Großbanken sollen verstaatlicht werden, um künftige Finanzkrisen aus dieser Richtung zu vermeiden. Überschuldete Staaten sollen die Möglichkeit erhalten, einen Schuldenschnitt durchzuführen. Die strikte Ablehnung eines militärischen Ausbaus der EU gehört ebenfalls zu den zentralen Anliegen: Unter anderem sollen Rüstungsexporte ganz verboten werden, Europa soll zudem aus der Nato austreten. Die Linke vertritt zudem eine liberale Asylpolitik und fordert Möglichkeiten der legalen Zuwanderung.

Spitzenkandidatin der Linkspartei ist Gabi Zimmer, Fraktionsvorsitzende der Linken im Europäischen Parlament.

Alternative für Deutschland (AfD)

Die Alternative für Deutschland (AfD) setzt vor allem auf die Betonung deutscher Interessen innerhalb von Europa und die Kritik am Euro. Ein zentraler Punkt ist deshalb die Stärkung der nationalen Ebene gegenüber der europäischen Union. Die "stabilitätsorientierten" Euroländer sollen sich nach dem Willen der AfD in einem kleineren Währungssystem - ohne etwa die südlichen Mitgliedsländer - zusammenschließen. Die Anzahl der EU-Beamten soll halbiert werden. Die Verhandlungen für eine Aufnahme der Türkei in die EU sollen gestoppt werden, ein Freihandelsabkommen mit der USA wird ebenfalls abgelehnt.

Spitzenkandidat der AfD ist Parteichef Bernd Lucke.

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