In der ersten Saison nach dem Rücktritt von Sebastian Vettel startet Aston Martin plötzlich durch, sein Nachfolger fährt zwei Podiumsplätze ein. Ist der Deutsche zu früh zurückgetreten? Der 35-Jährige bereut den Rückzug aus der Formel 1 nicht, er schließt ein Comeback aber auch nicht aus.

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Sebastian Vettel steigt auf das Podium, der Deutsche strahlt über das ganze Gesicht, winkt überglücklich dem Publikum zu. Ein dritter Platz, endlich wieder eine Sektdusche, die Nationalhymne. Dazu Applaus, Jubel und ganz viele Emotionen. Und nach langer Zeit mal wieder der berühmte Vettel-Finger. Schöne Bilder, die Fans 2023 durchaus hätten sehen können. Sie sind aber nur noch eine Erinnerung, denn Vettel hat seine Formel-1-Karriere im vergangenen Jahr beendet.

Das Bittere dabei: In der Saison nach seinem Rücktritt ist Ex-Rennstall Aston Martin über die Winterpause von einem grauen Mittelfeld-Team zu einem Sieg-Anwärter gereift. Die Podiumsplätze feiert jetzt Vettels Nachfolger Fernando Alonso.

Aston Martin schaffte mit Vettel 2021 und 2022 nur den siebten Platz in der Konstrukteurswertung, jetzt liegt das Team auf Rang zwei. Und das ist kein Zufall oder Glück, denn das Team hat inzwischen ein starkes Auto. WM-reif ist der Bolide zwar noch nicht, dafür ist Red Bull Racing zu dominant; doch die Briten sind aktuell tatsächlich die zweite Kraft in der Formel 1.

Vettel bereitet vor, Alonso räumt ab

Alonso profitiert dabei natürlich von der Vorarbeit Vettels, der zwei Jahre lang half, das Team mit aufzubauen und das Auto in die richtige Richtung zu entwickeln. Während Vettel aber zwei Jahre lang im Mittelfeld oft Frust schob, kommt der Spanier aus dem Grinsen gar nicht mehr heraus, fuhr in den ersten beiden Rennen zwei dritte Plätze heraus. "Die Meilensteine hat Vettel gesetzt, abräumen tut der andere", bringt es Sky-Experte Ralf Schumacher auf den Punkt.

Fakt ist: Die Euphorie rund um Alonso und Aston Martin ist groß. Teamchef Mike Krack muss jetzt nicht mehr die Krise erklären und als Psychologe Aufbauarbeit leisten, jetzt darf er das neue Glücksgefühl beschreiben: "Es ist unglaublich: Man kann es nicht glauben, wenn man es nicht selbst erlebt hat", sagte er im Podcast F1 Nation: "Es gibt einen enormen Schwung, eine enorme Energie im Team. Jeder gibt Vollgas. Manchmal muss man die Leute drängen, nach Hause zu fahren, um ihre Familien zu sehen", sagte Krack, der verrät, dass Vettel sich bei seinem Ex-Team nach dem Auftakt in Bahrain gemeldet hat.

"Wir stehen immer in Kontakt, und wie ein wahrer Gentleman hat uns Vettel zum Podestplatz beim WM-Auftakt gratuliert", sagte Krack, der das Lob zurückgab: "Ich sagte zu ihm: Das ist auch dein Verdienst, denn du hast uns die letzten zwei Jahre so viel weitergebracht."

Vettel meldet sich bei Aston Martin

Doch bereut Vettel seinen Rücktritt, der aus sportlicher Sicht ein bescheideneres Timing hatte als erwartet, möglicherweise? Es wäre fraglos menschlich und nachvollziehbar. Doch dass er seine eigene Arbeit selbst nicht ausnutzen kann, macht ihm nichts aus. "Ich bereue den Rücktritt nicht", stellte er bei einem Event des Projekts "BioBienenApfel" am Donnerstag klar, es war sein erster öffentlicher Auftritt seit dem Saisonstart der Formel 1.

Es sei immer schwer vorherzusehen, was im nächsten Jahr passiere, sagte Vettel: "Deshalb überwiegt natürlich die Freude für das Team." Er betonte: "Ich habe meine Entscheidung unabhängig davon getroffen, wie es in diesem Jahr hätte laufen können." Er gibt zu, dass es ihm möglicherweise leichter fallen würde, wenn das Auto "nicht ganz so gut wäre, aber da überwiegt wirklich die Freude".

Auch für seinen langjährigen Rivalen Alonso freut sich Vettel. "Er hatte ja auch einige Jahre, in denen er kein gutes Auto hatte, so erlebt er vielleicht nochmal einen zweiten Frühling." Das Geschehen verfolgt Vettel als Zuschauer vor dem Fernseher "mit sehr viel Insiderwissen der letzten Jahre", denn er sei natürlich interessiert, sagte der 35-Jährige, der ansonsten "die Zeit zu Hause mit den Kindern und der Familie" genießt: "Ich sammle sehr viele Ideen und lasse mich treiben, bevor was Konkreteres dabei rausspringt."

Wie sehr vermisst er denn die Formel 1? "Ich vermisse das Reisen gar nicht. Natürlich kribbelt's ein bisschen, wenn man die anderen fahren sieht", sagte er zudem bei Sky: "Aber ich hab' im Vorfeld der Entscheidung sehr viel und sehr lang darüber nachgedacht, und so ist auch der Prozess in mir gereift. Und bis jetzt geht's mir damit eigentlich auch sehr gut", sagte Vettel.

Vettel spricht über Comeback

"Bis jetzt", fügte der viermalige Champion an. Eine kleine Hoffnung gibt es für deutsche Fans also. Bei RTL wird er konkret auf ein mögliches Comeback angesprochen: "Im Moment ist alles denkbar", sagte Vettel. Soll heißen: Es könne sein, dass sich seine Leidenschaft in eine ganz andere Richtung drehe und sich sein Ehrgeiz und die Erfahrungen in ein anderes Projekt bündeln könnten, führte Vettel aus.

"Es kann auch sein, dass ich in einem halben Jahr durchdrehe, es auf der Couch nicht mehr aushalte und wieder fahren möchte." Und vielleicht steigt er dann ja tatsächlich noch einmal auf das Podium.

Verwendete Quellen:

  • rtl.de: Vettel im Formel-1-Rentnerleben: "Sammle viele Ideen für die Zukunft"
  • sport.sky.de: ''Natürlich kribbelt es ein bisschen'' - Vettel nach seinem Karriereende
  • Medienrunde beim Event des Projekts "BioBienenApfel"
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