Werbung auf Trikots ist im Fußball nicht mehr wegzudenken. Dabei gibt es sie in der Bundesrepublik Deutschland kürzer als man denkt: Sie feiert 2023 ihren 50. Geburtstag.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Petra Tabarelli (FRÜF) dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Vor 100 Jahren machte beispielsweise der Starspieler und deutsche Nationaltorhüter Heiner Stuhlfauth vom 1. FC Nürnberg Werbung für Motorräder der Firma Viktoria. Er erntete Kritik, denn das Amateurideal war damals in Deutschland sehr wichtig: Niemand sollte durch das Fußballspielen etwas verdienen oder durch seinen Status als Fußballstar.

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Auch noch vor 50 Jahren gab es große Diskussionen, als Franz Beckenbauers Spielerberater Robert Herman Schwan bekannt gab, dass "rund ein halbes Dutzend Firmen" den Kaiser bei der WM 1974 sponsern wird.

Trikotwerbung – muss das sein?

Vor den 1970er Jahren gab es im europäischen Fußball nur vereinzelt Werbung auf der Brust der Fußballspieler. So liefen beispielsweise die Teams bei dem von Watney Mann gesponserten Pokalwettbewerb (Watney Cup) mit Trikotwerbung auf. Im selben Jahr ließ sich der österreichische Verein SK Admira Wien kurzzeitig durch das Elektrizitätsunternehmen NEWAG/NIOGAS unterstützen und in Deutschland lief Wormatia Worms 1967 mit dem Schriftzug "CAT" des Baumaschinenherstellers Caterpillar auf. Diese ersten, oft einmaligen Verstöße in Europa hatten eine Konsequenz: das Verbot der Trikotwerbung durch mehrere nationale und internationale Verbände. Dieses Verbot währte seitens des DFB aber nur kurz.

1973: Der DFB musste Trikotwerbung erlauben

Ja, der DFB war einer der ersten Verbände, die das Verbot der Trikotwerbung wieder aufhoben. Nicht aus Überzeugung, sondern durch einen cleveren Schachzug von Günter Mast, einem Neffen des Jägermeister-Gründers Curt Mast.

Günter Mast arbeitete zu dieser Zeit bereits 20 Jahre im Unternehmen seines Onkels in Wolfenbüttel und unterbreitete der Eintracht im benachbarten Braunschweig einen Werbedeal: Jägermeister unterstützt künftig Eintracht Braunschweig und im Gegenzug sind sie der Hauptsponsor des Vereins. Auch auf den Trikots soll diese Werbepartnerschaft sichtbar sein – doch wie? Günter Mast ließ sich Anfang des Jahres 1973 durch die Mitgliederversammlung der Eintracht bestätigen, dass künftig der markante Hirschkopf auf dem Trikot gedruckt wird. Das Jägermeister-Logo war auch schon Anfang der 1970er Jahre so bekannt wie heute – ein "Jägermeister"-Schriftzug war gar nicht nötig, um die Assoziation herzustellen. So machte Eintracht Braunschweig Werbung für Jägermeister, ohne das Werbeverbot zu verletzen. Es war ja nur ein Hirschkopf auf dem Trikot zu sehen.

Der DFB-Bundestag konnte daraufhin nicht anders, als das Verbot aufzugeben.

Trikotwerbung ist nicht mehr wegzudenken

In den 1980er Jahren setzte sich die Trikotwerbung immer weiter durch. Das musste auch die Uefa einsehen, die erst auf ihrem Kongress in Dresden 1982 Trikotwerbung bei ihren Wettbewerben erlaubte. Das Verbot galt jedoch weiterhin für ihre Endspiele, denn diese wurden im Fernsehen übertragen und man wollte keine europaweite Werbeplattform sein. Die Einschränkung für die Finalspiele wurde erst zur Saison 1994/95 aufgehoben, für Pokalfinale der europäischen Pokalsieger gar erst zur Saison 1997/98.

In den 1990er Jahren gab es zwar wiederholt noch Kontroversen um die Trikotwerbung, es ging aber nur noch um die Größe und ihre Platzierung. Niemand stellte sie mehr infrage, denn mittlerweile war sie ein wichtiger wirtschaftlicher Bestandteil des modernen Fußballs.

Nun wird 2023 die (vom DFB erlaubte) Trikotwerbung in der Bundesrepublik Deutschland 50 Jahre alt. Die ersten Werbepartner kamen aus der näheren Umgebung, wie es auch heute bei vielen Amateurvereinen der Fall ist und bis in die 1970er Jahre gängige Praxis war. Die Bundesliga als eine Liga, in der Trikotwerbung schon früh erlaubt war, machte den ersten Sprung ins internationale Geschäft: Es war der Hamburger Sportverein, der in den Jahren 1976 bis 1979 einen großen Werbedeal mit dem japanischen Elektronikkonzern Hitachi einging. Er ermöglichte so den Transfer des englischen Nationalspielers Kevin Keegan nach Hamburg.

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