• Nico Hülkenberg geht 2023 als einziger Deutscher in der Formel 1 an den Start.
  • Der Emmericher ersetzt Mick Schumacher bei Haas – und hat kein Mitleid mit seinem Landsmann.
  • Dafür hat er nach seinem ersten Test ordentlich Muskelkater.

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Das Formel-1-Geschäft ist hart und unerbittlich, erbarmungslos und dabei oft unfair und ungerecht. Respekt muss man sich über die Jahre schwer erarbeiten. Und wenn man nicht gerade eine Legende wie Sebastian Vettel ist, dann wird man im Fahrerlager auch schnell vergessen, wenn man einmal weg ist. Das Leben geht weiter, in der Königsklasse gerne mal schneller als anderswo. Mitleid ist da fehl am Platz. Wie bei Nico Hülkenberg, dessen Mitempfinden sich im Fall von Mick Schumacher in Grenzen hält. Dass sein Comeback bei Haas das (vorläufige) Ende von Schumachers Karriere als Stammfahrer bedeutet, bedauert er nicht. "Nein. Das gehört dazu in der Formel 1. Wir kämpfen alle um unsere Karrieren. Viele Fahrer wurden mal durch einen anderen Fahrer mit mehr Erfahrung ersetzt. Ob das zwei Jahre mehr sind oder zehn, ist irrelevant. So ist es in der Formel 1", sagte Hülkenberg.

"Wenn du nicht lieferst, bist du raus"

Wenn man Rennen fahre, müsse man sein Team mit Performance überzeugen, erklärt Hülkenberg: "Und wenn du die nicht lieferst, wird dich das Team austauschen. Das ist bei den Ingenieuren und bei allen anderen Mitarbeitern nicht anders. Darum passiert das immer wieder."

Und deshalb herrschte bei Haas nur wenig Sentimentalität nach dem Finale in Abu Dhabi, dem letzten Rennen von Schumacher, das sinnbildlich war für das so schwierige Jahr des 23-Jährigen. Doch der Cut ist ebenso hart wie professionell: Am Tag danach fand in der Haas-Box die Sitzanpassung für Hülkenberg statt, das Auto wurde für ihn hergerichtet, er gab Interviews in seinem Haas-Rennanzug als neuer Mann neben dem Dänen Kevin Magnussen. Am Dienstag übernahm der Emmericher dann endgültig das Cockpit beim Nachsaisontest und ging auf die Strecke – the show must go on.

Im Sommer rief Hülkenberg bei Steiner an

Dass sie für Hülkenberg nach drei Jahren als Stand-by-Fahrer überhaupt weitergeht, ergab sich im Sommer. Da rief der 35-Jährige bei Haas-Teamchef Günther Steiner an und brachte sich in Stellung. Auch mit anderen Teams starteten Gespräche. Zuvor hatte bei ihm selbst ein Prozess stattgefunden, der das Comeback erst ermöglichte.

"2019 war ich raus, und ich war glücklich darüber, mal ein bisschen Abstand zu gewinnen und mal durchzuatmen", sagte Hülkenberg über die Auszeit nach seiner letzten Saison als Stammfahrer. 2020 absolvierte er vier Einsätze als Feuerwehrmann, Anfang 2022 noch mal zwei. Selbst da habe er noch nicht allzu viel darüber nachgedacht, so Hülkenberg: "Aber dann, zum Sommer hin, wuchs in mir der Gedanke, als ich zu den Rennen kam und die Action und die Aufregung sah, dass ich es noch mal probieren möchte. Da haben die Gespräche begonnen."

Warum Haas?

Und Haas kristallisierte sich schnell als Lösung heraus. 2022 lief es für das Team deutlich besser als im katastrophalen Jahr 2021, der US-Rennstall wurde immerhin Achter. Hülkenberg sieht trotzdem noch "Luft nach oben. Ich glaube, es gibt Dinge, die wir als Team besser machen können. Ich bin hier, weil ich das herauskitzeln möchte. Auch für mich selbst, für meine eigene Karriere. Daher haben wir uns zusammengetan." Dass es mit dem manchmal nicht ganz einfachen Teamchef Steiner funktioniert – davon geht Hülkenberg aus. "Ein Typ für sich – genau wie ich!", sagte der Deutsche auf die Frage, wie er sich die Beziehung zu dem Italiener vorstelle. Und zu Magnussen? Schließlich gibt es da die Vorgeschichte aus 2017, als beide aneinandergerieten ("Suck my Balls") und jahrelang nicht mehr miteinander sprachen.


Gibt es Probleme mit Kevin Magnussen?

"Ich erwarte eine gute Beziehung. Wir haben diesen Zwischenfall Anfang dieses Jahres geklärt und das Eis gebrochen", sagte Hülkenberg. Diesmal schleuderte er Magnussen den Spruch entgegen, "und das fand er ganz witzig. Ich mache mir null Gedanken drüber, neben ihm zu fahren. Wir sind beide erwachsen, respektieren einander. Wir fahren für das Team. Da gibt es kein Problem."

Probleme gibt es da eher mit dem generellen Wohlfühlfaktor. Denn Fahrer benötigen in der Regel eine gewisse Eingewöhnungszeit, wenn sie zu einem neuen Team kommen. "Ein paar Rennwochenenden wird's schon dauern", glaubt Hülkenberg. "Aber je früher wir anfangen, desto besser ist es."

Der Nachsaisontest war der erste von insgesamt vier Testtagen für Hülkenberg vor dem Auftakt der Saison 2023. Zwar hatte er im Spätsommer angefangen, sein Training zu intensivieren, doch die körperliche Fitness erhält man am schnellsten, indem man ein Formel-1-Auto bewegt.

Körperlich an der Grenze

"Körperlich muss ich zugeben – das war schon hart, ich kam an die Grenze", sagte Hülkenberg. "Das Fahren ging nicht nur auf den Nacken, auch auf die ganze restliche Muskulatur. Ich hatte letztmals im August einen GP-Renner bewegt. Natürlich merkst du das. Aber das hatte ich erwartet. Ehrlich gesagt, ging es mir besser als ich gedacht hatte", sagte der 35-Jährige.

Doch das war erst der Anfang. Denn bis zu den nächsten Testfahrten im Februar warten jetzt noch "drei Monate Hardcore-Vorbereitung", so Hülkenberg. Die Formel 1 ist eben unerbittlich. In jeglicher Hinsicht.

Verwendete Quellen:

  • Presserunde mit Nico Hülkenberg
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