Zum Gedenken an die Landung der Alliierten in der Normandie sind einige der mächtigsten Politiker im englischen Portsmouth versammelt: US-Präsident Trump, Premierministerin May, Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Macron. Im Zentrum steht die 93-jährige Queen.

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Dudelsackspiel und donnernde Flugzeuge - aber auch nachdenklich stimmende Berichte von Zeitzeugen: Mit einer feierlichen Zeremonie haben am Mittwoch die Staats- und Regierungschefs der westlichen Alliierten und Deutschlands der Landung in der Normandie im Zweiten Weltkrieg gedacht. Die größte Landungsoperation der Militärgeschichte hatte entscheidende Bedeutung für den weiteren Verlauf des Zweiten Weltkrieges.

An der Veranstaltung in der südenglischen Hafenstadt Portsmouth nahmen auch die britische Königin Elizabeth II., Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Donald Trump teil. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, die britische Premierministerin Theresa May und Thronfolger Prinz Charles zählten ebenfalls zu den Gästen.

Als einige der etwa 300 anwesenden Veteranen die Bühne betraten, brandete Beifall auf. Selbst die 93 Jahre alte Queen erhob sich mehrmals von ihrem Platz. Sie stach mit einem pinken Mantel und Hut zwischen den Staats- und Regierungschefs auf der Ehrentribüne heraus; die Königin liebt auffallende Farben.

In einer Ansprache lobte die Queen den Mut der Soldaten, die vor 75 Jahren an der Landung teilnahmen. Ihr Vater, König George VI., habe damals einen neuen Geist und eine unbezwingbare Entschlossenheit gefordert, sagte die Queen. "Genau das haben viele mutige Männer in die Schlacht mitgebracht, da das Schicksal der Welt von ihrem Erfolg abhing", betonte sie. Viele junge Leute seien aber nie von dort zurückgekehrt.

Anders als die meisten Teilnehmer hat sie eigene Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg. Während dieser Zeit machte Elizabeth eine Ausbildung zur Lastwagenfahrerin und -Mechanikerin in der Armee. Schon damals strotzte sie vor Pflichtbewusstsein. Einen kurzen Moment der Ausgelassenheit erlaubte sie sich, als Deutschland kapitulierte: Die Menschen tanzten auf den Straßen Londons, Elizabeth mischte sich unerkannt unter die Feiernden. "Wir wurden von einer Welle der Freude und Erleichterung getragen", erinnerte sie sich einmal.

Merkel: "Geschenk der Geschichte"

Merkel bezeichnete ihre eigene Teilnahme an dem Gedenken als "Geschenk der Geschichte". Die Landung der Alliierten in der Normandie habe Deutschland letztendlich die Befreiung vom Nationalsozialismus gebracht und die Grundlage für die Nachkriegsordnung gelegt. "Dass ich als deutsche Bundeskanzlerin heute dabei sein kann, und dass wir heute gemeinsam für den Frieden und die Freiheit eintreten, das ist ein Geschenk der Geschichte, das es zu schützen und zu pflegen gilt", sagte Merkel vor Journalisten.

Die Bundeskanzlerin kam auch kurz mit US-Präsident Trump zusammen. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Sarah Sanders, teilte mit, Trump und Merkel hätten die aktuelle Situation in Libyen und die sich verschlechternde Lage in West-Afrika besprochen. Sie hätten sich darauf geeinigt, ihre Gespräche beim G20-Gipfel Ende des Monats im japanischen Osaka fortzusetzen. Bis zuletzt hatte es öffentlich Unklarheit gegeben, ob das Treffen in Portsmouth tatsächlich stattfinden würde.

Zum Abschluss der Gedenkveranstaltung donnerten mehrere historische und moderne Militärflugzeuge über das Veranstaltungsgelände am Hafen von Portsmouth. Ein Kriegsschiff feuerte Salutschüsse ab. Rund 300 Veteranen sollten nach den Feierlichkeiten auf dem Seeweg in die Normandie gebracht werden - in Erinnerung an die gefährliche Reise, die die vielen Soldaten im Juni 1944 über den Ärmelkanal antraten.

Zu dem Event gehörten auch Musik- und Tanzeinlagen auf einer überdachten Bühne nahe am Wasser. Mehrere Tagebucheinträge von Zeitzeugen wurden verlesen, unter anderem von May, Kanadas Premier Justin Trudeau und Macron. Trump verlas ein Gebet.

Für Trump war es der dritte und letzte Tag seines Staatsbesuchs in Großbritannien. Er und First Lady Melania waren am Montag feierlich im Buckingham-Palast empfangen worden. Am Dienstag hatte sich Trump mit der scheidenden Regierungschefin May getroffen.

Der öffentlichen Teil des Geländes hatte Volksfestcharakter mit Karussells, Fish-and-Chips-Buden und kleinen Souvenirläden. Hunderte hatten es sich dort auf einer Wiese gemütlich gemacht.

Die 83 Jahre alte Joyce Stevenson aus Portsmouth freute sich, dass auch viele junge Menschen gekommen waren. "Wir Alte erinnern uns daran, aber es ist schön, dass so viele Leute da sind." Für die Politiker auf der Ehrentribüne interessierte sie sich kaum. "Es ist gut zu wissen, dass die Queen heute da ist", sagte sie. Respekt hat sie auch für Merkel, die sei mutig, dass sie gekommen sei.

Am 6. Juni 1944 waren alliierte Truppen im Zweiten Weltkrieg in Frankreich gelandet, das von der deutschen Wehrmacht besetzt war. Von Portsmouth aus hatte sich ein Großteil der Streitkräfte auf den Weg über den Ärmelkanal Richtung Normandie gemacht.

Der sogenannte D-Day markiert den Auftakt der Befreiung Europas vom nationalsozialistischen Deutschland von Westen her und den Beginn des Siegeszugs einer demokratischen Bewegung in aller Welt. Er steht aber auch für ein unmenschliches Blutvergießen, Zehntausende Tote und Verwundete.

Trump reiste am späten Nachmittag nach Irland weiter, wo er sich auch kurz mit Premierminister Leo Varadkar treffen wollte. Thema ihres Gesprächs sollte unter anderem der Brexit sein. Demonstranten errichteten in der Nähe des Flughafens Shannon im Westen Irlands ein Friedenscamp; sie kritisieren unter anderem die Klimapolitik des US-Präsidenten. Am Donnerstag, dem eigentlichen D-Day-Jahrestag, nimmt Trump dann an der großen Gedenkveranstaltung an der französischen Küste teil.

Vertreter Deutschlands versammelten sich bei einer Gedenkveranstaltung auf dem deutschen Soldatenfriedhof in La Cambe in der Normandie. "Im Verlauf der letzten Jahrzehnte ist Europa ein Kontinent des Friedens und der Freiheit geworden", sagte der deutsche Botschafter in Frankreich, Nikolaus Meyer-Landrut. Es gebe eine Pflicht, dafür zu sorgen, dass dies bewahrt werde. In La Cambe liegen mehr als 21 000 deutsche Soldaten begraben. Darunter sind auch Kriegsverbrecher wie Adolf Diekmann, der die Ermordung der Bewohner des Dorfes Oradour-sur-Glane im Westen Frankreichs befahl. (br/dpa)

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